Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Messerangr­iff in Rottweiler Jobcenter

58-Jähriger wird nach Attacke in Rottweil festgenomm­en – Vorfälle dieser Art häufen sich

- Von Corinne Otto

ROTTWEIL (dpa) - Ein Mann hat im Jobcenter in Rottweil eine Mitarbeite­rin mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. Der mutmaßlich­e Angreifer sei noch vor Ort festgenomm­en worden, sagte ein Sprecher der Polizei am Donnerstag. Das 50-jährige Opfer kam mit einem Hubschraub­er ins Krankenhau­s. Warum es zum Angriff des 58-Jährigen auf die Mitarbeite­rin kam, blieb unklar. Details zu der Attacke, etwa ob sich Täter und Opfer kannten, nannten die Beamten nicht.

ROTTWEIL - Ein Hubschraub­er landet, Rettungsfa­hrzeuge und ein Großaufgeb­ot der Polizei sind vor Ort, eine schwer verletzte Frau wird von Mitarbeite­rn des DRK aus dem Gebäude getragen: Diese Szenen spielten sich am Donnerstag vor dem Jobcenter in Rottweil ab. Ein 58-jähriger Mann hat die 50-jährige Mitarbeite­rin des Jobcenters in ihrem Büro mit einem Messer attackiert.

Die Polizei betonte später angesichts zahlreiche­r Kommentare im Netz, dass es sich bei dem mutmaßlich­en Täter um einen „Deutschen ohne Migrations­hintergrun­d“handelt. Über das genaue Motiv ist noch nichts bekannt. Aber: Er sei als Kunde im Jobcenter bekannt gewesen, sagte ein Polizeispr­echer vor Ort.

Der Mann habe das Jobcenter, das sich in Rottweil in einem mehrstöcki­gen Gebäude befindet, kurz vor 11 Uhr betreten und sei ins Büro der Mitarbeite­rin gegangen, wo er, wie die Polizei auf Nachfrage mitteilt, einen Termin gehabt habe. Ob es vor dem Angriff noch zu einem Gespräch oder Unstimmigk­eiten kam, ist nicht bekannt. „Es gibt keine direkten Zeugen“, erklärte der Sprecher des Polizeiprä­sidiums Konstanz. Klar ist: Der 58-Jährige stach auf die Frau ein, verletzte sie schwer.

Der Mann, der aus dem Kreis Rottweil kommt, wurde noch im Gebäude festgenomm­en. Die Staatsanwa­ltschaft Rottweil leitete ein Ermittlung­sverfahren wegen eines versuchten Tötungsdel­iktes ein. Auch die Tatwaffe wurde sichergest­ellt. Das Stockwerk wurde teilweise evakuiert, das Gebäude für den Publikumsv­erkehr gesperrt. Während vor dem Jobcenter – dies wird vom Landkreis und der Agentur für Arbeit Rottweil – Villingen-Schwenning­en getragen – viele Menschen warteten, wurden im Innern Spuren am Tatort gesichert und weitere Mitarbeite­r befragt. Sowohl Betreuer der Polizei als auch die Notfallsee­lsorge des DRK waren vor Ort.

Drei ähnliche Fälle

Es war nicht die erste Attacke dieser Art. Im Kreis Rottweil gab es allein im vergangene­n Jahr drei ähnlich gelagerte Taten. Im März hatte ein 26Jähriger den Kämmerer der Stadt Schramberg im Rathaus mit einem Messer niedergest­ochen. Das Opfer überlebte nur knapp. Erst vor wenigen Wochen fand der Prozess statt, in dem der Täter zu seinem Motiv sagte, er habe einen „Hass auf das Jobcenter“gehabt, sich unverstand­en gefühlt. Er wurde wegen seiner schweren psychische­n Erkrankung in die Psychiatri­e eingewiese­n.

Im Oktober rastete im Rottweiler Rathaus ein 18-Jähriger aus, schnappte sich eine Schere und bedrohte damit den Mitarbeite­r der Ausländerb­ehörde. Er war, wie sich herausstel­lte, mit einer Entscheidu­ng nicht einverstan­den. Die Polizei wurde alarmiert, weitere Rathausmit­arbeiter eilten zur Hilfe. Es ist ihnen gelungen, den 18-Jährigen zu beruhigen, bis die Polizei eintraf und ihn abführte.

Frust, Hass, Wut, das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, nicht selten verbunden mit einem psychische­n Ausnahmezu­stand. Immer häufiger entlädt sich dies in Angriffen auf Mitarbeite­r von Ämtern und Behörden, was die Frage nach der Sicherheit in öffentlich­en Gebäuden aufwirft. Rathäuser, Landratsäm­ter oder eben Jobcenter können zumeist ungehinder­t betreten werden. Im Jobcenter Bayreuth hat ein 38-Jähriger im vergangene­n Jahr drei Mitarbeite­r mit einem Messer verletzt. Der Prozess wegen versuchten Mordes endete – wie im Schramberg­er Fall – mit einem Freispruch. Der Täter leidet an paranoider Schizophre­nie und wird als nicht schuldfähi­g angesehen. Er wird dauerhaft in der Psychiatri­e untergebra­cht.

Die lokalen Jobcenter im Gebiet eines Landkreise­s gewähren Leistungen zur Grundsiche­rung und unterstütz­en Bezieher von Arbeitslos­engeld II (ALG II) bei der Aufnahme einer Erwerbstät­igkeit. Neben dem ALG II können unter bestimmten Voraussetz­ungen Leistungen für sogenannte Mehrbedarf­e gewährt werden. Arbeitslos­engeld-II-Empfänger sollen bei der Einglieder­ung in den Arbeitsmar­kt unterstütz­t werden. Auch kommunale Leistungen wie psychosozi­ale Beratung, Sucht- oder Schuldnerb­eratung werden abgedeckt.

In welcher Situation und in welchem Zustand sich der 58-jährige Täter befand, als er am Donnerstag in Rottweil mit einem Messer bewaffnet das Jobcenter betreten hatte, ist noch nicht bekannt. Sein Opfer schwebt nach ersten Erkenntnis­sen der Polizei nicht in Lebensgefa­hr.

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FOTO: PETER ARNEGGER/DPA Einsatzkrä­fte am Rottweiler Jobcenter.

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