Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Weniger Straftaten im Kreis Biberach
Mit dieser positiven Entwicklung bildet der Landkreis die Ausnahme im Polizeipräsidium Ulm
ULM/BIBERACH (sz) - Zehn Prozent mehr Straftaten im Bereich des Polizeipräsidiums Ulm (PP) hat die polizeiliche Kriminalstatistik für 2019 im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Derweil sank die Gesamtzahl der Straftaten im Landkreis Biberach von 6836 auf 6725, also um immerhin 1,6 Prozent.
Ursächlich für den Anstieg im PP ist in erster Linie die stark angestiegene Zahl von Betrügereien am Telefon und von Rauschgiftdelikten. Derweil ist der Rückgang im Kreis Biberach vor allem auf die positive Entwicklung im Bereich Sachbeschädigungen zurückzuführen
Insgesamt 40 207 Straftaten sind in der Statistik für 2019 im Bereich des PP, also im Stadtkreis Ulm (10 686) und im Alb-Donau-Kreis (6114) sowie in den Landkreisen Biberach (6725), Göppingen (10 806) und Heidenheim (5876), registriert. Das sind 3692 Straftaten mehr als noch im Jahr zuvor. Damit liegt die Zahl der Straftaten im Zehnjahresvergleich allerdings noch unter dem Höchstwert des Jahres 2015: Damals wurden 40 932 Straftaten verzeichnet. Die Kriminalitätsbelastung der Region liegt aber deutlich unter der durchschnittlichen Belastung des Landes: Ausgedrückt wird diese Belastung durch das Verhältnis der Straftaten je 100 000 Einwohner. Im Bereich des Polizeipräsidiums Ulm liegt diese Belastungszahl bei 4409 Straftaten. Im Landesschnitt liegt diese Belastung mit 5184 um fast ein Fünftel höher. „Trotz der angestiegenen Fallzahlen lebt es sich in der Region sicher“, bekräftigt Polizeipräsident Bernhard Weber.
Fast die Hälfte der hinzugekommenen 3692 Straftaten sind im Versuchsstadium stecken geblieben (1543 Tatversuche mehr als 2018, +42 Prozent). Die Zahl der betrügerischen Anrufe bei vor allem betagteren Mitbürgern durch falsche Polizeibeamte oder sogenannte Enkeltricktäter stieg von 578 auf 1974 Fälle. Im Landkreis Biberach registrierte die Polizei einen Anstieg von 114 auf 238 gegenüber dem Vorjahr. Da die potenziellen Tatopfer nicht zuletzt durch die intensiven Aufklärungsmaßnahmen der Polizei die Betrügereien am Telefon in den allermeisten Fällen schnell erkennen, bleiben die Täter erfolglos.
In 29 Fällen gelang es den Betrügern allerdings, die Angerufenen zu täuschen. Sie ergaunerten dadurch rund 1,7 Millionen Euro. „Die Täter bringen die Senioren in diesen Fällen auf sehr subtile Art und Weise vielfach um ihre gesamte Habe, um ihre Lebensleistung“, sagt Weber. Dabei seien die Ermittlungen äußerst schwierig, da die Drahtzieher ausschließlich aus dem Ausland agierten. Um dem Phänomen Einhalt zu gebieten, hat die Polizei eine Ermittlungsgruppe gebildet, die in 15 Fällen auch Verdächtige ermittelte und festnahm.
Rauschgiftdelikte: Auch hier gibt es im PP einen starken Anstieg von 2683 auf 3158 Fälle. Das sei auf die intensivierten Kontrollund Ermittlungsmaßnahmen der Polizei zurückzuführen, die das Polizeipräsidium im vergangenen Jahr angekündigt hatte. Dadurch konnte das sogenannte Dunkelfeld in diesem Deliktsbereich aufgehellt werden. Dass auch bei den schwierig zu ermittelnden Handelsdelikten ein Anstieg um 17 Prozent (+80 Fälle) auf jetzt 563 Delikte registriert werden konnte, wertet das PP als besonderen Erfolg in der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität. Im Kreis Biberach fiel der Anstieg bei den Rauschgiftdelikten mit knapp zehn Prozent (von 571 auf 626) geringer aus.
Zugenommen haben auch die Fälle von was überwiegend auf intensivere Kontrollen im öffentlichen Nahverkehr durch die Verkehrsunternehmen zurückzuführen sei. Diese Zahlen stiegen von 1434 Fällen auf 2025 Fälle (+41 Prozent).
