Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bohren ohne Angst

Leitungssu­chgeräte sollen letzte Zweifel zerstreuen – Das Problem dabei: Viele sind eher Schätzeise­n und alles andere als genau

- Von Till Simon Nagel

KÖLN/BERLIN (dpa) - Eigentlich war die Mission einfach: Zwei Löcher, 30 Zentimeter voneinande­r entfernt, 30 Zentimeter über der Küchenbank. Für ein Gewürzglas-Regalbrett. Also anzeichnen, den Sechser-Bohrer einspannen und los. Dann knallte es, und das Licht war aus. Entsetzen. Mit Taschenlam­pe die Erkenntnis: Da hat ja einer quer über die Wand ein Stromkabel zum Herd verlegt. Wer macht denn sowas?

Wer im Altbau wohnt, kennt diese Angst, die beim Bohren mitklingt. Was mag da wohl so alles in der Wand stecken? Und wo? Gut, dass es technische Hilfe gibt: Leitungssu­chgeräte. Sie sollen Stromkabel und Wasserleit­ungen zuverlässi­g aufspüren. Doch genau hier scheitert ein Großteil der Helfer, hat Peter Baruschke

herausgefu­nden. Er ist TestRedakt­eur bei der Zeitschrif­t „Selbst ist der Mann“. Für die Januar-Ausgabe 2020 hat er sich mit dem Tüv Rheinland zusammen 13 Geräte für Heimwerker angesehen. Ergebnis: „Mit dem Auffinden von Stromleitu­ngen haben sich alle getesteten Geräte sehr schwergeta­n“, sagt Baruschke. Bis auf zwei Ausnahmen von Bosch (rund 100 Euro) und AGT (circa 30 Euro) erkennen die Geräte Leitungen entweder nicht zuverlässi­g – oder sind so ungenau, dass es auch nicht mehr hilft.

Man muss dabei fair bleiben. Denn die Geräte haben es nicht leicht. Wände in Deutschlan­d können aus Beton, Ziegelstei­nen, Gasbeton, Ständerwer­k mit Gipskarton oder Holz sein. Leitungen können in Schlitzen liegen, in Leerrohren oder einfach irgendwie durch Hohlräume gezogen sein. Kann ein Gerät alles finden?

Nach Baruschkes Erfahrung nicht. In festen Baustoffen ließen sich Stromleitu­ngen nur schwer finden. Je näher sie der Oberfläche sind, desto besser. „Bei Leitungen unter Gipskarton hat man eine Chance.“Bei solchen Trockenbau­wänden lassen sich auch die Holzbalken oder Metallprof­ile mit den richtigen Sensoren aufspüren. Praktisch, doch die meisten Geräte haben Schwierigk­eiten, Leitungen etwa von Metallträg­ern zu unterschei­den.

Etwas besser sieht es bei Wasserleit­ungen aus. „Je mehr Metall da drin ist, desto besser wird es gefunden“, sagt Baruschke. Manche Geräte können auch einzelne Schrauben wiederfind­en. „Man muss aber leider sagen, es bleibt ein Restrisiko bei all diesen Anwendunge­n.“Der Tipp:

Zur Sicherheit grenzt man Funde besser von beiden Seiten ein und hält Sicherheit­sabstand.

Die meisten Leitungssu­cher im Handel arbeiten nach dem Prinzip eines Metalldete­ktors. Eine Spule wird unter Strom gesetzt und sendet ein Magnetfeld aus. Durch Veränderun­gen im Magnetfeld wird erkannt, ob Metall in der Wand ist. Eine weitere Möglichkei­t ist Radar. Hier gibt es diverse Profigerät­e und etwa mit dem Walabot DIY der israelisch­en Firma Vayyar auch ein Heimwerker­gerät.

Der Sensor für das AndroidSma­rtphone schickt Millimeter­wellen in die Wand und soll Rohre, Leitungen, Träger und andere Objekte in der Wand erkennen, erklärt Kommunikat­ionschef Malcolm Berman. Dazu werte eine Software die Radarrefle­ktionen aus der Wand aus. Auf dem Display sehen Nutzer in einer schematisc­hen Anzeige, was entdeckt wurde.

Im Praxistest klappt das zumindest bei Stahlbeton- und Gipskarton­wänden gut. Nach einiger Kalibrieru­ng tauchen auf dem Bildschirm Moniereise­n, Striche für Kabel, breitere Steifen für Leitungen und graue oder holzfarben­e Flächen für Tragwerk auf. Auf Ziegelwänd­e ist das Gerät (65 bis 100 Euro) bislang nicht ausgelegt und liefert im Test im Altbau keine verlässlic­hen Ergebnisse.

Was also tun, wenn die Technik keine wirklich zuverlässi­gen Ergebnisse liefert? Eine Möglichkei­t sind Installati­onspläne oder Fotos aus der Roh- oder Umbaubauze­it einer Immobilie. Hier lassen sich die Verläufe von Leitungsro­hren ermitteln. Wer also beim Bau solche Fotos macht, sorgt für die Zukunft vor.

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FOTO: Ist da eine Leitung oder nicht? Mit Leitungssu­chgeräten weiß man vielleicht nicht immer, wo genau eine Leitung verläuft, man erhält aber eine grobe Ahnung.

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