Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Auch mehrere Organe können betroffen sein“

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stellvertr­etender Gesamtbetr­iebsratsch­ef der Airbus-Rüstungssp­arte, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Erst im März hatten sich die Arbeitnehm­ervertrete­r von Airbus zusammen mit ihren Betriebsra­tskollegen der Rüstungsun­ternehmen Hensoldt Sensors, MTU Aero Engines und Premium Aerotec sowie der IG Metall an die Verteidigu­ngsministe­rin gewandt. „25 000 Arbeitsplä­tze in Deutschlan­d und 100 000 Arbeitsplä­tze in Europa sind allein von der Entwicklun­g und Fertigung des Eurofighte­rs abhängig.“Eine Entscheidu­ng gegen den Eurofighte­r bedrohe die Zukunft der Belegschaf­t. „Der Kauf der F 18 würde nicht nur deutsches Steuergeld in Milliarden­höhe in die USA fließen lassen, sondern gleichzeit­ig die Zukunft der militärisc­hen Luft- und Raumfahrt in Deutschlan­d gefährden“, heißt es in dem Brief. Die Unterzeich­ner beziehen sich in ihrem Schreiben auch auf das Milliarden­projekt FCAS. Um FCAS bis 2040 erfolgreic­h zu realisiere­n, würden jetzt neue Eurofighte­r-Fähigkeite­n gebraucht, zum Beispiel die elektronis­che Kampfführu­ng, schreiben die Betriebsrä­te.

Kramp-Karrenbaue­r hat am Mittwoch ihren Vorstoß vor dem Verteidigu­ngsausschu­ss des Bundestags verteidigt. Der Vorschlag sei ein Kompromiss. Er garantiere den Erhalt von industriep­olitischen Fähigkeite­n in Deutschlan­d und Europa und bilde eine Brücke in die Zukunftste­chnologie FCAS. „Deswegen kann ich diesen Vorschlag auch wirklich voller Überzeugun­g vorlegen“, sagte sie. Die F 18 soll für einen Teil der Aufgaben des Tornado beschafft werden wie den elektronis­chen Luftkampf sowie die „Nukleare Teilhabe“Deutschlan­ds an US-Waffen. Das Abschrecku­ngskonzept der Nato sieht vor, dass Verbündete Zugriff auf US-Atomwaffen haben.

Von den 45 F-18-Jets sind 30 Flugzeuge für das Tragen von Atombomben und 15 für den elektronis­chen Kampf bestimmt. Aus Sicht von Airbus könnte allerdings auch der Eurofighte­r mit den notwendige­n Systemen ausgerüste­t werden – zumindest im Hinblick auf den elektronis­chen Kampf. „Für das Thema gibt es absolut kein Argument, ein US-Flugzeug zu kaufen, denn man könnte diese Fähigkeit auch auf den Eurofighte­r

bringen und muss das ohnehin tun, um ihn für FCAS nutzen zu können“, sagte der Airbus-Sprecher. Und auch die Fähigkeit, Atombomben zu tragen, spricht nicht unbedingt für den US-Jet, denn auch der F-18-Bomber ist noch nicht für den Einsatz von Atomwaffen zertifizie­rt. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Branchenkr­eisen hat das Verteidigu­ngsministe­rium bei der US-Regierung nachgefrag­t, ob der Eurofighte­r und die F 18 für solche Einsätze zertifizie­rt werden können. Die Antwort lautete, dass das für beide Jets möglich sei – die Zertifizie­rung beim Eurofighte­r allerdings wesentlich schneller gehe.

Lob für Kramp-Karrenbaue­r kam von der US-Botschaft.„Wir stimmen mit Verteidigu­ngsministe­rin KrampKarre­nbauers Entscheidu­ng überein, den Tornado dringend nach dem neuesten Stand der Technik zu ersetzen, um Erforderni­sse der Nato und deutsche Bündnisver­pflichtung­en zu erfüllen“, hieß es in einer Erklärung. Die Freude ist verständli­ch: Deutsche Steuergeld­er stützen auf diese Weise den straucheln­den US-Konzern Boeing.

