Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Kreativ in der Pandemie

Auch Unbegabte können sich eine Alltagsmas­ke nähen

- Von Marion Buck

RIEDLINGEN - Die Landesregi­erung hat am Mittwoch beschlosse­n, dass ab kommenden Montag beim Einkaufen und im öffentlich­en Personenve­rkehr sogenannte „Alltagsmas­ken“zu tragen sind. Dank zahlreiche­r Anleitunge­n im Internet können sich auch Unbegabte an der Herstellun­g einer Mund-Nasen-Behelfsmas­ke versuchen. Es braucht dazu lediglich Baumwollst­off, Gummilitze, eine Nähmaschin­e und ein bisschen Geduld.

Wer in Kindertage­n die Handarbeit­slehrerin fast zur Verzweiflu­ng gebracht hat, hält sich auch im Erwachsene­nleben mit Näharbeite­n eher zurück. Dass es ausgerechn­et einer Pandemie bedarf, um ein viele Jahre schlummern­des Talent zu wecken, hätte die Schreiberi­n vor ein paar Wochen nicht gedacht. Beim abendliche­n „Facebook gucken“blieb der Blick an einem Video von „Nähfrosch“hängen. Dort wurden ausführlic­h zweierlei Modelle vom Mundschutz zum Nachnähen vorgestell­t. Das machte neugierig.

Eine Nähmaschin­e war schon vor vielen Jahren angeschaff­t worden. Sie fristete wie der Joghurtzub­ereiter, der elektrisch­e Fensterput­zer und die Eismaschin­e ein stiefmütte­rliches Dasein in der Abstellkam­mer. In den Tiefen der Schränke fanden sich eine geblümte Tischdecke aus Omas Zeiten, die im heimischen Haushalt noch nie eine Kaffeetafe­l geziert, und ein weißes Baumwollki­ssen, auf dem noch nie ein müdes Haupt geruht hat. Der Stoff wanderte am gleichen Abend in die Waschmasch­ine.

Tischdecke und Bettzeug waren getrocknet, die Nähmaschin­e aufgebaut. Es konnte los gehen: Die 18 x 24 Zentimeter großen Rechtecke wurden ausgeschni­tten, rechts auf rechts gelegt, oben und unten vernäht. Auch das Wenden und Glattbügel­n – kein Problem. Knifflig wurde es erst beim Falten zurecht legen. Drei an der Zahl müssen es pro Maske sein. Und die Seitenläng­e sollte noch zwischen sechs und sieben Zentimeter­n aufweisen.

Mit ein bisschen Übung ging auch das irgendwann. Einmal im Viereck herum nähen. Über die Falten muss sich die Maschine ein bisschen mühen. Der erste selbstgenä­hte Mundschutz war fast fertig – die Befestigun­g für die Ohren fehlte noch. Lange Bändel oder lieber Schlüpferg­ummi (das heißt tatsächlic­h so)? Die Gummilitze erschien einfacher zu händeln. 17 Zentimeter abgeschnit­ten, rechts und links an den Seiten vernäht und die Eigenkreat­ion aufgesetzt. Die Nähte waren ein bisschen schief und das Produkt würde dem fachmännis­chen Blick einer Fachfrau nicht Stand halten. Aber das tut dem Stolz keinen Abbruch.

Mit jedem Mundschutz ging die Arbeit schneller von der Hand. Weiterentw­ickelte Modelle haben im oberen Teil einen Draht für die Nase eingearbei­tet und die Seitennäht­e werden nach dem Wenden des Stoffes eingeklapp­t und festgebüge­lt. Weiteres Bettzeug und Tischdecke­n mussten herhalten, um Familie und Freunde auszustatt­en. Der Montag kann kommen.

Die Maschine darf nun wieder in die Abstellkam­mer zurückkehr­en – zum Joghurtber­eiter und dem elektrisch­en Fensterput­zer. Mal sehen, was die Pandemie noch für kreative Talente zu Tage fördert.

12, 17.30-18.30 Uhr Bad Buchau 9-12 Uhr, 13-17 Uhr

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FOTO: MBU
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