Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die Veranstaltungsbranche ist am Boden
So gehen Bands, DJs und Veranstaltungstechniker im Raum Ehingen mit den neuen Corona-Beschlüssen um
EHINGEN - Die Ansage, dass bis zum 31. August keine Großveranstaltungen mehr stattfinden können, leuchtet den Meisten ein. Dennoch trifft diese Vorgabe viele lokale Bands, DJs und Veranstaltungstechniker hart. Denn für viele sind Veranstaltungen, ob größer oder kleiner, aus finanzieller Sicht überlebensnotwendig. Gleiches gilt für die vielen Vereine, die oft als Veranstalter auftreten und nun finanziell in die Röhre schauen.
Wenn er am Mischpult steht, will er garantieren, dass gute Laune herrscht – aber danach ist
aktuell nur wenig zumute. „Es trifft ja nicht nur mich, sondern einige in der Branche“, sagt Letzner, der sich auch als DJ in und um Ehingen einen Namen gemacht hat. Natürlich sei die Hoffnung, ja die Erwartung auf Lockerung am vergangenen Mittwoch am Tag der Entscheidung groß gewesen: „Ich hab es live verfolgt und bin schon ein bisschen enttäuscht, dass es so gekommen ist. Aber die Gesundheit steht an erster Stelle, ganz klar.“Da das DJing nur ein Teil seiner Einnahmen darstellt, so schildert es der ausgebildete Sport- und Fitnesskaufmann, bleibe er optimistisch.
„Aber es geht glaube ich jedem DJ so. Wenn man vier Wochen nicht an den Reglern steht, dann bekommt man regelrechte Entzugserscheinungen“, erklärt Letzner, der hauptsächlich Musik aus den Genres Dance, Charts, 90er, 2000er und Kult auflegt – und eben auch „Gute-Laune-Musik“. Sind die Lockerungen irgendwann da, so ist er sich sicher: „Dann machen die Leute umso mehr Party.“Bis dahin freundet er sich auch mit der Idee an, seine Auftritte per Livestream
Sven Letzner
in die Welt zu bringen. Doch auch eine Portion Skepsis schwinge mit, denn „man weiß nicht, wie lang die Zuschauer dran bleiben“und einen „echten“Auftritt können die Webvariante nicht ersetzen. „Es wäre schade, wenn man sich viel Mühe macht und nur wenige zuschauen. Aber wenn das Feedback groß ist, sehe ich das als Option“, erklärt er.
Da Großveranstaltungen definitiv länger nichts werden, setzt er seine neuen Hoffnungen auf kleinere Gastronomiebetriebe, wo er auftreten könnte. Er hoffe auf „eine schnelle Lösung“und versucht, optimistisch zu bleiben.
Dass Veranstaltungen, sollten dieser wieder erlaubt sein, eventuell alle in einem kurzen Zeitraum nachgeholt werden könnten, macht
derzeit zu schaffen. Eigentlich ist der 24-Jährige trotz der aktuellen Umstände aber optimistisch. „Ich habe mich schon vor ein paar Wochen damit abgefunden, dass vielleicht erst Ende Juli wieder Veranstaltungen möglich sind“, sagt der
Kienzle Moritz
Ehinger, der zusammen mit seinem Vater Winfried die „Kienzle Eventmanagement GbR“betreibt, die sich auf Veranstaltungstechnik spezialisiert hat. „Es ist aber ein ganz, ganz schwieriges Thema aktuell. Die nächsten zweieinhalb bis drei Monaten werden für uns entscheidend sein“, sagt Kienzle.
Im Gespräch mit vielen Kollegen und Kunden habe er aber auch gespürt, dass ein gewisser Zusammenhalt für alle Parteien wichtig ist. „Ein gewisser Trost ist für mich, dass ich mir sagen kann: Ich hab nichts falsch gemacht, ich finde mit meinen Kunden eine Lösung und kann jedem noch in die Augen schauen“, erklärt er. Was ihn seit der Entscheidung am Mittwoch stört, ist eine gewisse Unsicherheit, was seine Planungen angeht: „Es hieß bisher, Großveranstaltungen dürfen nicht stattfinden. Aber wann ist eine Veranstaltungen groß? Ab zehn Besuchern, 100, 500, 2000?“Er wünscht sich diesbezüglich eine klare Aussage der Regierung.
Er will aber nicht zurückstecken, als Unternehmer weiterhin proaktiv mit der Krise umgehen, anstatt den Verlusten nachzutrauern. Was wir im vergangenen Jahr insgesamt verdient haben, hätten wir allein zwischen März und Juli gemacht. Aber es hilft ja nichts, wir sind ja alle in derselben Situation“, sagt er. Die Zeit jetzt sei zwar „wie Urlaub“, allerdings möchte er diese nutzen, um Gespräche mit Kunden zu führen und jede geschäftliche Entscheidung zu hinterfragen: „Macht es Sinn oder macht es keinen Sinn?“
Alle bisher geplanten Veranstaltungen abgesagt bekommen hat auch
Chef und Inhaber der Veranstaltungsfirma mit Sitz im Ehinger Teilort Kirchbierlingen. „Nicht nur die Großveranstaltungen sind abgesagt. Wir planen auch viele Firmenveranstaltungen, Betriebsversammlungen und mehr – davon findet bis auf weiteres nichts statt. Alles, was wir bis August gemacht hätten, ist storniert“, sagt Löw, der bei seinen Kunden zwar laut den allgemeinen Geschäftsbedingungen auf 50 Prozent der Summe pochen könnte, es aber nicht tut. „Würde ich das tun, würde ich den Kunden wohl nie wieder sehen“, sagt Löw, der auch Komplettveranstaltungen mit Bands, Equipment und Catering organisiert. „Einer Band musste ich 50 Prozent der Gage bezahlen“, sagt Löw, der davon ausgeht, dass ihn die Krise bis zum 31. August rund 100 000 Euro Umsatz kosten wird. „Zudem habe ich viele 400-Euro-Jobber, die entweder bei mir oder in der Gastronomie arbeiten. Die meisten davon sind Studenten – die haben jetzt nicht einmal mehr Geld, um ihre Miete zu bezahlen, weil die Gastronomie ja ebenfalls dicht ist“, so Löw.
Michael Löw, MLP System