Nach einem deutlichen Rückgang der Fälle von
im Vorjahr stieg diese Zahl 2019 jetzt wieder an, blieb aber mit 2074 Fällen unter dem Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre. Weitere Zunahmen verzeichnet die polizeiliche Kriminalstatistik bei den (1874 Fälle, +8 Prozent) und bei den
insgesamt (4406 Fälle, +6 Prozent). Bei den Sachbeschädigungen fällt dagegen im Landkreis Biberach ein deutlicher Rückgang auf, und zwar um ein Viertel von 966 auf 726.
Rohheitsdelikte: Die Zahl der Rohheitsdelikte (Raubstraftaten, Körperverletzungen und Straftaten gegen die persönliche Freiheit) stieg 2019 gegenüber dem Vorjahr um 230 auf 5849 Fälle und hat damit den höchsten Wert der vergangenen Dekade erreicht. Innerhalb dieser Delikte beobachtet die Polizei einen Rückgang der gefährlichen und schweren Körperverletzungen um 48 auf jetzt 909 Fälle, während die Zahl der einfachen Körperverletzungen um 168 auf 3280 Fälle anstieg. Auch die Zahl der Bedrohungen stieg deutlich an: um 49 auf 717 Fälle. Leicht rückläufig ist dagegen die Zahl der Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte: sie sank um 20 auf 271 Fälle. Die Zahl bewegt sich dennoch auf dem zweithöchsten Wert der vergangenen fünf Jahre.
„Mehr Rohheit, mehr Beleidigungen, mehr Sachbeschädigungen, das ist eine bedenkliche Entwicklung, der wir, die Polizei, uns entschieden entgegenstellen müssen, aber auch die gesamte Gesellschaft“, so Polizeipräsident Weber. Gewalt, in welcher Form auch immer, dürfe kein probates Mittel zur Problemlösung werden. Schon der Verrohung der Sprache, die sich insbesondere auch im Internet zeige, sei vehement entgegenzuwirken. Die Polizei habe im Februar
Schwarzfahren, Beleidigungen Sachbeschädigungen Waren- und Warenkreditbetrug
zum Safer Internet Day mit ihrer Aktion gegen Hass im Netz dafür geworben, dass jeder sich diesem Hass entgegenstellen kann und soll (www.zivile-helden.de/hass-imnetz). Im Kreis Biberach sank die Anzahl der Rohheitsdelikte leicht von 1124 auf 1112.
Schwere Diebstähle: Rückgänge verzeichnet die Kriminalstatistik bei den schweren Diebstählen. Deren Zahl sank um zehn Prozent auf 3558 Fälle und damit den niedrigsten Stand der vergangenen zehn Jahre. Das sei insbesondere durch Rückgänge bei Einbrüchen in Firmen, Geschäfte, Keller und Fahrzeuge zurückzuführen (von 1628 auf 1210 Fälle). Die Zahl der Wohnungseinbrüche blieb mit 438 dagegen nahezu unverändert (+9 Fälle). „Der deutliche Rückgang der Wohnungseinbrüche seit 2015, als noch 895 Fälle und damit mehr als doppelt so viele wie 2019, registriert wurden, sei auch Abbild der intensiven Bemühungen der Polizei zur Eindämmung dieses Deliktfelds. „Mit einer Ermittlungsgruppe, intensivierter Spurensicherung, verstärkten Streifen und vielen Präventionsangeboten haben wir den Wohnungseinbrüchen den Kampf angesagt. Diesen werden wir weiterführen“, so Weber. Das sei auch dringend notwendig, erbeuteten doch die Täter im vergangenen Jahr bei den Einbrüchen Diebesgut im Wert von etwa einer Million Euro. Dazu komme der immaterielle Schaden. Im Landkreis Biberach sank die Zahl der schweren Diebstähle von 739 auf 543, während die Polizei mit 66 Wohnungseinbrüchen einen mehr verzeichnete als im Vorjahr. Die Zahl der einfachen Diebstähle ist mit 7109 Fälle (+16 Fälle) im Bereich des PP nahezu unverändert. Im Kreis Biberach sank die Zahl von 1201 auf 1131.
