Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Diese Auswirkungen hat Corona auf die Kammern
Welche Rolle IHK und Handwerkskammer für finanzielle Soforthilfen für Unternehmen im Landkreis Biberach spielen
LANDKREIS BIBERACH - Für viele kleinere und mittelgroße Betriebe ist es ein kleiner Lichtblick. Die Soforthilfen, die das Land wegen der Corona-Krise in Aussicht stellt. Geprüft werden die Anträge der Firmen im Landkreis Biberach von der Industrieund Handelskammer (IHK) Ulm und der Handwerkskammer Ulm. Dort schlagen die
Firmen auch mit vielen Fragen auf.
Seit Mittwochabend können Betriebe mit einer
Größe von bis zu
50 Mitarbeitern eine Soforthilfe des Landes Baden-Württemberg beantragen. „Voraussetzung ist, dass das Unternehmen Engpässe wegen Corona nachweisen kann“, sagt Max-Martin Deinhard. Er ist Hauptgeschäftsführer der IHK Ulm. Dabei übernehmen sowohl IHK als auch die Handwerkskammer die Prüfung der Anträge. „Wir schulen gerade noch 40 Mitarbeiter dafür“, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK am Dienstag im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Besonderheit: Die IHK übernehme auch die Prüfung für freie Berufe, die nicht in der IHK Mitglied sind. Etwa Pflegeberufe oder Architekten. Je nach Unternehmensgröße erhalten betroffene Betriebe insgesamt zwischen 9000 bis 30 000 Euro für drei Monate. Diese Zuschüsse müssten von den Unternehmen nicht zurückgezahlt werden, sagt Deinhard.
Die jetzige Maßnahme sei zwar „ein Eimer Wasser auf den heißen Stein“, sagt Deinhard. Aber es sei ein Anfang. „Das ist ein ganz unglaublich wichtiger Baustein“, sagt er. „Wir sind höchst dankbar für die Mittel. Die Regierung hat die Not der Betriebe erkannt.“
Denn die Corona-Krise treffe die Unternehmen im Landkreis hart. Besonders schwer sei die Situation für kleine und Kleinstbetriebe sowie für den Handel, die Gastronomie, Logistik oder Touristik. „Das ist eine sehr, sehr ernste Krise“, sagt Deinhard. Betroffen seien zwar auch große Firmen. „Es sind aber die kleinen Betriebe, die nicht lange ohne Einnahmen durchhalten können. Kleine Betriebe haben einen kürzeren Atem.“
Das bestätigt Tobias Mehlich. Er ist Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm. Es seien Betriebe über die verschiedenen Gewerke hinweg betroffen. „Viele Handwerksbetriebe sorgen sich um die Fortführung und Zukunft ihres Betriebs“, sagt er. Im Gebiet der Handwerkskammer Ulm seien die Auftragsbücher zuletzt durchweg voll gewesen.
„Jetzt brechen Umsätze ein und Aufträge werden in einem bislang noch nie dagewesenen Ausmaß storniert.“Das gehe massiv an die Substanz der Handwerksbetriebe. In ihrer Not wenden sich die Betriebe an ihre Kammern: Laut Mehlich haben sie in der Corona-Krise arbeitsrechtliche Fragen, melden sich wegen Liquiditätsproblemen, abnehmenden Aufträge sowie wegen Anträgen auf Kurzarbeit oder Betriebsschließungen. Mehlich sagt: „Wenn die Einnahmen weiter ausbleiben und die Kosten weiterlaufen, drohen Liquiditätsengpass und Insolvenz.“Deshalb sei es wichtig, dass Handwerksbetriebe rasch und unbürokratisch Liquiditätshilfen erhalten, damit sie zahlungsfähig und der Wirtschafts- und Geldverkehr aktiv bleibe. Dafür sei es auch wichtig, Kurzarbeitergeld zu ermöglichen, damit die Betriebe ihre Beschäftigten halten können. „Schließlich müssen Handwerker in den kommenden Wochen auch maßgeblich dazu beitragen, die Grundversorgung unserer Region aufrechtzuerhalten“, sagt er. Egal ob als Bäcker, Metzger oder Elektriker.
Bei der IHK melden sich Unternehmen laut Deinhard vor allem wegen drei Themenbereichen. Erstens: „Wie komme ich an Geld?“, also Liquiditätssicherung. Zweitens: „Wie kann ich die Situation abfedern?“, also Kurzarbeit. Drittens: Fragen zu Steuern und Insolvenzen. „Primär ist es aber der Bereich Liquidität“, sagt der Hauptgeschäftsführer der IHK Ulm.
Diese Fragen beantwortet die Kammer ihren Mitgliedern telefonisch. „Alles, was an Mitarbeitern da ist, sitzt am Telefon“, erklärt Deinhard. Denn die Lage ist in vielen Betrieben angespannt: „Die Ängste sind da. Es gibt Leute, die weinen am Telefon.“Die Verzweiflung der Betriebe sei verständlich. Viele hätten derzeit keine Einnahmen und dennoch laufende Kosten. Betroffen sei etwa der Handel, sagt Deinhard. Der habe bereits seine Sommerware eingekauft und bekomme sie jetzt nicht los. „Darum versuchen wir für die Betriebe da und ansprechbar zu sein“, sagt Deinhard. Ob alle Betriebe durchkommen, müsse man abwarten, sagt Deinhard. „Wir fahren auf Sicht.“Wichtig sei es jetzt, die Krise möglichst schnell hinter sich zu bringen.
Auch die Handwerkskammer hat wegen der Corona-Krise eine Hotline eingerichtet. „Wir stehen in dieser schwierigen Zeit ganz nah und jederzeit erreichbar an der Seite unserer Betriebe“, sagt Mehlich. Die Handwerkskammer wolle unterstützen und begleiten, auch bei der Soforthilfe des Landes. „Wir betreuen jeden Tag mehr als 500 Betriebe am Telefon. Wir haben mehr zu tun als außerhalb der Krise“, sagt der Hauptgeschäftsführer.
G