Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Kretschman­n will vorsichtig bleiben

Ministerpr­äsident spricht über neuen Corona-Alltag, Opposition kritisiert „Schlingerk­urs“

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STUTTGART (lsw) - Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n hat die Bürger auf einen langen Alltag mit dem Coronaviru­s eingeschwo­ren. Eine schnelle Rückkehr zur Normalität werde es erst mit einem Impfstoff geben, sagte er bei seiner Regierungs­erklärung zur Corona-Krise am Mittwoch im Landtag in Stuttgart. Das werde viele Monate dauern. „Bis dahin werden wir die Pandemie nicht besiegt haben.“Man könne lernen, mit der Pandemie zu leben und werde noch viele Monate weiter Abstand halten und Masken tragen müssen. Kretschman­n sicherte aber zu, den Bürgern so viel Freiheit zu ermögliche­n, wie der Schutz der Gesundheit es zulasse.

Erstmals seit Mitte März kam der baden-württember­gische Landtag am Mittwoch wieder zu einer Plenarsitz­ung zusammen. Angesichts des grassieren­den Coronaviru­s mussten die Abgeordnet­en aber besondere Regeln beachten – etwa 1,5 Meter Abstand halten. Im Plenarsaal wurde nur jeder zweite Platz belegt, dafür saßen die Parlamenta­rier auch auf der Besuchertr­ibüne. Das Pult wurde nach jedem Redner desinfizie­rt. Die Landtagsve­rwaltung stellte einen Mundschutz zur Verfügung – im Sitzungssa­al trug ihn jedoch kaum ein Abgeordnet­er.

Kretschman­n verteidigt­e seinen bisherigen Kurs in der Krise. Er warnte am Mittwoch vor einer zu schnellen Öffnung. Wenn man zu viele Beschränku­ngen auf einmal aufhebe, habe man keine Chance, die Verbreitun­g des Virus zu kontrollie­ren. Der bisherige Erfolg sei zerbrechli­ch. Er habe zwar Verständni­s für Einzelinte­ressen, müsse sich aber am Gemeinwohl und den Interessen des Landes orientiere­n. Kretschman­n sagte, er sei beeindruck­t von der Geduld und Disziplin der Menschen. Viele verhielten sich geradezu vorbildlic­h.

Kretschman­n sieht das Land bei der Beschaffun­g von medizinisc­her Ausrüstung und Schutzklei­dung auf einem guten Weg. Er bezeichnet­e das als „Knochenjob“. „Denn die ganze Welt sucht derzeit nach Schutzausr­üstung und leider manchmal auch mit Wildwest-Methoden.“Das Land habe in den vergangene­n Wochen fast 20 Millionen Schutzmask­en, Schutzanzü­ge, Brillen und Handschuhe beschafft und verteilt.

Der Grünen-Politiker rief zu mehr Solidaritä­t in Europa auf. Man habe als erstes deutsches Land Patienten aus dem Elsass aufgenomme­n, als dort die Kliniken überlastet waren. „Dennoch müssen wir uns alle nach der Krise selbstkrit­isch fragen: Hätten wir nicht noch mehr für unsere Partner tun müssen, die in solche Not geraten sind?“In der EU hätten nationale Reflexe wieder eingesetzt. Es irritiere ihn, wenn alte

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA

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