Mehr Straftaten aufgeklärt
24 557 Fälle insgesamt hat die Polizei 2019 aufgeklärt. Das sind knapp acht Prozent mehr als im Vorjahr (+1728 geklärte Fälle). Das entspricht einer Aufklärungsquote von 61,1 Prozent, die noch über dem Landeswert von 60,8 Prozent liegt. „Trotz einer Steigerung der Fallzahlen haben die Beschäftigten des Polizeipräsidiums Ulm es geschafft, diesen überdurchschnittlichen Wert zu halten. Angesichts der aktuellen Personalsituation ist das eine Leistung, die die hohe Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Sicherheit in der Region belegt“, ist Weber überzeugt.
Betrachtet man die ermittelten Tatverdächtigen genauer, so sei festzustellen, dass der Anteil nicht deutscher Tatverdächtiger weiter gesunken ist. Somit hat sich der Trend der vergangenen fünf Jahre fortgesetzt. Zuvor war der Anteil jahrelang stetig angestiegen. 2019 lag der Anteil bei 36,5 Prozent und damit 0,5 Prozentpunkte unter dem Anteil von 2018. Noch stärker sank der Anteil tatverdächtiger Asylbewerber und Flüchtlinge: um 1,6 Prozentpunkte auf jetzt 9,3 Prozent. Das ist ebenfalls der niedrigste Wert der vergangenen fünf Jahre. Der Anteil der Jungtäter dagegen blieb mit 23,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr unverändert. Auch der Anteil der Frauen unter allen ermittelten Tatverdächtigen veränderte sich im Vergleich zum Vorjahr kaum. Im Jahr 2018 lag er bei 22,6 Prozent. 2019 liegt der Anteil der weiblichen Tatverdächtigen bei 22,7 Prozent.
Straftaten gegen das Leben: Die Zahl der Straftaten gegen das Leben stieg 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 13 auf 45 Taten (+41 Prozent). 29 dieser Straftaten blieben im Versuch stecken. Vollendet wurden sieben Morde, ein Totschlag, sieben fahrlässige Tötungen und ein Schwangerschaftsabbruch. Mord und Totschlag wurden zu 100 Prozent aufgeklärt. Zu den 45 Taten wurden 78 Verdächtige ermittelt, darunter 45 Deutsche. Vier Tatverdächtige waren Asylbewerber.
Sexualdelikte: 704 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung registrierte die Statistik im Jahr 2019. Das sind 173 Straftaten mehr als noch im Vorjahr (+33 Prozent). Diese Zunahme resultiert aus der Verbreitung pornografischer Schriften (von 110 auf 220 Fälle) über das Internet und 88 mehr Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern auf 177 Fälle (+99 Prozent). Auch dabei handelt es sich zum großen Teil um Internetfälle, in denen Kindern pornografisches Material zugespielt wurde oder sexuelle Handlungen gefordert wurden. 90 Prozent der 704 Fälle wurden aufgeklärt. 129 Sexualdelikte wurden im öffentlichen Raum begangen, darunter 86 Fälle von Exhibitionismus oder sexueller Belästigung. Die Statistik registrierte neun Vergewaltigungen im öffentlichen Raum. Im Kreis Biberach stieg die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von 122 auf 138.
Mehr häusliche Gewalt: Die Zahl der Fälle von Gewalt zwischen Partnern, die in häuslicher Gemeinschaft leben, steigt seit Jahren an: Waren es 2015 noch 490 Fälle von häuslicher Gewalt, die der Polizei gemeldet wurden, so waren es 2019 insgesamt 808 Fälle. Dabei handelt es sich überwiegend um Körperverletzungen (642 Fälle), Bedrohungen (56 Fälle) sowie je zwölf Sexualdelikte und Fälle von Stalking. Tötungsdelikte wurden 2019 nicht registriert. Zur häuslichen Gewalt zählt dabei nicht nur die physische und psychische Einflussnahme in den eigenen vier Wänden. Auch ein solches Verhalten in der Öffentlichkeit gegen den eigenen Partner fällt in diesen Bereich. Zur Bekämpfung der Fälle beteiligt sich das PP an einem Pilotprojekt des Landes Baden-Württemberg. Dessen Kernstück ist eine Risikoanalyse nach wissenschaftlichen Standards, aber auch die Verbesserung der Zusammenarbeit aller Behörden, Organisationen und Institutionen, die sich mit dieser Thematik befassen. So sollen optimale Maßnahmenbündel geschnürt und die Risiken für die Opfer auf ein Mindestmaß reduziert werden. Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen.