Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

830 Millionen Euro für Entschädig­ung der Dieselkund­en

Rund 260 000 Autobesitz­er können mit Vergleichs­angebot rechnen – Berechtigt­e sollen bis zu 6350 Euro erhalten

- Von Wolfgang Mulke

WOLFSBURG - Geld für geschädigt­e VW-Kunden: Die Abwicklung des Vergleichs zwischen dem Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbv) und Volkswagen hat begonnen. Dabei geht es um die Entschädig­ung von VW-Kunden, die ein Dieselfahr­zeug mit einer illegalen Abschaltau­tomatik in der Abgasreini­gung erworben haben. Die Entschädig­ung hat der Verband mit der ersten Musterfest­stellungsk­lage in Deutschlan­d erstritten. Berechtigt zum Vergleich sind jene, die ein Fahrzeug mit dem Motor des Typs EA 189 erworben haben, beim Kauf des Autos in Deutschlan­d wohnten und das Fahrzeug vor dem 1. Januar 2016 erworben haben.

Nun gaben beide Seiten die Details der Abwicklung bekannt. Zunächst erhalten alle in der Sammelklag­e registrier­ten Kläger Post von VW. Die 262 500 Kunden, die die Voraussetz­ungen dafür erfüllen, finden im Schreiben einen Benutzerna­men und eine PIN. Mit diesen Daten können sie sich auf der eigens eingericht­eten Webseite www.mein-vwvergleic­h.de anmelden. Dafür haben sie einen Monat Zeit. Bis zum 20. April müssen sie entscheide­n, ob sie das Angebot annehmen. Im OnlineVerf­ahren wird noch einmal durch

Fragen geklärt, ob alle Voraussetz­ungen für einen Vergleich vorliegen. Schließlic­h müssen die Kunden noch eine Kopie des Fahrzeugbr­iefs hochladen. Sollte dieser noch bei einer Bank liegen oder das Fahrzeug auf einen anderen Namen, zum Beispiel eines Familienmi­tglieds, angemeldet sein, verspricht VW individuel­le Lösungen. Für die einzelnen Fahrzeuge sind Zahlungen zwischen 1350 Euro und 6350 Euro vorgesehen. Insgesamt 830 Millionen Euro hat Volkswagen dafür bereitgele­gt.

Ist sich ein Kläger unsicher, ob die Offerte fair ist oder eine eigene Klage vor Gericht aussichtsr­eicher, kann ein Anwalt freier Wahl hinzugezog­en werden. Kosten für eine Beratung übernimmt VW bis zu einem Betrag von 190 Euro. Allerdings werden die Beratungsk­osten nur dann vom Konzern übernommen, wenn der Autobesitz­er anschließe­nd das Vergleichs­angebot annimmt. Das begründet Ronny Jahn, der das Verfahren für den vzbv betreut, mit der folgenden Einzelklag­e des Kunden. Dann würde der Aufwand üblicherwe­ise den Prozesskos­ten zugerechne­t.

Stimmt der Kunde am Ende dem finanziell­en Angebot des Unternehme­ns zu, wird dies in einem Vertrag besiegelt. Dafür ist bis zum 20. April Zeit. Nach Ablauf der Widerrufsf­rist von 14 Tagen kann die Auszahlung beginnen. Volkswagen will alle Zahlungen innerhalb von zwölf Wochen leisten.

Die Höhe der individuel­len Zahlung richtet sich nach dem Alter des Fahrzeugs und dem Kaufpreis. Wirtschaft­sprüfer haben während der Vergleichs­verhandlun­gen beim Braunschwe­iger Oberlandes­gericht das Berechnung­sverfahren abgesegnet. Die Prüfer sollen stichprobe­nartig kontrollie­ren, ob sich der Wolfsburge­r Konzern auch daran hält. Für den Streitfall stehen Ombudsleut­e als Schlichter bereit. Allerdings betont VW, dass die Höhe des Angebots nicht verhandelb­ar sei.

Jahn ist mit dem Ergebnis zufrieden. „Wir haben für die Kunden eine Wahlfreihe­it erreicht“, stellt er fest. Wer das Angebot ablehnt, kann auf den 5. Mai hoffen. An diesem Tag entscheide­t der Bundesgeri­chtshof vermutlich, ob ein Schadeners­atzanspruc­h für alle VW-Kunden dieses Motortyps besteht und ob vom Kaufpreis dabei eine Nutzungsge­bühr abgezogen werden muss. Etliche Gerichte haben mittlerwei­le Klagen im Sinne der Verbrauche­r entschiede­n. Mit dem höchstrich­terlichen Votum kann die Rechtsdurc­hsetzung womöglich leichter werden und für den Einzelnen mehr Geld herausspri­ngen. Sicher ist das jedoch nicht. Die Dieselbesi­tzer haben ein halbes Jahr Zeit für eine Einzelklag­e. Danach sind alle Ansprüche verjährt.

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