Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Streit über Verkürzung der Sommerferien
Vorstoß von Wolfgang Schäuble löst Kritik von Lehrern und Kultusministern aus
BERLIN/STUTTGART - Massiver Gegenwind für Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Nach seinem Vorschlag, die Sommerferien zu verkürzen, um während der CoronaKrise versäumten Stoff nachzuholen, wehren sich sowohl Lehrer- als auch Tourismusverbände. Auch die Kultusminister der Länder sind größtenteils dagegen. „Bis auf Ausnahmen bleiben die Schulen noch einige Zeit geschlossen. Daher frage ich mich, ob die Verantwortlichen in den Ländern darüber nachdenken, die Schulferien in der Sommerzeit etwas zu verkürzen“, hatte der CDU-Politiker zuvor der „Augsburger Allgemeinen“gesagt.
Widerspruch kam prompt – zuvorderst von den Lehrern. Kritik kam auch von Lehrerverbänden wie dem Verband Bildung und Erziehung (VBE): „Schäubles Vorschlag bringt zum jetzigen Zeitpunkt Unruhe“, sagte der Vorsitzende Udo Beckmann. Er löse aber kein Problem.
Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann erklärte am Freitag: „Eine Verkürzung der Sommerferien steht bei uns nicht zur Debatte.“Ein solcher Schritt würde die privaten Pläne von Familien und Lehrkräften durcheinanderbringen und letztlich mehr Probleme schaffen als lösen, sagte die CDU-Politikerin. „Deshalb ist das keine Lösung.“Klar sei jedoch, so Eisenmann, dass es ein gutes Konzept für alle Schülerinnen und Schüler geben muss, die in der aktuellen Situation benachteiligt werden. Man arbeite bereits an Konzepten für Zusatzangebote, nötig seienn „pädagogisch sinnvolle und faire Lösungen“. Auch Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sagte am Freitag, er wolle „an die Ferien nicht rangehen“. Die Kultusministerien in RheinlandPfalz, Niedersachsen, NordrheinWestfalen und Schleswig-Holstein äußerten sich ebenfalls ablehnend. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zeigte sich indes offen für eine Verkürzung der Sommerferien. „Es gibt gute Argumente, die dafür sprechen“, sagte er.
Aus dem Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern meldete sich Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU): „Wir sind Tourismusland. Eine – auch bundesweite – Verkürzung der Sommerferien hätte wirtschaftliche Folgen. Die schon jetzt gebeutelte Branche hätte ein noch kürzeres Zeitfenster, Umsätze zu generieren.“Dies betonte auch Susanne Eisenmann. „Sollte sich in den kommenden Wochen eine weitere Entspannung der Corona-Krise abzeichnen, besteht Hoffnung, dass in diesem Sommer zumindest ein Urlaub in Deutschland möglich sein könnte“, erklärte die Südwest-Kultusministerin. Hotels und Gaststätten bräuchten dringend eine Perspektive, „deshalb dürfen wir hier nicht schon im Voraus Einschränkungen ins Spiel bringen“. Ähnlich klang die Aussage des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft. „Unternehmen wie Bürger brauchen Verlässlichkeit und Planbarkeit statt weiterer Verunsicherung“, sagte Generalsekretär Michael Rabe. Er nannte die Diskussion „unnötig“.
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