Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Operation Aderlass“: 21 Sportler unter Verdacht

Staatsanwa­ltschaft äußert sich zu Dopingskan­dal

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MÜNCHEN (SID/dpa) - Der DopingKrim­i um den Erfurter Arzt Mark S., von der Staatsanwa­ltschaft „Operation Aderlass“genannt, wird immer fesselnder. Wie die Staatsanwa­ltschaft in München mitteilte, seien nach bisherigem Kenntnisst­and 21 Athleten aus acht Nationen betroffen, die von 2011 bis zur Nordischen Ski-WM in Seefeld im Februar dieses Jahres gedopt haben sollen. Ob auch deutsche Athleten betroffen sind, wollte Kai Gräber, Leiter der Schwerpunk­tstaatsanw­altschaft Doping in München aus ermittlung­staktische­n Gründen nicht beantworte­n.

Die Sportler haben zwischen 2011 bis zu den Doping-Razzien in Seefeld wohl eine dreistelli­ge Anzahl von Bluttransf­usionen bekommen. „Die 21 Athleten kommen aus fünf verschiede­nen Sportarten, darunter sind drei Winterspor­tarten“, sagte Gräber bei einer Pressekonf­erenz der Münchner Staatsanwa­ltschaft I. Dabei sein sollen Langlauf, Radsport und mutmaßlich Triathlon. Lediglich ein kleiner Prozentsat­z der betroffene­n Athleten sei weiblich. Die Bluttransf­usionen seien weltweit gemacht worden. Sie seien unter anderem in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz, aber auch in Südkorea und auf Hawaii vorgenomme­n worden. Im Februar 2018 hatten im südkoreani­schen Pyeongchan­g die Olympische­n Winterspie­le stattgefun­den. Auf Hawaii findet einmal im Jahr der Ironman der Triathlete­n statt.

Zudem sei am Montag eine weitere Person aus dem Erfurter Netzwerk festgenomm­en worden, die sich derzeit in Untersuchu­ngshaft befindet. Diese Person soll Blutbeutel transporti­ert haben und dabei geholfen haben, Blutdoping anzuwenden. „Die Operation Aderlass ist von Anfang an eine sehr interessan­te und spannende Geschichte, in der längst nicht alle Kapitel geschriebe­n sind“, erklärte der Dopingjäge­r.

Gräber erklärte auch, dass sich zwei Personen aus dem Netzwerk vor dem Flug zu den Olympische­n Winterspie­len nach Pyeongchan­g 2018 zusätzlich einen Liter Blut injizieren ließen, damit es vor Ort zum Blutdoping genutzt werden konnte. „Das ist wegen der Enge im Flugzeug auf einem Langzeitfl­ug nicht ungefährli­ch“, so Gräber.

Kronzeugen­regelung für geständige Doper gefordert

Insgesamt hat die Münchner Schwerpunk­tstaatsanw­altschaft zur Bekämpfung der Dopingkrim­inalität in den zehn Jahren ihres Bestehens rund 7100 Ermittlung­sverfahren durchgefüh­rt, teilte der bayerische Staatsmini­ster Georg Eisenreich mit.

Um den Kampf gegen Sportbetru­g noch effektiver zu machen, fordert er weitere Verbesseru­ngen des Anti-Doping-Gesetzes. „Unsere wichtigste Forderung ist eine Kronzeugen­regelung“, sagte der CSU-Politiker. Aussagewil­lige Sportler sollten weitgehend von Strafverfo­lgung befreit werden können. Zudem soll die Versuchsst­rafbarkeit eingeführt werden. „Wir wollen den Sportlern eine Brücke bauen. Nur so kann es uns gelingen, an die Hintermänn­er zu kommen und das Kartell des Schweigens zu brechen“, sagte Eisenreich. Bislang sei das Vorhaben gescheiter­t, „weil der Bundesgese­tzgeber nicht tätig geworden ist“.

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