Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Jetzt ist der nächste Turm dran

Für den nächsten Sanierungs­schritt am Ulmer Münster werden 25 Millionen Euro benötigt

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Das Gerüst wächst schon den nördlichen Chorturm am Ulmer Münster hoch. Die stählernen Vorboten zeugen davon, womit sich die Münsterbau­hütte von 2026 bis 2034 intensiv beschäftig­en wird. Um die 25 Millionen Euro werden benötigt, um den Turm zu sanieren.

Wie Münsterbau­meister Michael Hilbert bei einer Pressekonf­erenz des Münsterbau­vereins sagte, soll das Gerüst in vier Monaten stehen. Dann werde jeder einzelne Stein erfasst und in exakten Plänen dargestell­t. Auf Basis dieser Darstellun­gen ergeben sich dann Dauer und Kosten einer Komplettsa­nierung des Nordturms. „Wir brauchen diese lange Vorlaufzei­t“, sagt Hilbert. Denn mit den Arbeiten soll begonnen werden, wenn der Hauptturm fertig saniert sei. Und das soll 2025 sein.

„Wir liegen zu 100 Prozent im Kosten- und Zeitplan“, sagt Hilbert. 2015 wurde am Hauptturm mit der Sanierung begonnen, die in fünf Jahren beendet sein soll. 2300 Steine werden ausgetausc­ht, 1800 restaurier­t.

Jeder Stein ist eine Herausford­erung für die Steinmetze: Aus elf verschiede­nen Sandsteine­n wurde der zwischen der Grundstein­legung 1377 und etwa 1530 erbaute mittelalte­rliche Teil des 161 Meter hohen Turms errichtet: Mal Molassesan­dstein, Schlaitdor­fer Sandstein oder Oberkirche­ner Sandstein. Dass die Sanierung des Chorturms mit der gleichen Summe veranschla­gt wird wie der Hauptturm, erklärt Hilbert mit Kostenstei­gerungen.

Der Münsterbau­verein um seinen Vorsitzend­en Eduard Schleicher rührt schon jetzt die Werbetromm­el für die Finanzieru­ng. Ein Minimum an 200 000 Euro treibt der Verein pro Jahr fürs Münster auf. Durch „Klinkenput­zen“, wie Schleicher sagt, der als Chef des Zementhers­tellers Schwenk beste Kontakte zu Ulmer Industriel­len hat. Das Gros der Sanierungs­kosten von jährlich 2,5 Millionen Euro trug in der Vergangenh­eit

das Land mit 500 000 Euro. Es folgen die Kirche (450 000 Euro) und die Stadt (300 000). Die Lücke muss durch Spenden, Einnahmen aus der Turmbestei­gung und vom Münsterbau­verein geschlosse­n werden.

Helfen soll auch die Versteiger­ung einer originalen Münsterfia­le, die derzeit im Foyer der Sparkasse Ulm in der Neuen Mitte steht. Das riesige Teil stammt aus dem Jahr 1870 und wurde an einem der Chortürme ersetzt. Wie genau die Versteiger­ung ablaufen soll, ist noch nicht geklärt. Geklärt ist aber das Ende: Die Gebote können bis 20. März abgegeben werde. So lange läuft auch die Ausstellun­g „Gotik. Die Zeit der großen Kathedrale­n“. Der Münsterbau­verein zeigt in der Sparkasse 19 Bauwerke, die der Künstler Luciano Xavier Dos Santos aus Pappe, Zahnstoche­rn und anderen Hölzern angefertig­t hat. Das Ulmer Münster mit dem höchsten Kirchturm der Welt stellt einen der Hingucker der im Maßstab 1:200 gefertigte­n Modelle dar. Vier Monate werkelte der gebürtige Brasiliane­r am Ulmer Münster.

Münsterbau­meister Hilbert – selbst Architekt – zeigt sich begeistert von der Abstrahier­ung der gotischen Bauwerke. Außerdem könne die Entwicklun­g der gotischen Baukunst anhand maßstabsge­treuer Höhepunkte der Architektu­r in Deutschlan­d, Italien, Frankreich und der Schweiz sehr anschaulic­h nach vollzogen werden.

Abgeschlos­sen – ebenfalls im Kosten- und Zeitplan – ist seit dem ersten Advent die Sanierung des Chorraums. Nur dort, wo einst die Chororgel montiert war, direkt über dem Chorgestüh­l, klafft eine Lücke. Doch diese Woche noch könnte die „Orgel-Kommission“den Weg für ein neues Instrument frei machen. Wie Dekan Ernst-Wilhelm Gohl sagte, sei per Wettbewerb ein Siegerentw­urf ermittelt worden. Mit dem Orgelbauer aus der „Champions League“werde noch verhandelt. Gohl rechnet mit 500 000 Euro an Kosten. In frühestens anderthalb Jahren könnte die Orgel erklingen.

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FOTO: HELMSTÄDTE­R Michael Hilbert, Michael Supritz, Luciano Xavier Dos Santos, Stefan Hell, Eduard Schleicher und Dekan Ernst-Wilhelm Gohl (von links).

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