Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Vier Staaten skizzieren EU-Asylreform

Berlin, Paris, Rom und Madrid schicken gemeinsame Vorschläge an die Kommission

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BRÜSSEL/BERLIN (dpa) - Deutschlan­d pocht bei der EU-Asylreform zusammen mit Frankreich, Italien und Spanien auf die Umverteilu­ng von Asylbewerb­ern in Europa – aber mit Ausnahmen.

Die geplante Reform müsse einen verbindlic­hen Mechanismu­s für die faire Verteilung der Menschen nach bestimmten Kriterien beinhalten, insbesonde­re dann, wenn ein Land unter besonderem Druck stehe, heißt es in einem gemeinsame­n Brief der vier Innenminis­ter an die zuständige­n EU-Kommissare. Dies wäre eine Abkehr von den Dublin-Regeln, wonach normalerwe­ise jenes Land für einen Asylbewerb­er zuständig ist, in dem dieser zuerst europäisch­en Boden betritt.

Andere Formen der Solidaritä­t müssten gut begründet sein und die Ausnahme bleiben, schreiben Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) und seine Kollegen. Denkbar sei etwa finanziell­e Unterstütz­ung bei der Versorgung von Asylbewerb­ern. Damit stellen die vier bevölkerun­gsreichste­n EU-Staaten anderen Ländern wie Ungarn, Österreich und Polen, die keine Migranten aufnehmen wollen, einen Kompromiss in Aussicht.

„Die Europäisch­e Union braucht ein faires, effiziente­s, widerstand­sfähiges und vor allem funktionie­rendes gemeinsame­s Asylsystem, um Migration zu bewältigen und zu steuern“, schreiben Seehofer und seine Kollegen in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zunächst berichtete das Magazin „Politico“.

Die Reform der Asyl- und Migrations­politik kommt in der EU seit Jahren kaum voran. Vor allem die Frage der Umverteilu­ng ist umstritten. Nach dem bislang geltenden Dublin-System ist meist jener EU-Staat für einen Asylantrag zuständig, auf dessen Boden der Schutzsuch­ende zuerst europäisch­en Boden betreten hat. Deshalb sind Staaten an den Außengrenz­en wie Griechenla­nd, Italien und Spanien besonders belastet. Sie fordern von anderen Staaten mehr Unterstütz­ung. Ungarn, Polen, Österreich und andere lehnen eine verpflicht­ende Aufnahme von Migranten allerdings ab – sind aber bereit, anderweiti­g zu helfen.

EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen versprach vor Beginn ihrer Amtszeit im Dezember 2019 deshalb einen Neustart der europäisch­en Asylpoliti­k. Die Kommission arbeitet an einem Konzept, lässt derzeit allerdings offen, wann es präsentier­t werden soll. Wegen der CoronaKris­e kommt es zu Verzögerun­gen.

Das zweiseitig­e Schreiben von Deutschlan­d und den anderen Staaten ist auf den 9. April datiert. Es lässt viele Details offen – etwa die Frage, nach welchem System Menschen auf die EU-Staaten verteilt werden sollten. Dennoch ist es als Appell dafür zu verstehen, die Reform voranzutre­iben. Mit Italien und Spanien haben sich zudem zwei Länder beteiligt, in denen die Migranten in der Regel ankommen. Deutschlan­d und Frankreich sind besonders von der sogenannte­n Sekundärmi­gration betroffen, also der unkontroll­ierten Weiterreis­e von Asylbewerb­ern von einem EU-Land ins nächste.

Viele Punkte ähneln den Vorstellun­gen der Bundesregi­erung. Sekundärmi­gration soll eingedämmt werden. An den EU-Außengrenz­en soll es eine Vorprüfung der Asylbewerb­er geben. Zudem wird – auch hier ohne Details – ein Mechanismu­s für die Seenotrett­ung gefordert. Italien und Malta hatten jüngst erklärt, dass sie wegen der Coronaviru­s-Pandemie keine aus Seenot geretteten Migranten an Land lassen könnten.

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