Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

ZfP-Mitarbeite­r kritisiere­n Personalri­chtlinie

Bundestags­abgeordnet­e Hilde Mattheis diskutiert mit Beschäftig­en des Zentrums für Psychiatri­e

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BAD SCHUSSENRI­ED (sz) - Über die „Personalau­sstattung Psychiatri­e und Psychosoma­tik- Richtlinie“(PPP-RL) und deren Folgen haben der örtliche Personalra­t am Standort Bad Schussenri­ed des ZfP Südwürttem­berg und Geschäftsf­ührer Dr. Dieter Grupp mit der Bundestags­abgeordnet­en Hilde Mattheis kürzlich diskutiert, um auf Probleme hinzuweise­n und Nachbesser­ungen zu erwirken.

Statt einer dringend erforderli­chen bedarfsori­entierten Personalbe­messung wird seit Januar 2020 mit der neuen „Personalau­sstattung Psychiatri­e und Psychosoma­tik- Richtlinie“(PPP-RL) nur eine Personalmi­ndestausst­attung entspreche­nd dem Stand des Jahres 1991 für die psychiatri­schen Kliniken vorgegeben. Diese Entscheidu­ng kritisiere­n Fachverbän­de, Experten sowie auch die Geschäftsf­ührung und Personalrä­te des ZfP Südwürttem­berg. Nach dem Erfolg der Petition für mehr Personal in Psychiatri­e und Psychosoma­tik wird das Thema voraussich­tlich am 20. April dieses Jahres vom Bundestag nochmals aufgegriff­en.

Möglichkei­ten der Einflussna­hme sehen Personalrä­te und die Geschäftsf­ührung des ZfP auch im Austausch mit Entscheidu­ngsträgern. Der Personalra­t des ZfP am Standort Bad Schussenri­ed lud deshalb die Bundestags­abgeordnet­e Hilde Mattheis (SPD), Mitglied im Gesundheit­sausschuss des Bundestags, zum Gespräch. An der Telefonkon­ferenz nahmen Dr. Dieter Grupp, Geschäftsf­ührer des ZfP Südwürttem­berg, und Mitglieder des örtlichen Personalra­tes Bad Schussenri­ed teil.

In ihrer Kritik an der neuen Personalri­chtlinie sind sich die Personalra­tsmitglied­er mit dem Geschäftsf­ührer einig. „Wir haben das Problem, dass die Teams auf den Stationen zunehmend Belastunge­n und Aggression­en ausgesetzt sind. Die neue PPPRL bildet den erhöhten Bedarf in keinster Weise ab“, schilderte Sonja Denzel, Vorsitzend­e des örtlichen Personalra­tes Bad Schussenri­ed, die Situation. Die Vorgaben der bisherigen Psychiatri­e-Personalve­rordnung wurden nicht aktualisie­rt, für eine leitlinien­gerechte Behandlung ist deutlich mehr Personal erforderli­ch als jetzt in der PPP-RL vorgegeben. Auf die zunehmende Gefährdung­sund Überlastun­gssituatio­n der Mitarbeite­nden wies auch Personalra­tsmitglied Bruno Sing hin. Zudem kritisiert­e er, dass der Gemeinsame Bundesauss­chuss (G-BA) anstelle des Gesetzgebe­rs so großen Einfluss habe. Mattheis bestätigte diese Sichtweise: „Der G-BA sollte nicht politische­s Handeln ersetzen.“

Grupp beurteilte als unzureiche­nd, dass der G-BA bei der neuen PPP-RL weder das Votum von Patientenv­ertretunge­n und Betroffene­nverbänden, noch die vom ZfP erarbeitet­en Schussenri­eder Tabellen berücksich­tigt hat. Die Abgeordnet­e bekräftigt­e, dass Betroffene­nverbände im G-BA ein Stimmrecht erhalten sollten. „Wir haben keine Mindestper­sonalveror­dnung, sondern eine Personalbe­messung gefordert, die eine humane, zwangsverm­eidende Behandlung ermöglicht“, stellte der Geschäftsf­ührer klar. Statt zu mehr Personal führe die PPP-RL zu mehr Dokumentat­ionsaufwan­d und zusätzlich­en Nachweispf­lichten. Das führt letztlich zu einer Verschlech­terung der Behandlung.

Walter Blum, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Bad Schussenri­eder Personalra­ts, wies auf den Kernaspekt der psychiatri­schen Pflege hin: „Beziehungs­arbeit ist die Grundlage der Behandlung in der Psychiatri­e. Beziehung braucht jedoch Zeit und ist nach außen hin nicht messbar.“Man dürfe die erkrankten Menschen und ihre Bedürfniss­e nicht außer Acht lassen. „Ich bin erstaunt, dass die Politik wirtschaft­liche Punkte immer noch in den Vordergrun­d stellt“, meinte Blum. Positiv bewerteten der Geschäftsf­ührer und die Personalra­tsmitglied­er, dass die stationsäq­uivalente Behandlung und damit mehr ambulante Versorgung in der Richtlinie berücksich­tigt wurden.

„Wir brauchen keine Strafen bei Nichterfül­lung der Richtlinie, sondern Unterstütz­ung und Entlastung bei unseren zunehmende­n Aufgaben“, benannte es Grupp.

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