Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zeit für einen Fahrplan
Debatten aus der Finanzkrise wiederholt würden, sagte er mit Blick auf die Eurobonds-Debatten. Wenn ein EU-Gründungsland wie Italien unverschuldet durch das Virus in schweres Fahrwasser gerate, müsse anders gedacht werden. Wenn Frankreich oder Spanien nicht auf
Geduldig und diszipliniert nennt Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Baden-Württemberger. In seiner Regierungs- erklärung hat er die Bürger für deren umsichtiges Verhalten in der Corona-Krise gelobt und sie auf weitere Monate voller Einschränkungen eingeschworen. Das ist richtig, greift aber zu kurz.
Die sehr große Mehrheit unserer Gesellschaft vertraut auf Fakten. Die Menschen suchen Orientierung in der Wissenschaft und spiegeln deren Erkenntnisse mit den Vorgaben durch die Politik. Können sie Regeln von Fakten ableiten, stärkt das Vertrauen in die regierenden Politiker. Dass in den die Beine kämen, treffe das auch die deutsche Wirtschaft.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf der Landesregierung einen Schlingerkurs in der CoronaKrise vor. Die Entscheidungen seien zunehmend fehlerhaft und widersprüchlich. Er warf angesichts sinkender
Bundesländern zum Teil unterschiedliche Lockerungsübungen starten, bringt manche ins Grübeln. Dass Gerichte Entscheidungen kassieren, wie etwa die Vorgabe, dass große Geschäfte auch dann geschlossen bleiben müssen, wenn sie ihre Flächen auf 800 Quadratmeter begrenzen, ebenso.
Um die Bürger weiter an Bord zu halten, muss die Regierung Aussicht auf Lockerungen geben. Wann der Spielplatz, der Sportplatz oder das Café öffnen, muss nicht tagesscharf angekündigt werden. Aber: Für einen groben Fahrplan ist es höchste Zeit. Infektionszahlen und freier Intensivbetten zudem die Frage auf, ob die strikten Regeln des Lockdowns angemessen seien. Die Landesregierung könne nicht länger behaupten, dass man vor dem Kollaps stehe und erst am Anfang der Pandemie.
Widersprüche bei den Maßnahmen gefährden laut SPD-Fraktionschef Andreas Stoch die Akzeptanz der Maßnahmen in der Bevölkerung. Parlamentsrechte dürften nicht ausgehöhlt werden. Es brauche endlich wieder eine Debatte über richtig und falsch.
AfD-Fraktionschef Bernd Gögel beklagte einen Verlust von Grundrechten im Kampf gegen das Virus. Kretschmann habe die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Er müsse den Lockdown beenden, weil er das Land sonst in den Abgrund manövrieren werde.
Der parteilose Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner wurde zu Beginn der Sitzung nach Zwischenrufen und Provokationen von der Sitzung ausgeschlossen. Er hatte zuvor kritisiert, dass der Parlamentarismus in Zeiten der Krise ausgehebelt werde. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) erteilte Fiechtner mehrere Ordnungsrufe, entzog ihm das Wort und schloss ihn schließlich aus der Sitzung aus. Der Ex-AfD-Politiker weigerte sich zu gehen – und ließ sich schließlich erst von der Polizei aus dem Saal führen.