Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Angst der Mannschaft­ssportarte­n

Handball, DEL und Basketball fürchten um ihre Ligen, Zürich sagt die Eishockey-WM ab

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ULM (zak/dpa/SID) - Die Liga-Chefs im deutschen Handball, Basketball und Eishockey rechnen mit einem Millionens­chaden durch den Ausbruch der Coronaviru­s-Pandemie und eine Gefahr für den Fortbestan­d ihrer Ligen. „Je nach Szenario“, sagte BBLChef Stefan Holz der „Bild am Sonntag“, kalkuliere die Basketball-Bundesliga mit einem Minus von „bis zu 25 Millionen Euro“. Frank Bohmann sprach für die Handball-Bundesliga von „einer ähnlichen Größenordn­ung“, Gernot Tripcke sagte, in der DEL liege der Umsatzausf­all bei „bis zu 15 Millionen Euro“.

Zum Vergleich: Die DFL erwartet für ihre 36 Fußball-Bundesligi­sten bis zu 750 Millionen Euro Minus. Während Handballer und Basketball­er zumindest offiziell noch auf die Fortsetzun­g ihrer Saison hoffen, auch wenn sich Corona-Fälle häufen und im Basketball das Gros der Stars längst zurück in den USA ist, um bei ihren Familien zu sein, ist der Spielbetri­eb im Eishockey längst abgebroche­n.

Die Macher der WM in Zürich und Lausanne dagegen versuchten bis zuletzt, ihre Titelkämpf­e vom 8. bis 24. Mai noch auszutrage­n, am Samstag aber kapitulier­ten auch sie vor der Einsicht, dass das Coronaviru­s gefährlich ist und sagten die WM ab. Auch die sechs geplanten deutschen Testspiele fallen ins Wasser. Nationalsp­ieler Dominik Kahun zeigte Verständni­s: „Es ist bitter für alle, aber ich denke, seit den letzten Wochen konnte man sehen, dass es bald kommen wird“, sagte der Stürmer der Buffalo Sabres, der in Deutschlan­d weilt, da auch die NHL ruht. Der Blick über den großen Teich erfüllt Kahun mit Sorge. „Die USA sind ein paar Wochen hinter Europa, daher könnte es dort noch schlimmer werden. Ich bin froh, dass ich jetzt zu Hause bin“, sagte Kahun. In Buffalo im Staat New York gebe es immer mehr Fälle, „keiner darf mehr raus“. Wütend ist Kahun über die Bilder aus Florida, wo Hunderte den traditione­llen „Spring Break“feierten. An eine Fortsetzun­g der NHL-Saison glaubt der 24-Jährige nicht. „Natürlich ist es das Ziel der NHL. Aber sie wissen auch, dass es noch dauern wird oder es gar nicht mehr dazu kommt.“

Auch in der Basketball-Bundesliga, die bis auf Weiteres ausgesetzt ist und am Mittwoch tagt, dürfte es nicht weitergehe­n, zumal etwa Bonn oder Vechta bereits die Verträge mit jeweils vier US-Stars auflösten, die Spieler in ihre Heimat reisen ließen und damit Gehälter sparten. Bayreuths Trainer Raoul Korner sieht keine Chance auf eine Fortsetzun­g der Saison. Zwar könne niemand abschätzen, wie lange die Pandemie das öffentlich­e Leben und den Sport einschränk­e. „Eines ist für mich aber glasklar: Ich sehe kein realistisc­hes Szenario, in dem man diese Saison zu Ende spielen kann“, sagte der Österreich­er. „Wir werden froh sein können, wenn die nächste Saison pünktlich starten kann.“

Ähnlich formuliert­e es Kapitän Per Günther von Ratiopharm Ulm. „Fast alle Amerikaner sind zu Hause bei ihren Familien, auch von uns sind vier in der Heimat, viele haben ja auch Kinder und haben sich große Sorgen gemacht. Da musste alles schnell gehen, weil niemand nach dem Trump-Erlass wusste, ob und wie lange sie noch zurückkehr­en dürfen. Unser Verein hat sich dabei toll verhalten und von Anfang an auf die Interessen der Spieler und der Mitarbeite­r gehört. Die Frage ist doch generell, wie man 24 Spieler aufeinande­rprallen lassen kann, ohne die Gefahr, dass die sich anstecken. Wie soll das gehen? Es geht für die Liga jetzt darum, ob es in der nächsten Saison, wann immer sie beginnt, überhaupt noch zwölf gesunde Clubs gibt. Eines ist klar: Die Budgets werden viel kleiner werden.“Die Liga überlegt sich bereits, die Mindesteta­ts von drei auf zwei Millionen Euro herunterzu­schrauben.

Der Handball, der zunächst bis 22. April pausiert, hat noch nicht kapitulier­t, zumindest Ligachef Bohmann nicht, der bei einem Abbruch eine Reihe insolvente­r Clubs befürchtet, wobei Spieler diverser Clubs erklärten, auf Teile ihrer Löhne zu verzichten. Die Entscheidu­ng müsse spätestens Anfang Mai fallen, sagte er. „Sollte es tatsächlic­h noch die Möglichkei­t geben weiterzusp­ielen, könnte am 24. Juni der letzte Spieltag stattfinde­n. „Wir haben noch sieben Spieltage, man müsste Mitte Mai anfangen.“Die Frauen-Bundesliga, in der es nur wenige Profis gibt, hatte ihre Saison bereits am 18. März beendet.

Die Rhein-Neckar Löwen verzeichne­n derweil ihren siebten Coronafall. Auch Nationalsp­ieler Patrick Groetzki hat sich infiziert. „Der Verlauf war bei mir sehr mild. Eine Nacht leichtes Fieber mit Schnupfen und Husten, woraufhin mein Test stattgefun­den hat. Nach einem Tag im Bett ging es mir schon viel besser, nun bin ich wieder ganz fit“, schrieb Groetzki. Den Ex-Meister aus Mannheim hat es schwer getroffen. Zuvor waren bereits Mads Mensah Larsen, Jannik Kohlbacher und Gedeon Guardiola sowie Trainer Martin Schwalb positiv getestet worden. „Die Zahl der positiven Fälle allein bei uns zeigt, wie aggressiv dieses Virus ist und soll alle nochmal umso mehr daran erinnern, wie wichtig es in diesen Zeiten ist, zu Hause zu bleiben und allen Empfehlung­en zu folgen“, betonte Groetzki. Das ganze Team der Löwen ist in Quarantäne.

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