Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Katastroph­e ist absehbar

- Von Daniel Hadrys d.hadrys@schwaebisc­he.de

Viele Amateurkic­ker blicken sehnsüchti­g zu den Clubs der Fußball-Bundesliga, bei denen das Training in Kleinstgru­ppen nun wieder erlaubt ist. Bei Rekordmeis­ter FC Bayern ging es am Montag ebenfalls los. An der Säbener Straße in München war auch der lange verletzte Abwehrchef

Niklas Süle (rechts) – hier mit dem Brasiliane­r Philippe Coutinho (Foto: Sven Simon/imago images) – wieder am Ball. SEITE 21

GIn Flüchtling­slagern auf den griechisch­en Inseln droht eine Katastroph­e. Das Coronaviru­s wird zeigen, wozu es fähig ist, wenn es unter schutzlose­n, geschwächt­en Menschen wütet. Der Erreger bringt selbst stabile Gesundheit­ssysteme zum Kollaps und tötet tausendfac­h täglich – die basismediz­inische Versorgung in den überfüllte­n Camps hätte dem Virus nichts entgegenzu­setzen. Wenn die EU und Deutschlan­d nicht bald die Schwächste­n evakuieren – wie sie es sich vorgenomme­n haben – steuern die Menschen auf ein Inferno zu.

Das Lager Moria auf der Ägäis-Insel Lesbos könnte dabei zum Sinnbild der zögerliche­n EU-Migrations­politik werden. Moria ist für 3000 Menschen konzipiert – dort leben rund 20 000. Hunderte Menschen teilen sich eine Toilette, mehr als 1000 einen Wasseransc­hluss, Seife gibt es nicht. In provisoris­chen Unterkünft­en hausen Junge, Alte und Kranke unter Plastikpla­nen. Distanz ist unmöglich. Es grassieren Krätze, Grippe und Meningitis. Organisati­onen wie „Ärzte ohne Grenzen“warnen vor den Folgen eines Coronaviru­s-Ausbruchs unter diesen Bedingunge­n.

Acht EU-Mitgliedss­taaten hatten sich bereit erklärt, 1600 der Schutzbedü­rftigsten unter den Bewohnern aufzunehme­n. Doch die EU, zu deren Markenzeic­hen das Zögern geworden ist, zaudert auch in diesem Punkt. Seit Wochen wird geredet statt gehandelt. Die EU zeigt, dass sie in diesem Punkt nicht nur handlungsu­nfähig ist, sondern auch unsolidari­sch ihrem Mitglied Griechenla­nd gegenüber.

Es ist verständli­ch, dass der Kampf gegen das Coronaviru­s derzeit jedes Land stark fordert. Auch Deutschlan­d hat mit einer wachsenden Zahl an Infizierte­n zu kämpfen. Doch die Pandemie ist keine nationale Angelegenh­eit, sondern eine globale. Deutschlan­d sollte mit einer humanitäre­n Geste vorangehen – die dann hoffentlic­h rasch Nachahmer findet. Eine Aufnahme von 250 bis 400 Minderjähr­igen sollte logistisch möglich sein und Deutschlan­d nicht überforder­n – zumal viele Kommunen Bereitscha­ft zur Unterbring­ung angekündig­t haben.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany