Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ausgefeier­t

Wie Covid-19 den alkoholisc­hen Ausnahmezu­stand auf Mallorca beendet – Langsame Rückkehr der Urlauber geplant

- Von Ralph Schulze

MALLORCA - Leergefegt­e Schankterr­assen. Herunterge­lassene Rollläden. Kein Mensch auf der Straße. Mallorcas berühmte Vergnügung­szone an der Playa de Palma, die auch unter dem Namen „Ballermann“bekannt ist, gleicht derzeit einem Geistervie­rtel. Statt Partystimm­ung, die hier normalerwe­ise von April an die Wogen und den Alkoholkon­sum hochschlag­en lässt, herrscht tote Hose.

Die Covid-19-Epidemie bewirkte, was die Inselregie­rung mit ihrem Sittenfeld­zug nicht schaffte: dem Sauftouris­mus auf Mallorca den Garaus zu machen. Die großen Vergnügung­stempel wie etwa der „Bierkönig“oder der „Megapark“mussten ihre Feiern zum Saisonstar­t, bei denen üblicherwe­ise Tausende von Gästen auf den Tischen tanzen, absagen. Und derzeit sieht es nicht danach aus, als ob bald wieder die Massen im Rhythmus des Ballermann-Hits „Alle blau“die Gläser heben können.

„Hat der Ballermann ausgefeier­t?“, titelt die „Mallorca Zeitung“, um dann festzustel­len: „Die große Party ist an der Playa bis auf Weiteres vorbei. Für viele Unternehme­n geht es jetzt ums nackte Überleben.“Denn eines ist klar: Selbst wenn der Insel-Tourismus mit Glück im Sommer wieder langsam anläuft, wird für den Neustart eine entscheide­nde Bedingung gelten. Und diese heißt: Sicherheit­sabstand. Massenaufl­äufe, Riesenpart­ys und das in Gruppen praktizier­te SangriaTri­nken aus Eimern wird es also zunächst nicht mehr geben.

Expertengr­uppen arbeiten bereits für den Tag X, an dem die CoronaPand­emie

so weit unter Kontrolle ist, dass Mallorca wieder schrittwei­se geöffnet werden kann. Dabei geht es vor allem darum, wie eine Rückkehr der Feriengäst­e ohne gesundheit­liche Risiken möglich ist. Sicher ist: Urlaub auf Mallorca wird, zumindest bis zum endgültige­n Sieg über Corona, anders aussehen als bisher. Der neue Ferienallt­ag werde durch drei Dinge bestimmt, sagt Spaniens Tourismusm­inisterin Reyes Maroto: „Soziale Distanz, Limits für Menschenan­sammlungen und Hygiene.“

Volle Bars, Biergärten und Diskotheke­n, in denen die Gäste in engem Köperkonta­kt sind, wird es also auf längere Zeit am Ballermann nicht mehr geben. Für andere Orte, an denen sich typischerw­eise ebenfalls viele Touristen drängeln, gibt es bereits Ideen, wie man einen Sicherheit­sabstand gewährleis­ten kann. Etwa für die Strände, wo die Menschen im Sommer oftmals wie Sardinen nebeneinan­der liegen. Hier könnte man zum Beispiel einen „Zwei-Schichtbet­rieb“einführen: Ein Teil der Urlauber darf morgens an den Strand, ein anderer Teil nachmittag­s.

„Das Wichtigste ist die Gesundheit der Menschen“, erklärt Insel-Regierungs­chefin Francina Armengol. Sie kann sich vorstellen, dass künftig am Flughafen in Palma Gesundheit­schecks stattfinde­n. Von Ankommende­n könnte eine Bescheinig­ung verlangt werden, aus der hervorgeht, dass sie nicht an der Viruskrank­heit Covid-19 leiden. Doch es wird wohl noch ein paar Monate dauern, bis die Ferienflie­ger wieder landen. „Vor August rechnen wir nicht mit dem Beginn der Saison“, sagt Mallorcas Tourismusm­inister Iago Negueruela. Alles hänge auch vom Ausland ab. Vor allem von Deutschlan­d, von dort kamen in 2019 mehr als ein Drittel der insgesamt zwölf Millionen in- und ausländisc­her Feriengäst­e.

Kritiker des Massentour­ismus sehen derweil eine Chance, um Mallorca endlich in ein sozialvert­rägliches und umweltfreu­ndliches Ziel zu verwandeln. „Wir wollen nicht zur Normalität zurückkehr­en“, heißt eine Kampagne, die sich auf Transparen­ten und in den sozialen Netzwerken verbreitet. „Denn diese Normalität war das Problem.“Mallorcas Ökoverband GOB fordert ebenfalls einen Kurswechse­l und plädiert für mehr Nachhaltig­keit statt touristisc­her Monokultur, die in den vergangene­n Jahren auf der Insel zunehmend Proteste hervorgeru­fen hat.

Das Fremdenver­kehrsamt schaltete derweil einen Werbespot, um das am Boden liegende Geschäft wieder anzukurbel­n. In einem Video werden traumhafte Bilder vom Inselparad­ies mit den Worten unterlegt: „Bis bald, Mallorca.“

Derweil hört man aus der Reisebranc­he, dass eine Wiedereröf­fnung des Eilands im Spätsommer mit günstigen Preisen einhergehe­n könnte: Die Hoteliers, so heißt es aus der Reisebranc­he, werden versuchen, mit üppigen Rabatten ihre leeren Betten zu füllen. Ein Preiskrieg sei nicht ausgeschlo­ssen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany