Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Es geht nur mit Freiwillig­keit

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Das Wort Spende beinhaltet es: Es geht um eine freiwillig­e Gabe, durch die man Armen oder Kranken helfen will. Wird solches Geben staatlich verordnet, ist es keine Spende mehr. Das gilt für den Solidaritä­tszuschlag ebenso wie für die Organspend­e. Die Widerspruc­hslösung von Jens Spahn hätte die Menschen nach ihrem Tod von Haus aus zu Organspend­ern gemacht, es sei denn, sie hätten widersproc­hen.

Ein so deutliches Nein zu Spahns Vorschlag hatten die wenigsten erwartet. Denn es erfordert angesichts von Bildern von kleinen Kindern, die auf ein neues Herz warten, von Familienvä­tern, die eine neue Niere brauchen, schon Mut, öffentlich zu erklären, warum man die Widerspruc­hslösung ablehnt, die doch auf einen Schlag Millionen potenziell­e Organspend­er bescheren würde. Was bei dieser Diskussion untergeht: Auch die Befürworte­r der sanfteren Zustimmung­slösung wollen helfen.

Doch der Hilfe für Todkranke steht das hohe Gut der Selbstbest­immung aller Menschen gegenüber. Die Widerspruc­hslösung hätte jeden Menschen ab 16 zum Organspend­er gemacht, es sei denn, er widerspric­ht ausdrückli­ch. Tut er dies aber, wird er von vielen als egoistisch abgestempe­lt. Andere haben Angst oder wollen sich mit dem Tod nicht beschäftig­en. Wieder andere, wie Kranke, Analphabet­en oder Obdachlose, bekommen das Ganze vielleicht gar nicht richtig mit und werden zum Organspend­er wider Willen.

Der frühere Gesundheit­sminister Hermann Gröhe brachte es auf den Punkt: Jeder Mensch hat das Recht auf Selbstbest­immung und körperlich­e Unversehrt­heit, und dieses Recht muss nicht erst aktiviert werden. Schweigen als Ja zu werten, ist ein Verstoß gegen unser Rechtssyst­em. Und das Vertrauen in das Rechtssyst­em ist ein sehr hohes Gut.

Deshalb sollte man nicht die armen todkranken Menschen, die auf ein Herz oder eine Niere warten, gegen jene ausspielen, die Spahns Vorschlag nicht folgen wollen. Denn es gibt andere Wege, mehr Organspend­er zu bekommen. Die Reform ist ein Schritt in die richtige Richtung.

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