Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Erinnerung holt frühere Bewohner des Piusheims ein
BAIERN/MÜNCHEN (dpa) - Nach Bekanntwerden massiver Missbrauchsvorwürfe gegen das ehemalige katholische Piusheim in Baiern bei München melden sich immer mehr Betroffene zu Wort. „Es haben sich beim ,Eckigen Tisch‘ bis jetzt sieben Betroffene und Zeitzeugen gemeldet, offenbar aufgewühlt von der Nennung der Einrichtung kam die Erinnerung wieder“, sagte der Sprecher der Opfer-Initiative, Matthias Katsch. „Nach den Schilderungen, die mich erreichen, war das eine höllische Einrichtung.“
Die Vorwürfe gegen das ehemalige Heim, in dem bis 2006 schwer erziehbare Jungen im Alter zwischen sechs und 18 Jahren betreut wurden, waren am Sonntag öffentlich geworden. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft München II Vorermittlungen eingeleitet, nachdem ein heute 56 Jahre alter Mann, der selbst wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht steht, berichtet hatte, er sei in seiner Zeit im Piusheim von mehreren Männern missbraucht worden. Er sprach auch von Prostitution. Das Erzbistum München und Freising wusste von neun Verdachtsfällen wegen Gewalt oder sexuellen Missbrauchs in der Einrichtung, von denen aber nur einer in die sogenannte MHG-Studie zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs aufgenommen worden ist.
Katsch forderte das Erzbistum auf, den Vorwürfen nachzugehen und sich vor allem um die mutmaßlichen Opfer zu kümmern: „Wir hoffen jetzt auf die baldige Einsetzung einer Untersuchungskommission.“Ein Sprecher des Bistums betonte, ehemalige Bewohner und mutmaßliche Opfer sollten sich an die zwei Missbrauchsbeauftragten des Bistums wenden.