Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Karlsruher Insolvenzpläne
Der Club überlegt, sich mit einem Kniff zu sanieren
Ribérys Eckball kommt perfekt in die Mitte. Perfekt für Robben. Der Niederländer läuft kurz an und nimmt den Ball genau an der Strafraumkante volley. Der spät gestartete und jetzt heranfliegende Michael Carrick kann nicht verhindern, dass Robben aus 16 Metern einen Volltreffer landet. In einem vollendeten Bogen fliegt der Ball durch den Strafraum – unaufhaltsam in Richtung linkes unteres Eck. Am Ende schlägt er so genau neben dem Pfosten ein, dass selbst der schnell abtauchende Weltklassekeeper Edwin van der Saar chancenlos ist.
Robbens cooler Kommentar später: „Ein schöner Ball von Franck. Ich konnte abwarten und schießen.“Auf dem Feld fällt seine Reaktion deutlich euphorischer aus. Robben dreht ab, breitet die Arme aus und setzt eine
Siegermiene auf. Mitten im Laufen wird ihm vermutlich bewusst, was er da gerade angerichtet hat. Er kneift beide Augen zu und macht eine Handbewegung, als hätte er sich die Finger verbrannt. So heiß ist dieses Tor. Dann bleibt Robben stehen und wartet auf die Glückwünsche seiner Mitspieler. Die lassen sich nicht lange bitten.
Manchester ist danach so geschockt, dass es sich nahezu kampflos in sein Schicksal ergibt. Die Bayern ziehen dank der Auswärtstorregel ins Halbfinale ein, erledigen dort Olympique Lyon, um erst im Finale an Inter Mailand zu scheitern. Eine inoffizielle Trophäe war ihnen jedoch schon vorher sicher: Das schönste Tor dieser Champions-League-Saison fiel in der 74. Minute des Viertelfinal-Rückspiels in Manchester.
KARLSRUHE (SID) - Der Schnappschuss vor dem Stadion beschreibt die prekäre Lage des Karlsruher SC ganz gut. Dort auf dem weißen Schild, wo üblicherweise in blauen Lettern der nächste Gegner angekündigt wird, steht aktuell nämlich: nichts. „Kein Heimspiel in Sicht“, twitterte der KSC dazu – und begründete damit auch die Gedankenspiele der Verantwortlichen über eine Insolvenz in Eigenverantwortung.
„Diese Lösung klingt generell erstmal charmant, natürlich auch wegen der Ankündigung der Deutschen Fuß- ball Liga“, sagte KSC-Geschäftsführer Michael Becker. Die DFL hatte in der Vorwoche mitgeteilt, dass diese Saison wegen der Corona-Krise im Falle einer Insolvenz vom üblichen Abzug von neun Punkten abgesehen wird.
Der badische Traditionsclub könnte sich also ohne sportliche Folgen sanieren und im Falle des Klassenerhalts auch nächste Saison in der 2. Bundesliga spielen. Allerdings warnte Becker vor einer zu schnellen Entscheidung: „So ein Entschluss hinterlässt auch Geschädigte, der Verein würde zudem an Vertrauen verlieren.“
Vor diesem Hintergrund stehen den Beteiligten intensive Gespräche bevor, auf der Internetseite des KSC ist die Rede von einer Einbeziehung „aller Interessensgruppen“in den Prozess, also von: „Mitgliedern, Fans, Partnern, Investoren und Hauptgläubigern“. Vor allem Letztere müssten den Planungen zustimmen – was angesichts von kolportierten Verbindlichkeiten in zweistelliger Millionenhöhe ambitioniert sein dürfte.
Die hohen Verpflichtungen sind größtenteils Altlasten unter anderem aus den Jahren in der 3. Liga. Um die zu begleichen, hatte der Verein die Profimannschaft 2019 in eine GmbH und Co. KGaA ausgliedert und dann einen Aktienverkauf gestartet. „Dies klappt wegen der Krise aktuell aber nicht wie erhofft“, sagte Becker, der bereits vor wenigen Tagen ein düsteres Bild der KSC-Finanzen gezeichnet hatte.
„Vorausgesetzt die TV-Gelder kommen“, sagte der 35-Jährige, „sind wir nach aktueller Planung bis 30. Juni gut aufgestellt.“Allerdings weiß niemand, ob bald wieder gespielt werden kann. Und was wird geschehen, wenn wie von einigen Experten prophezeit der Ball erst 2021 wieder in vollen Stadien rollen wird? Die Zuschauereinnahmen des KSC haben wie bei einigen anderen Zweitligisten den Umfang von 20 Prozent des Etats oder eines Drittels der TV-Erlöse. Auf Dauer würde der langjährige Erstligist Spiele ohne Fans kaum stemmen können. „Es geht ja nicht nur um die nächsten zwei Monate, sondern auch um das nächste Jahr“, sagte Becker. Der Schritt in die Insolvenz ist deshalb wahrscheinlich.