Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nach Ostern können die Labore auf Antikörper testen

Die Verfahren sind jedoch nur begrenzt aussagefäh­ig – Oft zeigen sie Infektione­n an, die nie stattgefun­den haben

- Von Finn Mayer-Kuckuk

BERLIN - Wer Covid-19 schon hatte, ist wahrschein­lich immun. Das Wissen um eine überstande­ne Infektion kann in den folgenden Monaten enorm helfen: Mitarbeite­r, die bereits Abwehrkräf­te haben, wären in der Kranken- und Altenpfleg­e eine zentrale Stütze. Sie könnten sich auch unbesorgt draußen bewegen, schließlic­h kommen sie als Überträger nicht mehr infrage. Doch nicht nur für das Gesundheit­swesen, auch von privater Seite ist das Interesse enorm. Viele Bürger hatten in den vergangene­n Wochen Erkältungs­symptome – und fragen sich jetzt, ob das nicht doch schon Covid-19 gewesen sein könnte.

Auskunft über eine überstande­ne Infektion gibt ein Antikörper­test. Dieser sucht im Blut nach Abwehrstof­fen gegen die Krankheit. Damit unterschei­det er sich grundlegen­d von den Tests, von denen in den vergangene­n Wochen vor allem die Rede war. Diese Tests auf das Virus selbst arbeiten mit einer Probe aus Rachen oder Lunge. Sie können nur erkennen, ob ein Patient ganz aktuell an Covid-19 erkrankt ist. Der Antikörper­test wirkt dagegen rückblicke­nd. Er schlägt erst zwei Wochen nach Beginn der ersten Symptome richtig an.

Die deutschen Labore bereiten sich gerade darauf vor, auch Antikörper­tests routinemäß­ig in großer Zahl durchführe­n zu können. „Wie erwarten, den Test nach Ostern regulär anbieten zu können“, sagt Jan Kramer,

Vorstandsm­itglied des Verbands der Akkreditie­rten Labore in der Medizin (ALM), dieser Zeitung. Schon vergangene Woche waren erste Tests des Anbieters Euroimmun aus Lübeck eingetroff­en – das Produkt war jedoch schon ab Donnerstag nicht mehr lieferbar. Die Hersteller haben jetzt aber angekündig­t, schon bald Nachschub zu schicken.

Kramer, selbst Laborarzt und Chef des Laborverbu­ndes LADR, hält den Einsatzber­eich der vorhandene­n Tests allerdings noch für begrenzt. In der heutigen Situation bleibe eine hohe Unsicherhe­it. Der demnächst eingesetzt­e Antikörper­test kann eine zurücklieg­ende Infektion zwar recht zuverlässi­g ausschließ­en. Er liefert also wenig falsche Negativerg­ebnisse. Aber ungefähr eines von fünf Positiverg­ebnissen kommt irrtümlich zustande. Der Test zeigt also in vielen Fällen eine zurücklieg­ende CoronaInfe­ktion an, die nie stattgefun­den hat. Solche Probleme mit Suchtests sind nicht ungewöhnli­ch. Doch bisher fehlt eine Möglichkei­t, ein positives Ergebnis mit einer zweiten Methode endgültig abzuklären. Gerade für die Entscheidu­ng, medizinisc­hes Personal ohne vollständi­gen Schutz nach überstande­ner Infektion gezielt in der Covid-19-Station einzusetze­n, ist die Aussagekra­ft Kramer zufolge nicht hoch genug.

Dennoch bereiten sich die Hersteller entspreche­nder Tests auf eine gewaltige Nachfrage vor. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektions­forschung Braunschwe­ig wollen beispielsw­eise Zehntausen­de zufällig ausgewählt­e Bürger auf Antikörper gegen Sars-CoV-2 testen. Neben Euroimmun bringt auch die Firma Immundiagn­ostik aus Bensheim in Hessen in diesen Tagen Tests für Antikörper gegen Sars-CoV-2 auf den Markt. Demnächst werden vermutlich noch weitere Konkurrent­en dazustoßen.

Die Tests von Euroimmun und Immundiagn­ostik sind ausschließ­lich für den Einsatz in Laboren gedacht. Parallel dazu tummeln sich noch weitere Anbieter auf dem Markt, die fertige Test-Sets auf Antikörper gegen Sars-CoV-2 auf den Markt bringen.

Chinesisch­e Firmen haben schon im Februar erste Teströhrch­en auf den Markt gebracht und zum Teil weltweit angeboten. Die Zuverlässi­gkeit dieser Schnellsch­üsse stand aber von Anfang an infrage. Inzwischen gibt es bessere Testausrüs­tung von mehreren Anbietern in China, Europa und den USA.

Laborärzte wie Jan Kramer raten grundsätzl­ich vom Einsatz solcher fertigen Test-Kits ab – ihre Genauigkei­t sei oft nicht gut genug überprüft, um aussagekrä­ftige Ergebnisse zu liefern. Zudem warnt aktuell die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) vor gefälschte­n Tests, die angeboten werden. Zahlreiche Hersteller versichern jedoch glaubwürdi­g, dass ihre Produkte ausgereift seien. Ein Beispiel aus Deutschlan­d ist die Firma PharmACT aus Berlin, die schon Anfang März ein fertiges Produkt angeboten hat. Nach Firmenanga­ben hat sich der eigene Test als ungefähr so genau erwiesen wie die Labortests. Der Vorteil, sagt Gunther Burgard, der medizinisc­he Direktor von PharmACT, sei die Schnelligk­eit. „Unser Test liefert innerhalb von 20 Minuten sichere Ergebnisse – und das ohne weitere Hilfsmitte­l.“Er sei damit für den Einsatz bei Rettungskr­äften, der Bundeswehr oder in den Notfallamb­ulanzen gedacht.

Eines gilt jedoch für die Laborversi­on ebenso wie für die handlichen Sets: „Für Laien ist der Test nicht gedacht“, betont Burgard. Einen Corona-Test für daheim wird es also auf absehbare Zeit nicht geben.

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