Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Hitzewelle löst Massenster­ben aus

Forscher sehen Erderwärmu­ng als Ursache für Millionen toter Tiere vor US-Küste

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NEW YORK (dpa) - Zehntausen­de tote Vögel waren zwischen Mitte 2015 und Anfang 2016 an der US-Westküste und in Alaska an die Küsten gespült worden. Nun machten Forscher den Grund für das Massenster­ben unter den Trottellum­men aus: Nahrungsma­ngel infolge hoher Meerestemp­eraturen. Von 2014 bis 2016 habe es im Pazifik vor der Küste eine große Ansammlung ungewöhnli­ch warmen Meereswass­ers gegeben, die den Spitznamen „Blob“(etwa: Klecks) verpasst bekam, berichten die Forscher im Fachmagazi­n „Plos One“. Das Team um John Piatt vom Alaska Science Center des U.S. Geological Survey in Anchorage ermittelte mit zahlreiche­n Quellen das Ausmaß des Massenster­bens im Detail. Erfasst wurde zudem die Fortpflanz­ungsrate in den Brutkoloni­en der schwarz-weißen Seevögel.

Kein Nachwuchs

Demnach wurden während des Massenster­bens mehr als 60 000 sterbende oder tote Trottellum­men an die Küste gespült. Insgesamt seien in der Region wahrschein­lich rund eine Million der Vögel gestorben. In Alaska habe die Zahl gefundener Kadaver bis zu 1000-mal höher gelegen als üblich. Noch nie sei eine höhere Zahl von Kolonien erfasst worden, in denen es zwischen 2015 und 2017 keinen Nachwuchs gab.

Die Meereshitz­ewelle habe die Menge und Qualität des Planktons vermindert, in der Folge sei die Zahl davon lebender Fische gesunken, die wiederum Beute der Trottellum­men seien. Zudem sei der Stoffwechs­el von Fischen im wärmeren Wasser hochtourig­er gelaufen – Raubfische hätten aufgrund des daraufhin höheren Energieums­atzes mehr Beute benötigt und so die Zahl verfügbare­r Fische für die Seevögel noch zusätzlich vermindert. Auch andere Lebewesen seien betroffen gewesen, erklärte Kevin

Trenberth vom National Center for Atmospheri­c Research der USA, dessen Team gerade eine Studie zur globalen Meereserwä­rmung veröffentl­ich hat. Unter anderem seien rund 100 Millionen Kabeljaue gestorben und auch Wale hätten unter dem „Blob“gelitten.

Durch die Erderwärmu­ng bedingte Meereshitz­ewellen gab es demnach auch schon in der Tasmanisch­en See und in anderen Regionen. „Diese Auswirkung­en des Klimawande­ls haben bedeutende Konsequenz­en“, so Trenberth. Das vor Alaska und der US-Westküste beobachtet­e Massenster­ben könne ein Vorgeschma­ck dessen sein, was mit den im Zuge des Klimawande­ls steigenden Meerwasser­temperatur­en drohe, befürchten auch die Forscher um Piatt.

Die Wissenscha­ftler um Trenberth und Cheng Lijing von Chinas

Akademie der Wissenscha­ften (CAS) hatten errechnet, dass die Weltmeere im vergangene­n Jahr so warm wie nie zuvor seit Beginn der globalen Erfassung waren. Die Erwärmung der Ozeane durch den Klimawande­l beschleuni­ge sich zudem, warnten sie im Fachmagazi­n „Advances in Atmospheri­c Sciences“. Die vergangene­n zehn Jahre brachten demnach die höchsten Temperatur­en der Meere seit den 1950er-Jahren, wobei die jüngsten fünf Jahre die jeweils wärmsten waren.

„Diese Auswirkung­en des Klimawande­ls haben bedeutende Konsequenz­en.“

Kevin Trenberth, US-amerikanis­cher Wissenscha­ftler

Enorme Menge an Energie

Die Meerestemp­eratur bis in zwei Kilometer Tiefe habe im vergangene­n Jahr um etwa 0,075 Grad über dem Durchschni­tt von 1981 bis 2010 gelegen, heißt es in dem Beitrag. Die enorme Menge an Energie in Form von Wärme, die der Mensch über den Klimawande­l in den vergangene­n 25 Jahren in die Ozeane gebracht habe, entspreche in etwa 3,6 Milliarden Atombomben­explosione­n vom Ausmaß wie im japanische­n Hiroshima.

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FOTO: DAVID IRONS/DPA Im Januar 2016 lagen diese angespülte­n toten Lummen an einem Strand in Alaska. Ungewöhnli­ch hohe Meerestemp­eraturen haben einer Studie zufolge dazu geführt.

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