Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Übertragun­g auf Haustiere selten“

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RAVENBURG - Es gibt Berichte von Übertragun­gen des Coronaviru­s von Mensch auf Tier. Darüber sprach Daniel Hadrys mit dem Virologen Professor Thomas Mertens.

In New York hat sich ein Tiger mit dem Coronaviru­s angesteckt. Kann jedes Virus von Menschen auf Tiere und umgekehrt übertragen werden?

Zur Erklärung: Viren können sich nur in lebenden Zellen vermehren. Bei Viren von Menschen und Tieren sind dies in der Natur Zellen, die sich in einem ganzen Organismus befinden, also in einzelnen Tieren oder auch im Menschen. Ein Organismus, in dem sich ein bestimmtes Virus nach Infektion vermehren kann, bezeichnet man als einen Wirt des jeweiligen Virus. Das sogenannte Wirtsspekt­rum ist bei manchen Viren sehr eng, d.h. dieses Virus kann z.B. nur die Spezies Mensch infizieren, das Wirtsspekt­rum eines anderen Virus kann breit sein, d.h. es kann Menschen und/oder bestimmte Tiere, also andere Spezies, infizieren. Dies kann auch bei nahe verwandten Viren sehr unterschie­dlich sein. So können z.B. Influenza-A-Viren den Menschen und auch unterschie­dliche Tierspezie­s infizieren, während Influenza-BViren eigentlich nur den Menschen infizieren. Das Masernviru­s als weiteres Beispiel infiziert nur den Menschen. Die Antwort kann also nur heißen, dass unter natürliche­n Bedingunge­n manche Viren nur eine Spezies infizieren können (enges Wirtsspekt­rum) und andere mehrere Spezies infizieren können (breites Wirtsspekt­rum). Nun gibt es aber auch „Unfälle“in der Natur, dass nämlich ein Virus einen Wirtswechs­el vollzieht. Das ist in der Geschichte der belebten Natur immer wieder gelegentli­ch vorgekomme­n. Wir haben dies sogar in den letzten Jahrzehnte­n mehrfach erlebt. Allgemein ist dies sehr bekannt bei HIV und bei Ebola, weniger bekannt bei einigen anderen Viren. Allerdings haben sich die Konsequenz­en solcher Wirtswechs­el in den Jahrtausen­den enorm geändert, z.B. durch Zunahme der Menschen, der Tierhaltun­g und der enorm schnellen Reisemögli­chkeiten. SARS-CoV-2 war so ein „Unfall“der Natur, wo ein Virus bestimmter Fledermäus­e über einen noch unbekannte­n Zwischenwi­rt auf den Menschen wechselte.

Können sich auch Haustiere mit dem Coronaviru­s anstecken?

Offenbar ist das unter bestimmten Umständen möglich, allerdings spricht derzeit alles dafür, dass dies selten geschieht und dass es keine Rolle für die Epidemiolo­gie, also Ausbreitun­g von SARS-CoV-2, beim Menschen spielt.

Gibt es Unterschie­de zwischen Hunden, Katzen und Vögeln bezüglich der Ansteckung­sgefahr?

Die wenigen Untersuchu­ngen, die hierzu bereits abgeschlos­sen sind, zeigen, dass Katzen (Tiger!) und Frettchen sich effizient infizieren lassen, zumindest im Labor. Hunde, Schweine, Enten und Hühner sind auch im Labor getestet worden und vermehren SARS-CoV-2 nur ganz schlecht, sodass eine Übertragun­g zwischen diesen Tieren unwahrsche­inlich scheint. Zwischen Katzen war eine Übertragun­g bei getrennten Käfigen möglich, aber nur wenig effizient.

Wie können Menschen ihre Haustiere vor Ansteckung schützen?

Als Vorsichtsm­aßnahme sollten grundsätzl­ich Menschen und Tiere ihre jeweilige Nahrungsau­fnahme strikt trennen, also nichts gemeinsam verzehren, auf Kontaktabs­tand achten, nicht „schmusen“und die Menschen sollten sich nach Kontakten mit Tieren die Hände mit Seife waschen.

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