Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Es schäumt nicht mehr
Regionale Brauereien leiden unter dem Stillstand – Steigt der Konsum von Flaschenbier?
ZWIEFALTEN/ZWIEFALTENDORF Wer denkt nicht gerne ans letzte Fest mit frischem Fassbier zurück oder den geselligen Abend mit Freunden bei einem Hellen in der Kneipe nebenan. Das gehört vorerst der Vergangenheit an: Gaststätten, Vereine, Hochzeiten und Feste sind im Angesicht von Covid-19 tabu. Und was bislang des einen freudvolle Freizeit war, bedeutete für andere der Lebensunterhalt.
Brauereien und Getränkehändler leiden besonders unter dem Stillstand des öffentlichen Lebens, denn dort wo Menschen zusammenkommen und miteinander anstoßen, da stellen insbesondere lokale Brauer und Händler Getränke bereit. „Das Festgeschäft macht zwei Drittel unserer Verkäufe aus. Jetzt sind die Umsätze der vergangenen 14 Tage um etwa 70 Prozent zurückgegangen“, berichtet Josef Kuppler, Inhaber des gleichnamigen Getränkehandels in Daugendorf. „Keiner kommt auf die Idee, zu Hause drei Bier zu trinken, so als wäre er auf einem Fest oder in einer Kneipe.“Daher reduziere sich aus seiner Sicht der Konsum derzeit auf Mineralwasser.
Einen wahren Appell hingegen wagt der Geschäftsführer der Brauerei Zwiefalter Klosterbräu, Peter Baader. „Wir setzen auf Menschen, die sich mit ihren Freunden zu LiveChats
im Internet verabreden und dabei zu Hause Bier trinken.“Denn das Einzige, was den sinkenden Bierabsatz derzeit aufhalten könne, sei das Flaschenbier. Das lasse sich hygienisch im eigenen Wohnzimmer trinken. Und insbesondere regional hergestellte Ware könne man gut im lokalen Getränke-Einzelhandel rund um Zwiefalten anbieten. Jetzt sei, meint Baader, die Stunde des regional hergestellten Bieres. Nichtsdestotrotz ist in seiner Brauerei keine
Euphorie angesagt: „Die Fassbierquote ist um 35 Prozent gesunken und wir brauen derzeit nicht die Mengen, die wir normalerweise produzieren.“Auch er spüre die Absatzkrise wegen des abnehmenden Konsums an Theken und Tischen der Gaststätten und Vereine. Fehlendes Vereinsleben, geschlossene Kantinen mit ihren Automaten für Softdrinks, aber auch kleine und große Feste reißen Löcher in die Kassen der Brauerei in Zwiefalten. Dort musste jetzt sogar Kurzarbeit angemeldet werden. „Wir hoffen, dass wir mit zwei blauen Augen davonkommen“, meint Baader.
Ähnliches erlebt die Brauerei „Blank’s Bräu“in Zwiefaltendorf. Thomas Blank, Chef des kleinen Unternehmens, zu dem auch ein Gaststättenbetrieb gehört, setzt vorerst auf das Prinzip Hoffnung. „Eben ist jemand auf unseren Hof gefahren und hat eine Kiste Bier gekauft. Nun hoffe ich, dass bei uns mehr Flaschenbier gekauft wird. In solchen Zeiten braucht man doch ab und zu ein Bier zu Hause.“
Dennoch macht er sich keine Illusionen: Seine Gaststätte ist geschlossen. Diese sei ein wichtiges Standbein für seinen Vertrieb. Die Gäste, die sonst kommen, speisen nicht nur, sondern trinken sein Fassbier und erwerben manchmal auch noch einen Kasten Bier. Ob er 1000 Hektoliter Bier, die er jährlich produziert, auch dieses Jahr verkauft, das steht freilich in den Sternen. Händler versuchten, unangezapfte Fässer wieder zurückzugeben, weil unter anderem Feste abgesagt wurden. Ausreichend Rohstoffe wie Hopfen und Malz auf Lager habe Blank allerdings. „In der Brauerei habe ich zwei Angestellte. Deren Gehälter kann ich hoffentlich mit dem Verkauf von Flaschenbier zahlen. In der Gaststätte ist das schwieriger. Vor allem, wenn der Stillstand monatelang andauert.“