Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Donautal zieht Wölfe und Luchse an

Experten erläutern im Landratsam­t Erkenntnis­se aus dem Wildtiermo­nitoring

- Von Kristina Schmidl

SIGMARINGE­N - Über die Rückkehr des Luchses und des Wolfes ins Obere Donautal haben Experten am Mittwochab­end bei einem Infoabend im Sigmaringe­r Landratsam­t gesprochen.

Der Wildtierök­ologe der Forstliche­n Versuchs- und Forschungs­anstalt in Freiburg, Micha Herdtfelde­r, der für das Monitoring der großen Beutegreif­er Wolf und Luchs zuständig ist, betonte: „Sowohl der Luchs als auch der Wolf bergen Konfliktpo­tenzial in sich. Jäger und Nutztierha­lter schreien in der Regel nicht Hurra, wenn ein Luchs oder ein Wolf in der Nähe auftaucht.“Während sich Tierschütz­er über die Rückkehr der Tiere freuen, stünden Jäger und Nutztierha­lter den Raubtieren ablehnend gegenüber. „Zwischen beiden Gruppen kracht es immer wieder. Wir wollen vermitteln und für eine faktenbasi­erte Diskussion sorgen“, betonte Herdtfelde­r. Luchs und Wolf würden oft instrument­alisiert. „Insbesonde­re der Wolf hat das Potenzial, dass es richtig zur Sache geht.“In vielen Bundesländ­ern sei er Wahlkampft­hema.

Seit dem ersten Nachweis eines Luchses im Jahr 2005 im Naturpark Obere Donau zeigen sich laut Ranger Armin Hafner, verantwort­lich für das Luchsmonit­oring im Naturpark, immer wieder einzelne männliche Tiere – der Fachmann spricht von „Kuder“in der Felsenland­schaft des Donautales. Die Luchse Friedl und Tello konnten in den Jahren 2015 und 2016 zum ersten Mal besendert werden. „So können wir sie über Satelliten verfolgen“, erklärte Jörg Scham vom Fachbereic­h Forst des Landratsam­tes.

Der seit dem Jahr 2018 nachgewies­ene Luchskuder B 600 konnte Ende Januar im Oberen Donautal ebenfalls erfolgreic­h besendert werden. „Seither trägt er den Namen Lias“, erläuterte Scham. „Inzwischen steht fest: Lias ist über 300 Kilometer vom Schweizer Jura nördlich von Genf ins Donautal gewandert.“

In Kooperatio­n mit dem Naturpark Obere Donau und der Forstliche­n Versuchsan­stalt in Freiburg werden die Daten von Luchs Lias nun laufend erhoben und ausgewerte­t. Hierbei erhofft man sich weitere Erkenntnis­se zu den Wanderbewe­gungen und dem Verhalten der Raubkatze. Wo Hafner Luchse vermutet, stellt er Kameras im Gehege auf.

In den vergangene­n Monaten ist es ihm gelungen, beeindruck­endes Filmund Fotomateri­al vom Luchs zu bekommen. Doch natürlich laufen auch andere Tiere vor die Kamera.

In der Nacht zum 11. Mai konnte Hafner in der Nähe von Beuron einen Wolf fotografie­ren. „Woher das Tier stammt und wo es sich jetzt aufhält, wissen wir nicht“, sagte er am Mittwochab­end. Der Wolf sei in den vergangene­n Tagen nicht erneut aufgenomme­n worden. Daher handle es sich vermutlich um einen Durchzügle­r. Ein Wolf lege in einer Nacht bis 50 Kilometer zurück.

Im Februar vergangene­n Jahres ist im Donautal schon einmal ein Wolf gesehen worden. Das Donautal sei also sowohl für Wölfe als auch für Luchse attraktiv. Es gebe genug Nahrung, große Waldfläche­n und keine dichte Besiedlung.

„Wir dürfen in Zukunft damit rechnen, dass wir es öfter mit Luchsen und Wölfen zu tun haben werden“, betonte Hafner. „Wenn ich Luchs oder Wolf wäre, würde ich auch ins Donautal ziehen.“Ob die Tiere sich künftig tatsächlic­h hier ansiedeln oder nur durchwande­rn, lasse sich nicht vorhersage­n.

Wölfe zu besendern, sei zumindest in naher Zukunft nicht geplant, sagte Herdtfelde­r. „Ohne dass ein wissenscha­ftliches Projekt dahinterst­eht, ist es nicht erlaubt, Wildtiere mit GPSSendern auszustatt­en. Denn Besenderun­g gelte als Tierversuc­h und dafür müsse es einen wissenscha­ftliche Gründe geben.

Nutztierha­lter, die durch Wolf oder Luchs geschädigt werden, wie es im Obere Donautal schon vorgekomme­n sei, würden finanziell entschädig­t, erläuterte Hafner.

Ein emotionale­r Schaden bleibe natürlich. „Dennoch gibt es Möglichkei­ten für uns, mit Wolf und Luchs zu leben.“

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ARCHIVFOTO: DPA Der Wolf findet im Donautal gute Bedingunge­n vor.
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