Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
1,8 Millionen Jobs in Gefahr
Wirtschaftsforscher rechnen mit dramatischen Folgen
MÜNCHEN (dpa) - Die CoronavirusKrise könnte Deutschland nach Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts mehr als eine halbe Billion Euro und mehr als eine Million Jobs kosten. „Die Kosten werden voraussichtlich alles übersteigen, was aus Wirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte in Deutschland bekannt ist“, sagte IfoPräsident Clemens Fuest. Statt eines leichten Wachstums wird die Wirtschaft demnach deutlich schrumpfen. Der Unterschied könnte je nach Szenario 7,2 bis 20,6 Prozentpunkte betragen. „Das entspricht Kosten von 255 bis 729 Milliarden Euro“, sagte Fuest.
Bis zu 1,8 Millionen sozialversicherungspflichtige Jobs könnten abgebaut werden, mehr als sechs Millionen
Menschen von Kurzarbeit betroffen sein, so Fuest. In optimistischeren Szenarien fallen allerdings sehr viel weniger Jobs weg und auch die Kurzarbeit ist nicht so ausgeprägt.
Es lohne sich, jeden denkbaren Betrag für gesundheitspolitische Maßnahmen einzusetzen, betont Fuest. „Ziel muss es sein, die Teilschließung der Wirtschaft zu verkürzen, ohne die Bekämpfung der Epidemie zu beeinträchtigen.“Man brauche Strategien, wie die Produktion wieder aufgenommen und die Epidemie gleichzeitig weiter eingedämmt werden könne. Für einen zweimonatigen Teilstillstand der Wirtschaft errechnet das Ifo-Institut Kosten zwischen 255 und 495 Milliarden Euro. Bei drei Monaten sind es demnach 354 bis 729 Milliarden.
Die Bundesregierung hat einen Geldtopf aus der Zeit der Finanzkrise 2008/2009 reaktiviert und ausgeweitet. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds hat einen Garantierahmen von 400 Milliarden Euro.
Warum wird der Fonds ausgebaut?
Die Bundesregierung will Spekulanten stoppen, die sich nach dem Aktiencrash billig gewordene deutsche Unternehmen unter den Nagel reißen wollen. Nicht erst das Interesse von US-PräsidentTrump an der Tübinger Firma Curevac hat gezeigt, dass diese Gefahr besteht. Scholz denkt offenbar auch darüber nach, Leerverkäufe zu verbieten. Diese Wetten auf fallende Aktien sind in anderen Ländern nicht mehr erlaubt.
Reicht das Programm?
Das ist offen. Scholz und Altmaier gehen davon aus, in den nächsten Wochen öfter gemeinsam vor die Presse zu treten. Ohne Handschlag.
Welche Art von Masken gibt es außerdem?
Die sogenannten FFP2-Masken kann man tragen, sie sind effektiver. Die FFP3-Masken schützen zwar vor einer Übertragung und werden bei Risikotätigkeiten im Labor getragen. Doch mit ihnen hält man es nicht lange aus, weil das Atmen durch sie innerhalb relativ kurzer Zeit schwer fällt und es darunter auch heiß wird.
Im Internet kursieren mittlerweile Anleitungen zum MaskenSelbstbau. Wie effektiv können diese sein?
Diese Anleitungen kenne ich nicht. Jede Maske sollte unbedingt dem Standard der zugelassenen Masken (CE) entsprechen.
Ein Fallreport aus China zeigt, dass sich die Passagiere einer vierstündigen Busfahrt mit Mundschutz nicht infiziert haben, die Passagiere ohne Maske jedoch schon. Wie ist das zu erklären?
Von anderen Infektionserregern weiß man, und es ist vernünftig anzunehmen, dass dies auch hier gilt: Infektion ist ein dosisabhängiger Prozess und hängt von mehreren Faktoren ab: lokale Menge von Virus (Erreger) in der Atemluft (Anzahl der Ausscheider), Größe und Lüftung des Raumes, in dem sich Ausscheider und Infektionsgefährdete befinden, und vor allem auch von der Dauer des Aufenthaltes in dem Raum. Die Infektion erfolgt äußerst wahrscheinlich nicht durch ein einzelnes Coronavirus, die genaue erforderliche Infektionsdosis kennt man aber noch nicht. Masken beim Ausscheider und „Empfänger“mögen da schon helfen.