Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
830 Millionen Euro für Entschädigung der Dieselkunden
Rund 260 000 Autobesitzer können mit Vergleichsangebot rechnen – Berechtigte sollen bis zu 6350 Euro erhalten
WOLFSBURG - Geld für geschädigte VW-Kunden: Die Abwicklung des Vergleichs zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) und Volkswagen hat begonnen. Dabei geht es um die Entschädigung von VW-Kunden, die ein Dieselfahrzeug mit einer illegalen Abschaltautomatik in der Abgasreinigung erworben haben. Die Entschädigung hat der Verband mit der ersten Musterfeststellungsklage in Deutschland erstritten. Berechtigt zum Vergleich sind jene, die ein Fahrzeug mit dem Motor des Typs EA 189 erworben haben, beim Kauf des Autos in Deutschland wohnten und das Fahrzeug vor dem 1. Januar 2016 erworben haben.
Nun gaben beide Seiten die Details der Abwicklung bekannt. Zunächst erhalten alle in der Sammelklage registrierten Kläger Post von VW. Die 262 500 Kunden, die die Voraussetzungen dafür erfüllen, finden im Schreiben einen Benutzernamen und eine PIN. Mit diesen Daten können sie sich auf der eigens eingerichteten Webseite www.mein-vwvergleich.de anmelden. Dafür haben sie einen Monat Zeit. Bis zum 20. April müssen sie entscheiden, ob sie das Angebot annehmen. Im OnlineVerfahren wird noch einmal durch
Fragen geklärt, ob alle Voraussetzungen für einen Vergleich vorliegen. Schließlich müssen die Kunden noch eine Kopie des Fahrzeugbriefs hochladen. Sollte dieser noch bei einer Bank liegen oder das Fahrzeug auf einen anderen Namen, zum Beispiel eines Familienmitglieds, angemeldet sein, verspricht VW individuelle Lösungen. Für die einzelnen Fahrzeuge sind Zahlungen zwischen 1350 Euro und 6350 Euro vorgesehen. Insgesamt 830 Millionen Euro hat Volkswagen dafür bereitgelegt.
Ist sich ein Kläger unsicher, ob die Offerte fair ist oder eine eigene Klage vor Gericht aussichtsreicher, kann ein Anwalt freier Wahl hinzugezogen werden. Kosten für eine Beratung übernimmt VW bis zu einem Betrag von 190 Euro. Allerdings werden die Beratungskosten nur dann vom Konzern übernommen, wenn der Autobesitzer anschließend das Vergleichsangebot annimmt. Das begründet Ronny Jahn, der das Verfahren für den vzbv betreut, mit der folgenden Einzelklage des Kunden. Dann würde der Aufwand üblicherweise den Prozesskosten zugerechnet.
Stimmt der Kunde am Ende dem finanziellen Angebot des Unternehmens zu, wird dies in einem Vertrag besiegelt. Dafür ist bis zum 20. April Zeit. Nach Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tagen kann die Auszahlung beginnen. Volkswagen will alle Zahlungen innerhalb von zwölf Wochen leisten.
Die Höhe der individuellen Zahlung richtet sich nach dem Alter des Fahrzeugs und dem Kaufpreis. Wirtschaftsprüfer haben während der Vergleichsverhandlungen beim Braunschweiger Oberlandesgericht das Berechnungsverfahren abgesegnet. Die Prüfer sollen stichprobenartig kontrollieren, ob sich der Wolfsburger Konzern auch daran hält. Für den Streitfall stehen Ombudsleute als Schlichter bereit. Allerdings betont VW, dass die Höhe des Angebots nicht verhandelbar sei.
Jahn ist mit dem Ergebnis zufrieden. „Wir haben für die Kunden eine Wahlfreiheit erreicht“, stellt er fest. Wer das Angebot ablehnt, kann auf den 5. Mai hoffen. An diesem Tag entscheidet der Bundesgerichtshof vermutlich, ob ein Schadenersatzanspruch für alle VW-Kunden dieses Motortyps besteht und ob vom Kaufpreis dabei eine Nutzungsgebühr abgezogen werden muss. Etliche Gerichte haben mittlerweile Klagen im Sinne der Verbraucher entschieden. Mit dem höchstrichterlichen Votum kann die Rechtsdurchsetzung womöglich leichter werden und für den Einzelnen mehr Geld herausspringen. Sicher ist das jedoch nicht. Die Dieselbesitzer haben ein halbes Jahr Zeit für eine Einzelklage. Danach sind alle Ansprüche verjährt.