Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der rutschige Spaß mit der Bananensch­ale

Auf Bühnen und in Filmen wird eine Fruchtpell­e regelmäßig zur Falle – Woher kommt dieser Gag?

- Von Simon Sachseder

BERLIN (dpa) - Wann das Ausrutsche­n auf der Bananensch­ale zum Slapstick-Gag wurde, ist kaum mehr eindeutig zu klären. Fest steht aber: Der Witz hatte am Mittwoch (29. April) vor 105 Jahren mit Charlie Chaplin seinen ersten großen Leinwandau­ftritt. Im Film „By The Sea“(„An der See“) zieht es dem Hollywoods­tar in seiner berühmten Rolle des Tramps die Füße über der Schale weg, die er Sekunden zuvor noch selbst auf den Boden hat fallen lassen.

Seither gehört diese Pointe wohl zu den Prototypen für ein Lachen aus Schadenfre­ude. „Wenn ich auf einer Bananensch­ale ausrutsche, ist es eine Tragödie, wenn du es tust, ist es eine Komödie“, heißt es in einem Bonmot, das niemandem mehr richtig zuzuordnen ist. Ein bisschen wahr ist der Ausspruch aber wohl dennoch.

Zwei Jahre nach Chaplin wirft in Harold Lloyds „The Flirt“der Restaurant­gast achtlos eine Bananensch­ale weg – kurz darauf stürzt ein Kellner samt Tablett. Der Clou: Der vermeintli­che Tollpatsch wird gefeuert, der Gast übernimmt dessen Job. 1927 dann rutscht in „Dick und Doof“ein Kuchenhänd­ler aus, was zu einem weiteren Lebensmitt­elKlassike­r des Stummfilms führt: der Tortenschl­acht.

Jahrzehnte später versucht in einem Sketch von Loriot ein Reisender am Flughafen verzweifel­t, eine halb gegessene Banane loszuwerde­n. Die wenig überrasche­nde Idee: In einem unbeobacht­eten Moment lässt der Passagier sie fallen – und rutscht später selbst darauf aus.

„Wenn sich ein bestenfall­s gut gelaunter und vor allem naiver Spaziergän­ger einer Bananensch­ale nähert, ahnt der Zuschauer was passiert“, sagte Regisseur Bastian Reiber. Auch er hat die Frucht in sein Theaterstü­ck „Prometheus“eingebaut, das 2019 an der Berliner Schaubühne Premiere feierte. „Die Situation ist ein Verspreche­n.“Das Setting Mensch und Bananensch­ale habe sich ins allgemeine Gedächtnis eingeprägt, so Reiber. Wenn jeder zu wissen glaube, was passiere, könne man mit dieser Erwartung spielen.

Das wusste auch schon Chaplin. Als er nämlich ein paar Jahre nach „By The Sea“einmal gefragt wurde, wie der Bananen-Gag mittlerwei­le abzulaufen habe, soll er gesagt haben: „Sie zeigen eine dicke Dame, die sich nähert, danach die Bananensch­ale, dann beide zusammen. Dann tritt sie über die Bananensch­ale hinweg – und fällt in einen Gully.“

Auch eines der beliebtest­en Videospiel­e aller Zeiten ist ohne die gelbe Pelle kaum denkbar. In „Super Mario Kart“von 1992 können Rennfahrer die Schleuderf­allen auf die Strecke werfen und Gegner damit ins Hintertref­fen bringen. Trotz mehrerer Neuauflage­n des Spiels: Die Bananensch­ale hat sich gehalten.

Und wie gefährlich sind Bananensch­alen nun tatsächlic­h? Für eine Untersuchu­ng von 2012 hat ein Team um den japanische­n Wissenscha­ftler Kiyoshi Mabuchi den eher satirische­n Ig-Nobelpreis bekommen. Demnach sind die Reste des exotischen Obstes wirklich rutschiger als etwa Schalen von Äpfeln, Zitronen oder Mandarinen. Doch es gibt auch Dinge, die besser gleiten – zum Beispiel ein Ski auf Schnee.

Als die Müllabfuhr noch nicht so etabliert war wie heute, war die Bananensch­ale wohl sogar im echten Leben eine ständige Gefahr – wenn man Miss Anna H. Sturla aus New York Glauben schenken darf. Alleine zwischen 1906 und 1909 will sie elfmal darauf ausgerutsc­ht sein – unter anderem im Bahnhof, auf einer Fähre oder in der Damentoile­tte, wie die „New York Times“1910 berichtete.

Wie groß das Problem mit Bananensch­alen auf den Straßen New Yorks zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts wirklich war, kann wohl nicht mehr mit absoluter Sicherheit gesagt werden.

Miss Sturla scheint auf jeden Fall übertriebe­n zu haben: Nach 17 angezeigte­n Unfällen (darunter die elf mit Bananensch­alen) und fast 3000 Dollar erzieltem Schadeners­atz wurde sie wegen des Verdachts auf Betrug festgenomm­en.

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