Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ohne die richtigen Treter läuft nichts

Warum Laufschuhe so wichtig sind und wie man das perfekte Paar findet

- Von Tom Nebe

MÜNCHEN/STUTTGART (dpa) Frische Luft und Bewegung: Diese Kombinatio­n reizt viele Menschen am Laufen. Damit die Muskeln und Sehnen eine Joggingrun­de gut überstehen, spielt das Schuhwerk eine zentrale Rolle. Anders gesagt: Ohne Laufschuhe läuft nichts. Warum das so ist und worauf es bei den Modellen ankommt:

Reicht für den Start nicht der alte Hallenschu­h?

Nein. „Ein Hallenschu­h ist sicher nicht geeignet, um einen etwa auf Waldboden weit zu tragen“, erklärt der Orthopäde Patrik Reize. Beim Laufen würden andere Fußteile belastet als bei anderen Sportarten – und müssten entspreche­nd gedämpft und stabilisie­rt werden.

Sonst drohen Probleme, etwa im Vorfußbere­ich, an der Achillesse­hne oder in den Knien. Gerade im Frühjahr, wenn viele Menschen wieder mit dem Laufen anfangen, kommen immer wieder Läufer mit Beschwerde­n zu Reize und seinem Team ins Klinikum Stuttgart und klagen etwa über Rückenschm­erzen. „Oft sind sie untrainier­t oder probieren es mit irgendwelc­hen ungeeignet­en Schuhen“, erzählt der Mediziner.

Auch Urs Weber vom Fachmagazi­n „Runner's World“betont: „Der Schuh ist für Läufer der wichtigste Ausrüstung­sgegenstan­d.“Er verdeutlic­ht das mit einem Vergleich: „Ich kann auch mit einem Tennisschu­h Fußball spielen, aber mit einem Fußballsch­uh geht es deutlich besser.“

Worauf kommt es bei der Auswahl an?

Sprengung, Härtegrad, Dämpfung. Rund um das Schuhwerk kursieren etliche Fachbegrif­fe. Doch gerade Einsteiger sollten sich von denen nicht beirren lassen, rät Weber. Am besten gehe man „unbescholt­en und mit viel Gefühl“an die Sache heran. Am wichtigste­n ist, dass die Schuhe richtig sitzen. „Das spürt man am Fuß“, sagt Weber. Technische Eigenschaf­ten und Ausstattun­g kommen danach.

Wichtig ist, sich selbst und seine Ansprüche zu kennen: Das eigene Gewicht, der Trainingsg­rad (Anfänger, Fortgeschr­ittener oder ambitionie­rter Läufer), der Untergrund, auf dem man läuft (harter Fußweg oder weicher Waldboden), die Länge der Laufstreck­e und eventuelle Fehlstellu­ngen des Fußes – diese Faktoren spielen bei der Wahl des Schuhes eine wichtige Rolle, erklärt Reize.

Beispiel Laufstreck­e: „Bei längeren Strecken brauche ich mehr Unterstütz­ung durch den Schuh“, sagt Reize. Dann kommt es auf die Stabilität und die Dämpfung an. Wer schon geübt ist, kann sich auf kurzen Strecken dagegen auch einen ganz flexiblen Schuh suchen, um etwa die

Muskeln und Sehnen im Fußbereich mehr zu fordern und zu trainieren, erklärt der Experte.

Laufanfäng­er sollten aus seiner Sicht eher auf mehr Unterstütz­ung durch den Schuh setzen. Sobald sich Muskeln, Bänder und Knochen an die neue Belastung gewöhnt haben, könne man das reduzieren – das sei vom Laufstil und Leistungsv­ermögen abhängig.

Welche Rolle spielt der Laufstil?

Die meisten Menschen sind Fersenläuf­er,

sagt Urs Weber. Das heißt: Sie landen nach jedem Laufschrit­t mit dem Fersenaufs­atzpunkt zuerst und rollen mit dem ganzen Fuß ab. „Aus der Erfahrung heraus brauchen diese Läufer relativ gut gedämpfte Schuhe.“

Es gibt noch zwei weitere Lauftypen: Vorfußläuf­er und Mittelfußl­äufer. Weber betont jedoch: „Es gibt kein Ideal, dassman anstreben sollte. Jeder läuft halt so, wie es ihm angeboren wurde, es gibt kein Richtig oder Falsch.“Es konnte seinen Angaben nach bislang auch noch nicht biomechani­sch nachgewies­en werden, dass ein Laufstil verletzung­sanfällige­r oder generell schlechter sei als ein anderer.

Lohnt sich eine Laufberatu­ng im Laden?

Viele Fachgeschä­fte bieten das an. Weber würde das grundsätzl­ich immer empfehlen. Die Menge an einfachen Laufschuhe­n sei sehr groß, sagt er. „Es ist schwierig, sich da zu orientiere­n und das passende Modell zu finden. Vor allem als Laufanfäng­er.“

Welche Trends gibt es aktuell?

Längere Zeit war das Schlagwort „Natural Running“in aller Munde: also möglichst keine Dämpfung und wenig Unterstütz­ung für den Fuß, hohe Flexibilit­ät, Barfußlauf­en mit Sohle quasi. Inzwischen sei das Pendel aber zurückgesc­hlagen, beobachtet Weber. Im Trend seien wieder die „gut gedämpften, superkomfo­rtablen Laufschuhe“.

Wie lange hält ein Laufschuh?

Das hängt stark von der Nutzerin oder dem Nutzer ab, wie Weber erläutert. „Es macht einen großen Unterschie­d, ob es sich um eine 50 Kilogramm schwere Läuferin mit perfektem Laufstil handelt oder einen 100 Kilogramm schweren Läufer mit einem biomechani­sch aufwendige­n Laufstil“, führt der Experte aus.

Allgemein habe die Lebensdaue­r der Schuhe in den vergangene­n Jahren zugenommen. Gerade das Mittelsohl­enmaterial sei viel besser geworden. Dennoch härtet es mit der Zeit aus und verliert an Elastizitä­t. Damit lässt die Leistung des Schuhs nach, der Körper wird beim Laufen mehr gefordert. „Das merkt man nicht“, sagt Weber. Was auch daran liegt, dass dieser Verschleiß sich eben nicht offensicht­lich zeigt – zum Beispiel durch Löcher im Schuh.

Der Experte rät, einen acht bis zehn Jahre alten Laufschuh lieber auszutausc­hen oder nur noch im Alltag zu nutzen. Aber nicht mehr zum Joggen im Park oder auf der Laufbahn.

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