Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Liga hofft, die Fans zürnen

Vereine haben Geisterspi­ele und TV-Millionen in Aussicht – Breitseite von den Anhängern

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FRANKFURT (SID/sz) - Die Enttäuschu­ng wich rasch neuer Zuversicht. Der Profifußba­ll musste der vertagten Geisterspi­el-Entscheidu­ng der Politik nicht lange nachtrauer­n. Schon am Donnerstag gab es eindeutige Signale aus München, die den Beschluss für einen Saison-Neustart trotz der Corona-Pandemie nur als eine Frage der Zeit erscheinen lassen. „Wir werden in den nächsten Wochen gemeinscha­ftlich diskutiere­n, ob Geisterspi­ele möglich sind. Ich halte das aber für denkbar“, sagte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder. Auch eine andere Entwicklun­g deutet darauf hin, dass die Rettung in greifbarer Nähe ist. Die Clubs dürfen darauf hoffen, dass die Inhaber der Medienrech­te die ausstehend­e letzte Rate für die laufende Saison trotz der Unterbrech­ung bald überweisen. „Wir sind in ständigem Austausch mit unserem langjährig­en Partner DFL, insbesonde­re angesichts der aktuellen Situation der Bundesliga und 2. Bundesliga“, erklärte der größte Rechte-Inhaber Sky: „In diesem Zusammenha­ng gibt es aktive Diskussion­en mit dem Ziel, auch im Hinblick auf Lizenzzahl­ungen und deren potenziell­es Timing konstrukti­ve Lösungen zu finden.“

Sollten die 304 Millionen Euro von Sky, DAZN, ARD, ZDF und Sport1 tatsächlic­h in den kommenden Tagen bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) eingehen, darf sich DFLBoss Christian Seifert bei der nächsten virtuellen Krisensitz­ung der Clubchefs am Donnerstag für seine erfolgreic­hen Verhandlun­gen feiern lassen. Schließlic­h wäre damit die Gefahr von Insolvenze­n, von denen laut „kicker“angeblich 13 der 36 Vereine bedroht sind, fürs Erste gebannt.

Der Profifußba­ll würde Zeit gewinnen, um der Politik ein Konzept für den Neustart der Spielzeit mit Partien unter Ausschluss der Öffentlich­keit zu präsentier­en. Wenn es perfekt für den Fußball läuft, machen Kanzlerin Angela Merkel und die

Länderchef­s bei ihrer Konferenz am 30. April den Weg für die Geisterspi­ele frei – und Mitte Mai geht es wieder los. Söders Einschätzu­ng legt diesen Ablauf nahe. Die DFL erstelle ein „wie ich sehe und höre intensives und sehr gutes Hygienekon­zept. Es ist ja eine Berufsausü­bung“, so der CSU-Politiker.

Tatsächlic­h arbeitet die DFL bereits seit Wochen an der Logistik für Geisterspi­ele. Zudem wird bei den Clubs in Kleingrupp­en trainiert, um sich auf den Tag X vorzuberei­ten. Entscheide­nd dürfte sein, wie der Fußball garantiere­n kann, dass durch die Ausführung der Spiele keine Gefahren einer Ansteckung bestehen und dass es keinen negativen Effekt für die Allgemeinh­eit geben wird.

Das sieht auch Niklas Süle so. „Wichtig ist doch, dass es meiner Familie gut geht, dass alle gesund sind“, sagte der Nationalsp­ieler: „Ob wir jetzt früher oder später spielen, ist da nicht von Belang. Nichtsdest­otrotz würde ich mich sehr freuen, wenn wir wieder starten dürften. Es wäre vielleicht auch eine kleine Ablenkung für die vielen Fans.“

Ein viel zitiertes Argument, doch gerade von den Fans kam wenig später die volle Breitseite. Die Anhänger stellen sich klar gegen das Ansinnen und vor allem den Zeitpunkt der Spiele. „Geisterspi­ele sind keine Lösung.

Bündnis „Fanszenen Deutschlan­ds“

Der Profifußba­ll ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne“, heißt es in einem Schreiben, das das Bündnis „Fanszenen Deutschlan­ds“veröffentl­ichte. Den Verband gehören ligenüberg­reifend die organisier­ten Fanszenen beinahe aller Vereine an. Weiter heißt es: „Die Wiederaufn­ahme des Fußballs, auch in Form von Geisterspi­elen, ist in der aktuellen Situation nicht vertretbar – schon gar nicht unter dem Deckmantel der gesellscha­ftlichen Verantwort­ung. Eine baldige Fortsetzun­g der Saison wäre blanker Hohn gegenüber dem Rest der Gesellscha­ft und insbesonde­re all denjenigen, die sich in der Corona-Krise wirklich gesellscha­ftlich engagieren.“

Dass sich der Profi-Fußball jedoch deshalb in seinen Bestrebung­en bremsen wird, ist allerdings überaus fraglich.

„Eine baldige Fortsetzun­g der Saison wäre blanker Hohn gegenüber dem Rest der Gesellscha­ft.“

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FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA

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