Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der Dreijährige und das Coronavirus
Lean bekam als Säugling eine Leber transplantiert - Seine Familie lebt jetzt in Quarantäne
ALTHEIM - Lean ist ein kleiner quirliger Junge, der gerne im Garten tobt, mit der Katze spielt und sich mit seinem größeren Bruder streitet. Auf den ersten Blick wohnt in Altheim eine ganz normale Familie, für die die Corona-Pandemie mit Kindern überstanden werden muss. Allerdings kommt für die vierköpfige Familie die Sorge um ihren Dreijährigen dazu. Denn Lean entwickelte in den ersten Wochen seines Lebens einen Leberschaden. Er war erst fünf Monate alt, als ihm ein neues Organ transplantiert werden musste. Weil sein Immunsystem durch die vielen Medikamente sehr schwach ist, ist er ein Hochrisikopatient. Für die ganze Familie bedeutet das Quarantäne, damit dem Kleinen nichts passiert.
Im Januar 2017 kam Lean zur Welt – auf den ersten Blick schien alles in Ordnung. Mit sechs Wochen sei es dann losgegangen, erzählt Mama Karin. Der Kleine sei immer gelber geworden. Nach einigen Arztbesuchen stand fest, dass seine Leberwerte katastrophal waren und er unter der seltenen Krankheit GallengangAtresie litt. Dabei verschließen sich die Gallenwege. Die Gallensäure zerstört die Leber. Diese Krankheit sei noch nicht richtig erforscht, so Mama Karin.
Auch wenn sich der Kleine von der OP gut erholt hat und mit seinen drei Jahren ein umtriebiger Junge ist, gibt es in seinem Leben ein paar Besonderheiten. Alle zwölf Stunden muss er seine Medikamente nehmen, damit er die neue Leber nicht abstößt. Die Familie versucht einen möglichst normalen Alltag mit ihren beiden Jungs zu leben, mit Rücksicht auf Leans schwaches Immunsystem. „Wenn jemand krank ist, gehen wir drei Tage nicht hin“, erklärt seine
Mama.
Momentan bedeutet das für die Familie Quarantäne, denn das Coronavirus könnte für Lean lebensgefährlich sein. Ihr Arzt hat der Familie empfohlen, sich abzuschotten und keinen Kontakt zur Außenwelt zu haben. Oma und Opa, die sonst auch ins Familienleben eingebunden sind, fallen als Babysitter aus. Der Papa arbeitet im Home-Office und Mama ist wegen einer Bein-OP momentan noch krankgeschrieben. Allerdings arbeitet sie als Erzieherin und müsste eventuell als Notfallversorgung anderer Kinder demnächst wieder arbeiten gehen. Wie das funktionieren soll, kann sie sich noch gar nicht vorstellen.
Für ihre Quarantäne hat die Familie ein bisschen Vorrat angelegt. Auch bei Leans lebenswichtigen Medikamenten. Und die Nachbarn helfen. Wer einkaufen geht, fragt bei der Familie nach, ob sie etwas brauchen. „Das funktioniert prima“, sagt die Altheimerin.
Allerdings ist die Zeit zu Hause – wie für viele Familien momentan – eine ziemliche Belastungsprobe. Oma und Opa dürfen nicht auf Besuch kommen. Mama und Papa sind im Dauereinsatz, um die Kinder zu bespaßen. Das bedeutet, kreativ zu sein. Erst neulich hat die Familie die Pommes fürs Mittagessen von Hand geschnippelt. Da waren alle eine Weile beschäftigt. Da ist es dann wieder wie in einer ganz normalen Familie. „Aber wir sind erst am Anfang der Krise“, mutmaßt Karin. „Das wird noch ganz schön zäh.“