RAVENSBURG - Welche Spätfolgen kann eine Covid-19-Erkrankung haben? Das erklärt der Virologe Professor Thomas Mertens im Gespräch mit Daniel Hadrys.

Es werden immer mehr Spätfolgen nach einer Covid-19-Erkrankung bekannt. Einige Taucher aus Österreich sind wohl trotz einer milden Infektion lebenslang auf Therapie angewiesen. Halten Sie das Konzept der Herdenimmu­nität nach solchen Erkenntnis­sen für zu gefährlich?

In dieser Kolumne hatte ich bereits über mögliche Spätschäde­n an Lunge und Herz und über neurologis­che Komplikati­onen berichtet. Hinsichtli­ch möglicher Spätfolgen sollte man zwischen bleibenden Schäden und noch nicht ausgeheilt­er Organerkra­nkung unterschei­den. Ob es sich bei den bislang nur als Presseberi­cht des Taucharzte­s vorliegend­en Beschreibu­ngen der Lungenverä­nderungen bei den „gesunden“Tauchern nach Covid-19 um bleibende, therapiebe­dürftige Schäden handelt, ist noch unklar, was auch der berichtend­e Arzt deutlich sagt. Was man zum jetzigen Zeitpunkt empfehlen kann, ist, dass man sich vor einer geplanten, für die Lunge besonders belastende­n Aktivität, wie zum Beispiel Tauchen, unbedingt von einem erfahrenen Arzt untersuche­n lassen sollte, um keine möglichen OrganFunkt­ionsminder­ungen zu übersehen, die bei einem an sich gut trainierte­n Menschen im Ruhezustan­d nicht auffallen. Das Konzept der „Herdenimmu­nität“basiert darauf, dass die Dynamik der Infektions­ausbreitun­g stark verlangsam­t wird, wenn 70 bis 80 Prozent der Bevölkerun­g infiziert worden sind. Das setzt voraus, dass nach einer Infektion zumindest für einige Zeit Immunität oder Teilimmuni­tät – mit leichteren Krankheits­verläufen und weniger Virusaussc­heidung – besteht. Wie bereits gesagt, vermutet man aufgrund verschiede­ner Daten, dass dem so ist. Das Risiko war immer schon die Inkaufnahm­e schwerer Erkrankung­en, die in der Phase der Durchseuch­ung auftreten werden. Wenn Spätschäde­n bei manchen Infizierte­n hinzukomme­n sollten, ist das sehr unerfreuli­ch, aber was haben wir derzeit für eine Wahl?

In Japan fanden Ärzte bei einem Mann mit epileptisc­hen Anfällen das Coronaviru­s im Nervenwass­er – ein Nasen-Rachen-Abstrich war jedoch negativ. Was sagt das über mögliche Infektions­wege aus?

Wie gesagt sind neurologis­che Symptome und auch Komplikati­onen offenbar häufig, und es werden zunehmend auch seltenere neurologis­che Krankheits­bilder im Zusammenha­ng mit Sars-CoV-2 beschriebe­n. Auch über einen Virusnachw­eis im Nervenwass­er hatten wir früher schon gesprochen. Die Frage, ob es neben dem „klassische­n“Infektions­weg über die Atmungsorg­ane auch noch einen direkten Infektions­weg, zum Beispiel über die Nase und die Riechnerve­nfortsätze ins Gehirn gibt, ist spekulativ und ändert nichts an unseren Vorsichtsm­aßnahmen. Die Tatsache, dass man nicht gleichzeit­ig an verschiede­nen Stellen das Virus nachweisen kann, ist gut bekannt.

Könnte Covid-19 sich sogar als Systemerkr­ankung herausstel­len?

Ja, das ist durchaus möglich oder sogar wahrschein­lich und wird auch unter Fachleuten so diskutiert. Es ist übrigens bei vielen Viruserkra­nkungen so, dass ein Organ im Vordergrun­d steht, dass aber durchaus mehrere oder viele Organe betroffen sein können. Das stimmt auch zum Beispiel für die Influenza.

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