Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Trump-Vertrauter bricht nach Monaten sein Schweigen
Geschäftsmann Lev Parnas bezichtigt den US-Präsidenten der Lüge – Er habe in seinem Auftrag Druck auf die Ukraine ausgeübt
WASHINGTON - US-Präsident Donald Trump hat das Amtsenthebungsverfahren gegen seine Person scharf kritisiert. „Es ist eine Schande“, sagte Trump kurz nach Beginn des Verfahrens im Senat am Donnerstag vor Journalisten im Weißen Haus. Er werde dem Verfahren „ohne jeden Grund“unterzogen. Den leitenden Anklagevertreter des Repräsentantenhauses, Adam Schiff, bezeichnete Trump als einen „korrupten Politiker“. Das Verfahren sei „total parteiisch“und sei von den Demokraten nur aus wahltaktischen Gründen eingeleitet worden.
Unmittelbar vor Beginn des Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump am Donnerstag hatte sein bisheriger Vertrauter Lev Parnas sein monatelanges Schweigen gebrochen. Der Unternehmer aus Florida will künftig mit den Ermittlern zusammenarbeiten. „Präsident Trump wusste genau, was vor sich ging“, sagte der Geschäftsmann, einst aus der Sowjetunion nach
Amerika ausgewandert, als er dem Nachrichtensender MSNBC ein Interview gab. „Er war über all meine Schritte im Bilde. Ohne die Zustimmung Rudy Giulianis oder des Präsidenten hätte ich überhaupt nichts tun können.“
Trump hingegen sagte am Donnerstag auf Nachfrage, er kenne den Geschäftsmann Lev Parnas nicht, der ihn in der Ukraine-Affäre zuletzt belastet hatte. Trump sagte: „Ich glaube nicht, dass ich jemals mit ihm gesprochen habe.“Zu einem Foto, das ihn mit Parnas zeigt, sagte Trump, es gebe von diversen Veranstaltungen etliche solcher Bilder von ihm mit anderen Leuten.
Es war Parnas, der sein Kontaktnetzwerk in der Ukraine nutzte, um im Auftrag Giulianis, des persönlichen Anwalts Trumps, Druck auf Präsident Wolodymyr Selenskyj auszuüben. Bereits im Mai 2019, kurz nach dem Wahlsieg des neuen Präsidenten, warnte er einen Vertrauten Selenskyjs, Washington werde die Militärhilfe für die Ukraine auf Eis legen, falls Kiew nicht gegen Joe Biden
ermittle. So schilderte er es, als er am Mittwochabend sein monatelanges Schweigen brach und schwere Vorwürfe gegen Trump erhob. Parnas hat, wie auch ein Kompagnon namens Igor Fruman, mit einer Anklage wegen illegaler Wahlkampfspenden zu rechnen. Dass er womöglich hinter Gitter wandert, während der Präsident seine Hände in Unschuld wäscht, mag seinen plötzlichen Sinneswandel erklären.
Als das Repräsentantenhaus die Fakten der Ukraineaffäre zusammentrug, gehörte Parnas nicht zu denen, die in den Zeugenstand traten. Das könnte sich nun, da er sich überraschend weit aus dem Fenster lehnte, schlagartig ändern. Das Puzzle, das die Demokraten im Impeachment-Verfahren gegen Trump bisher zusammengesetzt haben, stützt sich im Wesentlichen auf das, was zum einen Diplomaten und zum anderen Mitarbeiter aus dem Apparat des Weißen Hauses zu Protokoll gaben.
Was bislang fehlt, sind Aussagen von Schlüsselakteuren des Kabinetts, aktuellen wie ehemaligen, die ebenfalls eingeweiht waren. Ganz oben auf der Liste stehen Mick Mulvaney, der Stabschef der Regierungszentrale, Außenminister Mike Pompeo und schließlich John Bolton, bis September Nationaler Sicherheitsberater. Trump hat sie allesamt angewiesen, jede Kooperation zu verweigern. Während Mulvaney und Pompeo keinerlei Widerspruch erkennen lassen, erklärte sich Bolton Anfang Januar ausdrücklich zur Aussage bereit, falls der Senat ihn denn vorlade.
Nun weist die Verfassung beiden Parlamentskammern im Falle eines Amtsenthebungsverfahrens unterschiedliche Rollen zu. Das Repräsentantenhaus ist für die Beweisaufnahme und die Anklage zuständig, während der Senat über Schuld oder Unschuld entscheidet. Die Beweisaufnahme, argumentiert Mitch McConnell, Chef der konservativen Senatsfraktion, sei abgeschlossen. Hätte die Abgeordnetenkammer zusätzliche Zeugen vernehmen wollen, hätten sie dies vor Gericht erzwingen müssen, als sie das Verfahren noch in der Hand hatte. Trumps Gegner entgegen, ein faires Verfahren setze voraus, dass alle Fakten auf den Tisch kämen, egal wann. Durchsetzen können sie es aus eigener Kraft nicht, da sie nur 47 der 100 Senatoren stellen. Mindestens vier Republikaner müssten es also genauso sehen.