Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der Präsident behält die Kontrolle
Russlands Staatschef Putin möchte seine Macht mit dem Verfassungsumbau festigen
MOSKAU - Am Mittwoch hat der russische Präsident Wladimir Putin bei seiner Rede zur Lage der Nation vor 1700 Gästen im Moskauer ManegeSaal eine Perestroika des politischen Systems Russlands – also seinen Umbau – angekündigt. Das Kabinett unter Premierminister Dmitri Medwedew reagierte prompt: Der Regierungschef erklärte den Rücktritt seines Kabinetts. Es gäbe jetzt eine ganze Reihe von fundamentalen Veränderungen in der russischen Verfassung. „Um den Präsidenten zu ermöglichen, alle Entscheidungen zu fällen, die zur Realisierung der Pläne nötig sind, tritt die amtierende Regierung vollständig zurück“, begründete Medwedew diesen Schritt.
Allerdings wussten die Kabinettsmitglieder noch nichts davon. Nach Angaben der Zeitung „Kommersant“rechneten sie mit möglichen personellen Konsequenzen, nicht aber mit Medwedews Rücktritt.
Laut der Nachrichtenagentur RIA Nowosti bedankte Putin sich beim Kabinett für die gemeinsame Arbeit, „obwohl nicht alles gelungen“sei. Putin erklärte, er wolle Medwedew den neu geschaffenen Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des russischen Sicherheitsrates anbieten. „Das bedeutet den Anfang vom Ende der politischen Karriere Medwedews“, sagt der kremlnahe Politologe Sergei Muchin der „Schwäbischen Zeitung“. Er glaubt, Medwedew und sein Kabinett hätten gehen müssen, weil Putin unzufrieden war, dass sie die angestrebten wirtschaftlichen und sozialen Ziele der vergangenen Jahre nicht erreicht hätten.
Die Zeitung „Wedomosti“bezeichnete Putins angekündigte Verfassungsreform als „kardinale Veränderungen des Systems der Staatsgewalten“. Laut Putin soll das Grundgesetz künftig vor allem das Amt des Präsidenten und seine Vollmachten einschränken: So dürfe kein Präsident für mehr als zwei Perioden gewählt werden. Das bedeutet seinen eigenen Abschied im Jahr 2024 – dann endet Putins vierte Amtszeit. Gleichzeitig kündigte der Staatschef an, die Verantwortung des Parlaments zu erweitern: Es wird den Regierungschef wählen und auf seinen Vorschlag die Minister. „Das wird die Bedeutung der Staatsduma und der parlamentarischen Parteien erhöhen, ebenso die Selbständigkeit des Vorsitzenden der Regierung und aller Kabinettsmitglieder“, erklärte Putin.
Medwedews unklare Zukunft
Medwedew steht nun vor einer ungewissen Zukunft. „Dass Medwedew prompt als Premier zurückgetreten ist, lässt vermuten, dass er die Hoffnung verloren hat, weiter eine wichtige Rolle zu spielen und noch einmal Präsident zu werden“, erklärt der Politologe Dmitri Trawin. Am Mittwochabend nominierte Putin Michail Mischustin, den Chef der russischen Steuerbehörde, als Kandidaten zum