Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Jetzt ist der nächste Turm dran
Für den nächsten Sanierungsschritt am Ulmer Münster werden 25 Millionen Euro benötigt
ULM - Das Gerüst wächst schon den nördlichen Chorturm am Ulmer Münster hoch. Die stählernen Vorboten zeugen davon, womit sich die Münsterbauhütte von 2026 bis 2034 intensiv beschäftigen wird. Um die 25 Millionen Euro werden benötigt, um den Turm zu sanieren.
Wie Münsterbaumeister Michael Hilbert bei einer Pressekonferenz des Münsterbauvereins sagte, soll das Gerüst in vier Monaten stehen. Dann werde jeder einzelne Stein erfasst und in exakten Plänen dargestellt. Auf Basis dieser Darstellungen ergeben sich dann Dauer und Kosten einer Komplettsanierung des Nordturms. „Wir brauchen diese lange Vorlaufzeit“, sagt Hilbert. Denn mit den Arbeiten soll begonnen werden, wenn der Hauptturm fertig saniert sei. Und das soll 2025 sein.
„Wir liegen zu 100 Prozent im Kosten- und Zeitplan“, sagt Hilbert. 2015 wurde am Hauptturm mit der Sanierung begonnen, die in fünf Jahren beendet sein soll. 2300 Steine werden ausgetauscht, 1800 restauriert.
Jeder Stein ist eine Herausforderung für die Steinmetze: Aus elf verschiedenen Sandsteinen wurde der zwischen der Grundsteinlegung 1377 und etwa 1530 erbaute mittelalterliche Teil des 161 Meter hohen Turms errichtet: Mal Molassesandstein, Schlaitdorfer Sandstein oder Oberkirchener Sandstein. Dass die Sanierung des Chorturms mit der gleichen Summe veranschlagt wird wie der Hauptturm, erklärt Hilbert mit Kostensteigerungen.
Der Münsterbauverein um seinen Vorsitzenden Eduard Schleicher rührt schon jetzt die Werbetrommel für die Finanzierung. Ein Minimum an 200 000 Euro treibt der Verein pro Jahr fürs Münster auf. Durch „Klinkenputzen“, wie Schleicher sagt, der als Chef des Zementherstellers Schwenk beste Kontakte zu Ulmer Industriellen hat. Das Gros der Sanierungskosten von jährlich 2,5 Millionen Euro trug in der Vergangenheit
das Land mit 500 000 Euro. Es folgen die Kirche (450 000 Euro) und die Stadt (300 000). Die Lücke muss durch Spenden, Einnahmen aus der Turmbesteigung und vom Münsterbauverein geschlossen werden.
Helfen soll auch die Versteigerung einer originalen Münsterfiale, die derzeit im Foyer der Sparkasse Ulm in der Neuen Mitte steht. Das riesige Teil stammt aus dem Jahr 1870 und wurde an einem der Chortürme ersetzt. Wie genau die Versteigerung ablaufen soll, ist noch nicht geklärt. Geklärt ist aber das Ende: Die Gebote können bis 20. März abgegeben werde. So lange läuft auch die Ausstellung „Gotik. Die Zeit der großen Kathedralen“. Der Münsterbauverein zeigt in der Sparkasse 19 Bauwerke, die der Künstler Luciano Xavier Dos Santos aus Pappe, Zahnstochern und anderen Hölzern angefertigt hat. Das Ulmer Münster mit dem höchsten Kirchturm der Welt stellt einen der Hingucker der im Maßstab 1:200 gefertigten Modelle dar. Vier Monate werkelte der gebürtige Brasilianer am Ulmer Münster.
Münsterbaumeister Hilbert – selbst Architekt – zeigt sich begeistert von der Abstrahierung der gotischen Bauwerke. Außerdem könne die Entwicklung der gotischen Baukunst anhand maßstabsgetreuer Höhepunkte der Architektur in Deutschland, Italien, Frankreich und der Schweiz sehr anschaulich nach vollzogen werden.
Abgeschlossen – ebenfalls im Kosten- und Zeitplan – ist seit dem ersten Advent die Sanierung des Chorraums. Nur dort, wo einst die Chororgel montiert war, direkt über dem Chorgestühl, klafft eine Lücke. Doch diese Woche noch könnte die „Orgel-Kommission“den Weg für ein neues Instrument frei machen. Wie Dekan Ernst-Wilhelm Gohl sagte, sei per Wettbewerb ein Siegerentwurf ermittelt worden. Mit dem Orgelbauer aus der „Champions League“werde noch verhandelt. Gohl rechnet mit 500 000 Euro an Kosten. In frühestens anderthalb Jahren könnte die Orgel erklingen.