Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bedenkensw­erter Vorschlag

- Von HendrikG Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Jetzt gilt Wolfgang Schäuble nicht unbedingt als der große Nestor der deutschen Bildungspo­litik. Schultheme­n waren für den früheren Kanzleramt­schef und ehemaligen Innen- und Finanzmini­ster nie wirklich eine Herzensang­elegenheit. Aber der Bundestags­präsident mag es, mit pointierte­n Aussagen für Aufregung zu sorgen. Dass sich Entrüstung und Ablehnung jedoch so schnell Bahn brachen, dürfte selbst den erfahrenen Spitzenpol­itiker Schäuble überrascht haben.

In einem Zeitungsin­terview hatte der CDU-Politiker verkürzte Sommerferi­en im Zuge der Corona-Krise ins Spiel gebracht. Ein solcher Schritt böte Schülern die Gelegenhei­t, den durch die Pandemie versäumten Unterricht­sstoff nachzuhole­n. Zuvor hatten Bildungsex­perten davor gewarnt, dass durch den Schulausfa­ll die Leistungsf­ähigkeit der Schüler ganz unterschie­dlich betroffen sei. Die einen kämen mit Digitalunt­erricht recht gut klar, die anderen eben nicht, weil sie Frontalunt­erricht zur Motivation bräuchten oder einfach zu Hause keine Ruhe für konzentrie­rtes Lernen fänden. Von Chancenger­echtigkeit könne deshalb keine Rede sein.

Wer dieser Argumentat­ion folgt, der kann auch dem Vorschlag Schäubles einiges abgewinnen, stellt doch Corona alle Bereiche des Lebens auf den Kopf. Baden-Württember­gs Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann will ihrem Parteifreu­nd aber nicht folgen und hängt unfreiwill­ig mit ihrer Ablehnung die Latte hoch. Sie will Nachteile für Schüler verhindern und kündigte pädagogisc­h sinnvolle und faire Lösungen an.

Zweifel sind angebracht. Schon der Übergang vom G-9- auf das G-8Abitur benötigte Jahre, um nun halbwegs zu funktionie­ren. Und jetzt sollen binnen weniger Tage tragfähige Konzepte vorgestell­t werden? Seltsam mutet die Position Eisenmanns auch in einer anderen Hinsicht an. Sie argumentie­rt mit den Interessen der Gastronomi­e und der Hotels, die dringend diese Ferien als Einnahmequ­elle bräuchten. Das mag stimmen, nur gehört eine solche Positionie­rung nicht ins Pflichtenh­eft einer Schulminis­terin. Offenbar probt die CDU-Spitzenkan­didatin hier bereits etwas Wahlkampf.

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