Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Fahren unsere Maßnahmen nicht zurück“
Corona: DRK-Kreisverband Biberach kann die Aufgaben derzeit gut bewältigen
LANDKREIS (sz) - Corona ist eine enorme Herausforderung – mit der man beim DRK-Kreisverband Biberach aktuell gut zurechtkommt, wie das DRK mitteilt. Inzwischen werden regelmäßig Patienten transportiert, bei denen Covid-19 bestätigt worden ist oder zumindest der Verdacht besteht.
„Es sind derzeit etwas weniger Patienten, als wir erwartet haben“, sagt Michael Mutschler, Geschäftsführer beim Rettungsdienst des Kreisverbands. „Unsere Maßnahmen greifen sehr gut.“Er geht davon aus, dass es in den kommenden Wochen weitere Neuinfektionen geben wird. „Wir fahren daher vorerst keine unserer Maßnahmen zurück. Ende April entscheiden wir über das weitere Vorgehen.“
Auf der Leitstelle führt der DRKKreisverband eine Statistik über Corona-Einsätze. In den vergangenen sieben Wochen wurden 573 Einsätze im Zusammenhang mit Covid-19 gezählt. Wobei das nicht alles Krankentransporte oder Fahrten mit dem Rettungsdienst waren: Auch telefonische Kontakte werden mitgezählt, Vermittlungen für die Fieberambulanz oder den ärztlichen Notdienst.
Insgesamt ist der Kreisverband laut eigener Mitteilung zufrieden, wie sich die Vorbereitungen bewähren. Der wichtigste Punkt ist das Personal. „Wir haben wegen Corona vorsorglich zusätzliches Personal eingestellt“, so Mutschler. „Niemand konnte im Vorfeld wissen, ob und wie viel Personal ausfällt, da mussten wir natürlich möglichen Ausfällen entgegenwirken.“Ganz gezielt wurden ehemalige Kollegen angefragt: Notfallsanitäter, Rettungsassistenten und Rettungssanitäter. Außerdem wurden bestehende Arbeitsverträge nach Möglichkeit aufgestockt, Teilzeitkräfte arbeiten seither mehr. „Zeitweise hatten wir bis zu zehn Beschäftigte in häuslicher Quarantäne, das konnten wir ausgleichen“, sagt Mutschler. „Im Moment haben wir sogar mehr Kapazitäten, als wir brauchen.“
Verstärkt wurde auch das Team für die Leitstelle: Dort werden zusätzliche Kollegen eingearbeitet, um niederschwellige Anrufe beispielsweise für die Fieberambulanz anzunehmen. Damit sollen der Notruf und die besonders hoch qualifizierten Disponenten entlastet werden.
Bei Transportkapazitäten hat der Kreisverband ebenfalls vorgesorgt – und auch diese sind momentan nicht voll ausgelastet. Mutschler wertet dies als beruhigend: „Wir brauchen ja auch mehr Zeit, um die Fahrzeuge nach den Einsätzen intensiv zu desinfizieren und zu reinigen.“
Weil der DRK-Kreisverband sich frühzeitig um Schutzausrüstungen bemüht habe, sei man aktuell gut aufgestellt: „Was wir haben, reicht für etwa zwei bis drei Wochen. Wir haben Mitarbeiter, die sich darum kümmern, die Bestände stetig zu ergänzen und weitere Bestände nachzukaufen“, so Mutschler. Rund 170 000 Euro seien seit Beginn der Krise in Schutzkleidung investiert worden. Man könne derzeit den maximalen Schutz für die Rettungskräfte gewährleisten.
Geschäftsführer Mutschler, der auch zum Koordinierungsstab für den Landkreis gehört, geht nicht davon aus, dass Corona bald Vergangenheit ist. „Für Mitte April war ein Höchststand prognostiziert worden. Tatsächlich sind die Zahlen niedriger geblieben, da haben die Einschränkungen gut gegriffen. Aber die Lage
ANZEIGE ist dynamisch. Man weiß nicht, wie sich die aktuell beschlossenen Lockerungen auswirken werden.“
Insgesamt sind die Krankentransporte und der Rettungsdienst derzeit weniger unterwegs als sonst, sagt Mutschler. „Wir haben ein rückläufiges Einsatzaufkommen, bei Notfällen wie auch im Krankentransport. Man hat den Eindruck, als ob derzeit weniger Menschen den Rettungsdienst rufen.“Vermutlich sorgen einige Faktoren gemeinsam dafür, dass es derzeit weniger Einsätze sind: Es gibt weniger Transporte zu ambulanten Untersuchungen, weniger Einweisungen in eine Klinik und weniger Notfälle.
Rettungskräfte tragen derzeit bei jedem Einsatz eine FFP2-Maske. Patienten erhalten einen Mund-NasenSchutz.
Sobald es um Covid-19 geht, bestätigt oder als Verdacht, rüsten sich die Rettungskräfte mit Vollschutz aus: Maske, Kopfhaube, Brille und Schutzmantel.
Außerdem wurde die Einsatztaktik angepasst: Man versucht, unnötige Kontakte zu vermeiden und so die Risiken für alle zu senken. Wenn also Rettungsdienst und Notarzt zeitgleich zu einem Einsatz fahren, gehen nicht alle vier Retter sofort in den direkten Kontakt mit dem Patienten, sondern gestaffelt. Zuerst kümmert sich das Zweierteam aus dem Rettungswagen um den Patienten. Dieses entscheidet, ob der Notarzt und der ihn begleitende Notfallsanitäter gebraucht werden.
Gerade der Rettungsdienst, der den Transport von Covid-19-Patienten gewährleistet, ist das Rückgrat der Versorgung. Auf die Einsatzfähigkeit dieser Strukturen komme es an, so Mutschler. Diese müssen unbedingt leistungsfähig bleiben.
So tragen alle Rettungskräfte während ihrer gesamten Arbeitszeit einen Mundschutz, auch bei Pausen in der Rettungswache. Damit die Kollegen großen Abstand voneinander halten können, wurden zusätzliche Aufenthaltsräume eingerichtet, erklärt Andreas Braungardt, Leiter der Rettungswache Biberach: „Wir haben bei uns auch Lehrsaal, Ausbildungsräume und Betriebsratszimmer zum Pausemachen geöffnet.“Bei jedem Schichtbeginn werde in den Rettungswachen alles desinfiziert, bis hin zu den Knöpfen der Kaffeemaschinen.
Besprechungen werden per Video geführt. Insgesamt sei das Arbeitsklima gerade sehr gut, so Braungardt. „Mein Eindruck ist, dass die Kollegen zusammenwachsen und zusammenstehen durch Corona. Auch die Krankheitsquote ist auffällig gering. Unsere Leute kommen derzeit gern zur Arbeit – und weil sie es wichtig finden.“