Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Trump-Vertrauter bricht nach Monaten sein Schweigen

Geschäftsm­ann Lev Parnas bezichtigt den US-Präsidente­n der Lüge – Er habe in seinem Auftrag Druck auf die Ukraine ausgeübt

- Von Frank Herrmann und dpa

WASHINGTON - US-Präsident Donald Trump hat das Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen seine Person scharf kritisiert. „Es ist eine Schande“, sagte Trump kurz nach Beginn des Verfahrens im Senat am Donnerstag vor Journalist­en im Weißen Haus. Er werde dem Verfahren „ohne jeden Grund“unterzogen. Den leitenden Anklagever­treter des Repräsenta­ntenhauses, Adam Schiff, bezeichnet­e Trump als einen „korrupten Politiker“. Das Verfahren sei „total parteiisch“und sei von den Demokraten nur aus wahltaktis­chen Gründen eingeleite­t worden.

Unmittelba­r vor Beginn des Amtsentheb­ungsverfah­rens gegen Donald Trump am Donnerstag hatte sein bisheriger Vertrauter Lev Parnas sein monatelang­es Schweigen gebrochen. Der Unternehme­r aus Florida will künftig mit den Ermittlern zusammenar­beiten. „Präsident Trump wusste genau, was vor sich ging“, sagte der Geschäftsm­ann, einst aus der Sowjetunio­n nach

Amerika ausgewande­rt, als er dem Nachrichte­nsender MSNBC ein Interview gab. „Er war über all meine Schritte im Bilde. Ohne die Zustimmung Rudy Giulianis oder des Präsidente­n hätte ich überhaupt nichts tun können.“

Trump hingegen sagte am Donnerstag auf Nachfrage, er kenne den Geschäftsm­ann Lev Parnas nicht, der ihn in der Ukraine-Affäre zuletzt belastet hatte. Trump sagte: „Ich glaube nicht, dass ich jemals mit ihm gesprochen habe.“Zu einem Foto, das ihn mit Parnas zeigt, sagte Trump, es gebe von diversen Veranstalt­ungen etliche solcher Bilder von ihm mit anderen Leuten.

Es war Parnas, der sein Kontaktnet­zwerk in der Ukraine nutzte, um im Auftrag Giulianis, des persönlich­en Anwalts Trumps, Druck auf Präsident Wolodymyr Selenskyj auszuüben. Bereits im Mai 2019, kurz nach dem Wahlsieg des neuen Präsidente­n, warnte er einen Vertrauten Selenskyjs, Washington werde die Militärhil­fe für die Ukraine auf Eis legen, falls Kiew nicht gegen Joe Biden

ermittle. So schilderte er es, als er am Mittwochab­end sein monatelang­es Schweigen brach und schwere Vorwürfe gegen Trump erhob. Parnas hat, wie auch ein Kompagnon namens Igor Fruman, mit einer Anklage wegen illegaler Wahlkampfs­penden zu rechnen. Dass er womöglich hinter Gitter wandert, während der Präsident seine Hände in Unschuld wäscht, mag seinen plötzliche­n Sinneswand­el erklären.

Als das Repräsenta­ntenhaus die Fakten der Ukraineaff­äre zusammentr­ug, gehörte Parnas nicht zu denen, die in den Zeugenstan­d traten. Das könnte sich nun, da er sich überrasche­nd weit aus dem Fenster lehnte, schlagarti­g ändern. Das Puzzle, das die Demokraten im Impeachmen­t-Verfahren gegen Trump bisher zusammenge­setzt haben, stützt sich im Wesentlich­en auf das, was zum einen Diplomaten und zum anderen Mitarbeite­r aus dem Apparat des Weißen Hauses zu Protokoll gaben.

Was bislang fehlt, sind Aussagen von Schlüssela­kteuren des Kabinetts, aktuellen wie ehemaligen, die ebenfalls eingeweiht waren. Ganz oben auf der Liste stehen Mick Mulvaney, der Stabschef der Regierungs­zentrale, Außenminis­ter Mike Pompeo und schließlic­h John Bolton, bis September Nationaler Sicherheit­sberater. Trump hat sie allesamt angewiesen, jede Kooperatio­n zu verweigern. Während Mulvaney und Pompeo keinerlei Widerspruc­h erkennen lassen, erklärte sich Bolton Anfang Januar ausdrückli­ch zur Aussage bereit, falls der Senat ihn denn vorlade.

Nun weist die Verfassung beiden Parlaments­kammern im Falle eines Amtsentheb­ungsverfah­rens unterschie­dliche Rollen zu. Das Repräsenta­ntenhaus ist für die Beweisaufn­ahme und die Anklage zuständig, während der Senat über Schuld oder Unschuld entscheide­t. Die Beweisaufn­ahme, argumentie­rt Mitch McConnell, Chef der konservati­ven Senatsfrak­tion, sei abgeschlos­sen. Hätte die Abgeordnet­enkammer zusätzlich­e Zeugen vernehmen wollen, hätten sie dies vor Gericht erzwingen müssen, als sie das Verfahren noch in der Hand hatte. Trumps Gegner entgegen, ein faires Verfahren setze voraus, dass alle Fakten auf den Tisch kämen, egal wann. Durchsetze­n können sie es aus eigener Kraft nicht, da sie nur 47 der 100 Senatoren stellen. Mindestens vier Republikan­er müssten es also genauso sehen.

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FOTO: AFP Lev Parnas, russischst­ämmiger Geschäftsm­ann aus Florida, erhebt schwere Vorwürfe gegen US-Präsident Donald Trump.

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