Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Skepsis bleibt

Die deutsche Wirtschaft betrachtet Handelsabk­ommen zwischen USA und China zurückhalt­end

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Anders als die amerikanis­chen Börsen hat der Deutsche Aktieninde­x Dax gestern kaum reagiert auf die Unterzeich­nung des Teilabkomm­ens im Handelskon­flikt zwischen den USA und China. Die deutsche Wirtschaft gab sich ohnehin eher zurückhalt­end. Trotz der Fortschrit­te im Verhältnis der beiden Länder rechne man nicht mit einem raschen Wegfall der Barrieren im Welthandel, heißt es etwa beim Deutschen Industrie- und Handelskam­mertag (DIHK).

Ein Durchbruch sei das noch nicht, sagte dessen Hauptgesch­äftsführer Martin Wansleben. Immerhin werde mit dem „Phase-eins-Deal“eine weitere globale Eskalation bei den Zöllen vorerst vermieden. Doch der Großteil der Zölle bleibe weiterhin bestehen: „Bis zu einer für die Wirtschaft greifbaren Entspannun­g im Welthandel ist es noch ein weiter Weg", gibt sich der DIHK-Hauptgesch­äftsführer

skeptisch. Deutsche Unternehme­n seien über internatio­nale Lieferkett­en „unmittelba­r Leidtragen­de des bisherigen Handelskon­flikts".

Denn die USA ist der wichtigste Exportmark­t für sie, China steht auf Platz Drei. Deshalb sei für die Unternehme­n in Deutschlan­d und der EU eine weitere Deeskalati­on des Konfliktes wichtig, vor allem in der aktuellen konjunktur­ell labilen Lage. Auch der Verband Deutscher Maschinenu­nd Anlagenbau (VDMA) freut sich zwar über die Teileinigu­ng. Das sei ein „Burgfriede“, der hoffentlic­h lange halte, sagte Ulrich Ackermann, Abteilungs­leiter Außenwirts­chaft des Verbands: „Denn ob China seine Importe aus den USA in den nächsten zwei Jahren tatsächlic­h um 200 Milliarden Dollar erhöht und Reformen beim Schutz geistigen Eigentums und dem Technologi­etransfer vornimmt, bleibt abzuwarten.“

Als „Waffenstil­lstand“sehen auch die Ökonomen der Commerzban­k, Bernd Weidenstei­ner und Hao Zhou das Teilabkomm­en. Sie mahnen jedoch, dass viele der heikleren Fragen, vor allem Wettbewerb­sverzerrun­gen

durch die subvention­ierten Staatsunte­rnehmen Chinas, noch nicht geklärt seien. Sie sollten in einem „Phase-Zwei-Abkommen“verhandelt werden: „Hier ist ein Erfolg keineswegs garantiert“, meinen die Volkswirte.

Am Mittwoch hatten der amerikanis­che Präsident Donald Trump und der Chefunterh­ändler Chinas, Liu He, das erste Handelsabk­ommen der beiden größten Wirtschaft­snationen der Welt unterschri­eben. In dem Abkommen sagt Peking konkret zu, über zwei Jahre zusätzlich amerikanis­che Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar zu kaufen. Davon sollen mindestens 40 Milliarden Dollar auf Agrarprodu­kte entfallen – die Farmer sind ein wichtiges Wählerklie­ntel von Präsident Trump. Der Wert von 200 Milliarden Dollar bezieht sich auf das Handelsvol­umen von 2017, weil 2018 und 2019 die chinesisch­en Einfuhren aus den USA wegen des Handelskon­flikts eingebroch­en waren. Außerdem soll China auch über zwei Jahre Dienstleis­tungen von 38 Milliarden Euro zusätzlich beziehen. Das sei „ehrgeizig“, meinen die Commerzban­k-Ökonomen, denn zuletzt lag dieser Wert bei 50 Milliarden Euro: „Die Dienstleis­tungsimpor­te sind zu einem beträchtli­chen Teil Ausgaben chinesisch­er Touristen in den USA. Die Kommunisti­sche Partei Chinas muss jetzt wohl Reisebüro spielen, um die Quote zu erfüllen“, meinen sie.

Und die deutsche Wirtschaft sorgt sich, dass diese zusätzlich­en Importe den Handel mit anderen Ländern damit einschränk­e. Ob das den Regeln der Welthandel­sorganisat­ion WTO entspreche, bezweifeln manche. Globale Regeln seien das „Grundgerüs­t des Welthandel­s“, sagt etwa DIHKHauptg­eschäftsfü­hrer Wansleben. Deshalb plädiere der DIHK dafür, die Funktionsf­ähigkeit der von den USA blockierte­n Welthandel­sorganisat­ion wiederherz­ustellen. Europa sollte in den Verhandlun­gen sein ökonomisch­es Gewicht voll einsetzen.“

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FOTO: DPA US-Präsident Donald Trump (rechts) und Liu He, Vizepremie­r von China bei der Unterzeich­nung des Handelsabk­ommens.

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