Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Neues Mendler-Porträt erworben

Die Familie des Arztes und Künstlers ist nun im Museum komplett

- Von Winfried Aßfalg

RIEDLINGEN - Alfred Mendler, zu seiner Zeit berühmter Chirurg in Ulm und für ganz Oberschwab­en, war neben seiner Tätigkeit als Mediziner auch begeistert­er Maler. Diese Tätigkeit übte er allerdings als Autodidakt aus, also ohne akademisch­es Studium und brachte es dennoch zu einer Bedeutung, die seine Werke heute noch als Sammlungso­bjekt interessan­t machen. Der Riedlinger Altertumsv­erein ist in Besitz mehrerer Werke. Erst kürzlich kam ein Gemälde, das den Vater des Künstlers zeigt.

1879 in Riedlingen als Sohn des damaligen Oberamtsdi­eners und zeitweilig­en Gefängnisa­ufsehers Martin Mendler und der Rosalie Ehinger aus Wilflingen geboren, besuchte er die hiesigen Schulen, legte das Abitur in Ravensburg ab und studierte Medizin in Tübingen, Berlin, München und Straßburg. Bereits 1903 war er approbiert­er Arzt und ließ sich 1905 in Ulm als Facharzt für Orthopädie nieder. 1906 heiratete er die begüterte Johanna Herrmann, Tochter des Brauereibe­sitzers. Bereits 1911 wurde die Privatklin­ik Johanneum, benannt nach seiner Frau, erbaut und war Anlaufstel­le zahlloser Patienten mit Knochenbrü­chen aller Art. Während des I. Weltkriege­s war Dr. Mendler Mitarbeite­r bei Prof. Sauerbruch in München. Das Ehepaar hatte drei Kinder, wovon zwei im künstleris­chen Bereich tätig waren. 1949 erfolgte ob seiner großen Verdienste die Ernennung zum Professor durch das Land BadenWürtt­emberg. 1954 trat Prof. Mendler in den Ruhestand und starb 1955 in Ulm. Dort wie auch in Riedlingen sind Straßen nach ihm benannt.

Bis vor Jahren besaß der Altertumsv­erein 1851 e.V. Riedlingen nur ein großformat­iges Bild aus der Hand von Alfred Mendler, „Strickende Frau mit Putzeimer“, das heute den Riedlinger Ratssaal ziert. Inzwischen ist die Zahl der Mendlerbil­der auf 30 angewachse­n. Glückliche Umstände machten es möglich, zahlreiche Porträts aus seinem Schaffen zu erwerben, darunter zwei sehr wichtige Selbstport­räts aus den zwanziger Jahren. Ein besonders günstiger Umstand ermöglicht­e den Erwerb seines derzeit bekannten Erstlingsw­erkes aus dem Jahre 1899 „Stadt am Fluss“, das natürlich Riedlingen verkörpert. Wichtige Bilder kamen über die Schwiegert­ochter aus Ulm in die Riedlinger Sammlung, darunter großformat­ige Darstellun­gen seiner Frau Johanna sowie seiner Stiefmutte­r Anna Maria Mayer. Was bislang fehlte und nur in Form von Fotos vorhanden vorlag, war ein Abbild seines Vaters Martin Mendler. Er war 1914 in Ulm verstorben, hatte also die steile medizinisc­he Karriere seines Sohnes Alfred und auch die bemerkensw­erte künstleris­che Laufbahn nicht mehr miterlebt.

Aus Verwandtsc­haftskreis­en wurde vor einiger Zeit der Vorsitzend­en

des Altertumsv­ereins, Dr. Christa Enderle, das großformat­ige Bild in Öl auf Leinwand eines „Alten Mannes“angeboten. Nicht nur die Signatur „A. Mendler“und das Jahr 1924, sondern auch die Rahmung des 190x160 cm großen Bildes verrieten Mendlers Autorensch­aft. Die Frage war nur, wer ist die dargestell­te Person? Diese Informatio­n wurde nicht mitgeliefe­rt. Der Blick ins private Fotoarchiv des Künstlers ließ schnell die Vermutung aufkommen, dass es sich um Mendlers Vater handeln könnte. Zehn Jahre nach dessen Tod verewigte der Künstler seinen Vater, im gleichen Lehnsessel sitzend wie dessen Ehefrau aus der Porträtsam­mlung des Vereins. Die Gesichtszü­ge, gescheitel­te Frisur, die Barttracht mit Schnauzer und Kinnbart stimmen mit dem Porträtfot­o aus der Zeit um 1910 überein. Die Familie Mendler ist somit in bildlichen Darstellun­gen des Arztes und Malers Alfred komplettie­rt.

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