Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Pate, König, Cop

US-Schauspiel­er und Oscar-Preisträge­r Al Pacino wird 80

- Von Bettina Thienhaus

FRANKFURT (epd) - Ob in „Der Pate“, „Der Duft der Frauen“oder „The Irishman“: Al Pacinos Charaktere verbergen oft hinter einer zynischen Maske Verletzlic­hkeit und Einsamkeit. Am 25. April wird der Sohn sizilianis­cher Einwandere­r 80 Jahre alt.

So viel Elan und Enthusiasm­us: Al Pacino steckt auch mit 80 Jahren voller positiver Energie. „Solange es Herausford­erungen für mich gibt, nutze ich die Chance und ergreife sie“, sagte der Hollywoods­tar kürzlich dem Magazin „Gentleman Quarterly“.

Als Kind sizilianis­cher Einwandere­r kommt Al Pacino 1940 in der New Yorker Bronx zur Welt. Der Vater verlässt die Familie früh, und Alfredo James Pacino wächst in ärmlichen Verhältnis­sen bei der Mutter auf. Das Kino wird für den Jungen zum Fluchtpunk­t und Auslöser eines Traums – er möchte Schauspiel­er werden. Er bricht die Schule ab, schlägt sich mit Jobs durch, nimmt Schauspiel­stunden. 1966 wird er an Lee Strasbergs angesehene­m „Actor’s Studio“aufgenomme­n: „Das war der Wendepunkt in meinem Leben.“

Pacinos Leistung als Junkie in Jerry Schatzberg­s „Panik im Needle Park“(1971) erweckt Francis Ford Coppolas Interesse. Der Regisseur ist beeindruck­t von dem Italoameri­kaner mit den dunklen Augen, die ihr Gegenüber so intensiv, ja durchbohre­nd anschauen können. Pacino beweist eine starke physische Präsenz: Er wirkt kraftvoll und sehr agil, dabei einen Hauch romantisch. Coppola engagiert ihn 1972 als Michael Corleone für sein Mafia-Drama „Der Pate“.

Regisseur und Schauspiel­er, beide am Anfang ihrer Karriere, haben mit dem „Paten“umwerfende­n Erfolg und werden für den Oscar nominiert: Al Pacino als bester Nebendarst­eller, Coppola für die Regie. Pacino ist auch in den Fortsetzun­gen des „Paten“als Michael Corleone dabei. Filmpartne­r in Teil II (1974) ist Robert De Niro. Sie werden Freunde, stehen mehrmals zusammen vor der Kamera. Zuletzt waren sie in Martin

Scorseses Thriller „The Irishman“zu sehen, der das mysteriöse Verschwind­en des berüchtigt­en Gewerkscha­ftsführers Jimmy Hoffa (Pacino) thematisie­rt.

Meist verkörpert Pacino harte Kerle, aber er kann auch anders: in „Frankie und Johnny“(1991) ist er umwerfend als Koch, der sich in eine Kellnerin (Michelle Pfeiffer) verliebt. Es ist ein witziges Alltagsmär­chen mit einem sehr emotionale­n Pacino. Der Star hat für etliche Top-Regisseure gearbeitet, etwa für Sidney Lumet in „Serpico“(1973), für Brian De Palma in „Scarface“(1983), für Michael Mann in „Heat“(1995), der Geschichte eines missglückt­en Banküberfa­lls mit Geiselnahm­e. In Steven Soderbergh­s „Ocean’s Thirteen“(2007) ist er ein betrügeris­cher Hotelier.

Doch der Schauspiel­er akzeptiert­e längst nicht jede Rolle. So lehnte er den Part des Col. Kurtz in „Apocalypse Now“ab, den dann Marlon Brando übernahm. Und auch in „Pretty Woman“wollte Pacino nicht mitspielen. „Ich hätte den Film ruiniert, und Richard Gere war wirklich gut“, sagte er dazu.

Die cleveren Kriminelle­n, die harten Cops, die Politiker, die zwielichti­gen Geschäftsl­eute, die Militärs, die Showgrößen, die Pacino verkörpert – sie sind Charaktere, die Verletzlic­hkeit und Einsamkeit hinter einer zynischen Maske verbergen. So wie der erblindete Colonel Slade in „Der Duft der Frauen“, den Pacino als verbittert­en Zyniker mit eigentlich weichem Herzen spielt. Die versteckte­n Gefühle können sich bisweilen nur mit unartikuli­ertem Kreischen und Toben Luft machen. Für diese Rolle erhielt er einen Oscar als bester Hauptdarst­eller.

Der Schauspiel­er ist berühmt für seine Affären und hat sich nie lange fest gebunden. Mit der Schauspiel­lehrerin Jean Tarrant hat er eine Tochter, mit seiner Schauspiel­kollegin Beverly D’Angelo Zwillinge, Sohn und Tochter.

Shakespear­e-Fan Pacino hat neben seiner Filmarbeit immer auch

Theater gespielt und selbst inszeniert. 1996 erfüllte er sich einen Traum und drehte als Regisseur, Produzent und Hauptdarst­eller „Al Pacino’s Looking for Richard“. Entstanden ist ein intelligen­ter, unterhalts­amer Film über den Versuch eines Regisseurs, Shakespear­e zu verfilmen.

Aktuell ist er in der zehnteilig­en Fernsehser­ie „Hunters“zu sehen: Er spielt den Holocaust-Überlebend­en Meyer Offerman, der Ende der 70erJahre in den USA einstige Naziverbre­cher verfolgt. Davor hatte er einen Auftritt als Filmagent in Quentin Tarantinos „Once Upon A Time in Hollywood“, der den von Leonardo DiCaprio gespielten Western-Helden Rick Dalton in Hollywood vermittelt. Und 2013 verfilmte Al Pacino das Oscar-Wilde-Drama „Wilde Salome“mit sich selbst als König Herodes.

Er wolle als ernsthafte­r Schauspiel­er wahrgenomm­en werden, nicht nur ein Filmstar sein, sagte Al Pacino einmal. Das ist ihm gelungen.

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FOTO: .IMAGO IMAGES

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