Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Donautal zieht Wölfe und Luchse an
Experten erläutern im Landratsamt Erkenntnisse aus dem Wildtiermonitoring
SIGMARINGEN - Über die Rückkehr des Luchses und des Wolfes ins Obere Donautal haben Experten am Mittwochabend bei einem Infoabend im Sigmaringer Landratsamt gesprochen.
Der Wildtierökologe der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg, Micha Herdtfelder, der für das Monitoring der großen Beutegreifer Wolf und Luchs zuständig ist, betonte: „Sowohl der Luchs als auch der Wolf bergen Konfliktpotenzial in sich. Jäger und Nutztierhalter schreien in der Regel nicht Hurra, wenn ein Luchs oder ein Wolf in der Nähe auftaucht.“Während sich Tierschützer über die Rückkehr der Tiere freuen, stünden Jäger und Nutztierhalter den Raubtieren ablehnend gegenüber. „Zwischen beiden Gruppen kracht es immer wieder. Wir wollen vermitteln und für eine faktenbasierte Diskussion sorgen“, betonte Herdtfelder. Luchs und Wolf würden oft instrumentalisiert. „Insbesondere der Wolf hat das Potenzial, dass es richtig zur Sache geht.“In vielen Bundesländern sei er Wahlkampfthema.
Seit dem ersten Nachweis eines Luchses im Jahr 2005 im Naturpark Obere Donau zeigen sich laut Ranger Armin Hafner, verantwortlich für das Luchsmonitoring im Naturpark, immer wieder einzelne männliche Tiere – der Fachmann spricht von „Kuder“in der Felsenlandschaft des Donautales. Die Luchse Friedl und Tello konnten in den Jahren 2015 und 2016 zum ersten Mal besendert werden. „So können wir sie über Satelliten verfolgen“, erklärte Jörg Scham vom Fachbereich Forst des Landratsamtes.
Der seit dem Jahr 2018 nachgewiesene Luchskuder B 600 konnte Ende Januar im Oberen Donautal ebenfalls erfolgreich besendert werden. „Seither trägt er den Namen Lias“, erläuterte Scham. „Inzwischen steht fest: Lias ist über 300 Kilometer vom Schweizer Jura nördlich von Genf ins Donautal gewandert.“
In Kooperation mit dem Naturpark Obere Donau und der Forstlichen Versuchsanstalt in Freiburg werden die Daten von Luchs Lias nun laufend erhoben und ausgewertet. Hierbei erhofft man sich weitere Erkenntnisse zu den Wanderbewegungen und dem Verhalten der Raubkatze. Wo Hafner Luchse vermutet, stellt er Kameras im Gehege auf.
In den vergangenen Monaten ist es ihm gelungen, beeindruckendes Filmund Fotomaterial vom Luchs zu bekommen. Doch natürlich laufen auch andere Tiere vor die Kamera.
In der Nacht zum 11. Mai konnte Hafner in der Nähe von Beuron einen Wolf fotografieren. „Woher das Tier stammt und wo es sich jetzt aufhält, wissen wir nicht“, sagte er am Mittwochabend. Der Wolf sei in den vergangenen Tagen nicht erneut aufgenommen worden. Daher handle es sich vermutlich um einen Durchzügler. Ein Wolf lege in einer Nacht bis 50 Kilometer zurück.
Im Februar vergangenen Jahres ist im Donautal schon einmal ein Wolf gesehen worden. Das Donautal sei also sowohl für Wölfe als auch für Luchse attraktiv. Es gebe genug Nahrung, große Waldflächen und keine dichte Besiedlung.
„Wir dürfen in Zukunft damit rechnen, dass wir es öfter mit Luchsen und Wölfen zu tun haben werden“, betonte Hafner. „Wenn ich Luchs oder Wolf wäre, würde ich auch ins Donautal ziehen.“Ob die Tiere sich künftig tatsächlich hier ansiedeln oder nur durchwandern, lasse sich nicht vorhersagen.
Wölfe zu besendern, sei zumindest in naher Zukunft nicht geplant, sagte Herdtfelder. „Ohne dass ein wissenschaftliches Projekt dahintersteht, ist es nicht erlaubt, Wildtiere mit GPSSendern auszustatten. Denn Besenderung gelte als Tierversuch und dafür müsse es einen wissenschaftliche Gründe geben.
Nutztierhalter, die durch Wolf oder Luchs geschädigt werden, wie es im Obere Donautal schon vorgekommen sei, würden finanziell entschädigt, erläuterte Hafner.
Ein emotionaler Schaden bleibe natürlich. „Dennoch gibt es Möglichkeiten für uns, mit Wolf und Luchs zu leben.“