Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nachhaltig investieren
Geldinstitute bieten vermehrt grüne Produkte an, aber nicht jedes der Investments ist auch gut
FRANKFURT (dpa) - Bahn fahren statt fliegen, plastikfrei einkaufen, weniger Fleisch essen: In vielen Bereichen lässt sich eine nachhaltige Lebensweise umsetzen. Auch Geld kann man so anlegen, dass man etwas Gutes für Mensch, Klima und Umwelt bewirkt.
Ein Geschäftsmodell, auf das sich sogar manche Geldinstitute komplett stützen. „Nachhaltige Banken haben klare ethische, soziale und ökologische Kriterien, nach denen sie Kredite vergeben, ihre Eigenanlagen und das Geld ihrer Kunden investieren“, sagt Gesa Vögele vom Corporate Responsibility Interface Center (CRIC), einem Verein zur Förderung von Ethik und Nachhaltigkeit bei Geldanlagen.
Nach Angaben des Internetportals geld-bewegt.de der Verbraucherzentralen Bremen und Hamburg gibt es derzeit in Deutschland 14 Banken mit entsprechenden Standards. In der Summe bieten sie dieselben Produkte wie herkömmliche Geldinstitute: Girokonto, Fest- und Tagesgeld, verschiedene Formen von Sparanlagen, Investmentfonds und Rentenversicherungen.
„Nachhaltige Banken wenden recht umfassende Ausschluss- beziehungsweise Positivkriterien an und sind insofern eine gute Wahl, wenn man eine nachhaltige Geldanlage wie Girokonto, Sparbuch oder Tagesgeld sucht – also Anlagen, bei denen die Bank das Geld selbst verwaltet“, sagt Heidi Pätzold von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Die einzelnen Nachhaltigkeitskriterien der Banken – und damit auch ihre Arbeitsweise – sind aber nicht deckungsgleich. Denn anders als „bio“bei Lebensmitteln sind Begriffe wie „nachhaltig“, „ökologisch“, „ethisch“und „fair“nicht gesetzlich definiert. Sprich: Jeder Anbieter kann darunter etwas anderes verstehen. Entsprechend müsse sich jeder Anleger mit den Kriterien der jeweiligen Bank befassen, um zu wissen, ob sie den eigenen Nachhaltigkeitsansprüchen genügen, so Pätzold.
„Kirchenbanken haben eher einen stärkeren ethisch-sozialen Schwerpunkt, Umweltbanken setzen häufig mehr aufs Klima“, erklärt Vögele. Die Finanzexpertin empfiehlt daher, sich vor dem Wechsel genau über die Arbeitsweise der Bank zu informieren – zum Beispiel über das Portal der Verbraucherzentralen, Fachmagazinen wie Ökotest oder Nichtregierungsorganisationen. So gibt es beispielsweise einen Fair Finance Guide für Banken. „Am Ende muss jeder Anleger für sich entscheiden, was für ihn am wichtigsten ist“, so Vögele.
Das gilt auch für nachhaltige Geldanlagen im Allgemeinen. Denn nicht nur alternative Banken, sondern auch konventionelle Geldinstitute haben nachhaltige Finanzprodukte wie Investmentfonds im Angebot und bewerben sie entsprechend – manchmal auch mit Siegeln. In der EU gibt es zahlreiche ESG-Labels, die auf Grundlage der Environmental Social Governance (ESG) Orientierung versprechen. Die Staatengemeinschaft selbst erarbeitet derzeit Kriterien für ein Siegel mit dem Schwerpunkt Klimafreundlichkeit.
Laut Gesa Vögele können Siegel für eine Vorauswahl von Finanzprodukten sehr hilfreich sein. Dazu gehört zum Beispiel das FNG-Siegel des Fachverbands für Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Auch das „Österreichische Umweltzeichen“zeichnet deutsche Finanzprodukte aus. „Das Österreichische Umweltzeichen ist ein staatliches Siegel, ähnlich dem Umweltzeichen Blauer Engel“, so die CRIC-Vertreterin. Heidi Pätzold hält von Labels nichts. „Verbraucher sollten sich bei einer nachhaltigen Geldanlage nicht auf ein Siegel verlassen“, warnt die Finanzberaterin. „Meistens sagt es nur etwas über die Ökologie aus, aber nichts über die Wirtschaftlichkeit und Sicherheit einer Geldanlage.“Selbst das FNG-Siegel sieht sie kritisch: „Die Marktdurchdringung ist nicht sehr tief.“
Wer sein Geld nachhaltig anlegen will, dem bleibt aus ihrer Sicht nichts anderes übrig, als sich selbst genau zu informieren. Gesa Vögele empfiehlt für die Suche die Fondsdatenbank von nachhaltiges-investment.org: „Die Datenbank bietet einen guten Überblick und man kann sie nach vielen Ausschlusskriterien filtern.“
Die Anlagekriterien und das Portfolio, also wie und in welche Branchen investiert wird, sind für die Nachhaltigkeit einer Anlage entscheidend. Und die kann je nach Anbieter und dessen Verständnis von Nachhaltigkeit variieren. Pätzold sieht beispielsweise die Auswahl von Fonds nach „Best-in-Class“kritisch: „Der Ansatz ist heikel, weil er nicht nur auf nachhaltige Branchen setzt, sondern nur die Unternehmen heraussucht, die in ihrer Klasse als nachhaltig gelten“, sagt die Verbraucherschützerin. „Das können auch Öloder Luftfahrtkonzerne sein – Branchen, die man gar nicht unterstützen will, wenn man nachhaltig investieren möchte.“
Sich nur auf bestimmte Branchen wie Solar- oder Windkraft zu konzentrieren, ist aus ihrer Sicht aber auch keine empfehlenswerte Strategie. Denn straucheln die Unternehmen, können die Verluste nicht ausgeglichen werden. Auch wenn Anleger direkt beteiligt sind oder ein Nachrangdarlehen abgeschlossen haben, bestehen hohe Verlustrisiken. „Man darf sich nicht von schönen Bildern täuschen lassen, sondern muss kritisch bleiben und das Kleingedruckte lesen. Denn Grün heißt nicht immer auch gut.“
Grundsätzlich müssen nachhaltige Geldanlagen nicht unbedingt schlechter abschneiden als herkömmliche. „Die Performance von nachhaltigen Geldanlagen vor allem im Aktiensegment ist sehr gut untersucht“, sagt Gesa Vögele. „Die Studien zeigen, dass Nachhaltigkeit und Rendite kein Widerspruch sein müssen. Einige kommen sogar zu dem Schluss, dass Nachhaltigkeit ein Vorteil sein kann, weil das Rendite-Risiko-Profil dadurch verbessert werden kann.“
Ausschließlich aus dem Wunsch nach Nachhaltigkeit die Entscheidung zu einem bestimmten Fonds oder Sparplan zu treffen, ist für Verbraucherschützer der falsche Ansatz. Auch bei nachhaltigen Geldanlagen sollten Liquidität, Rentabilität und Sicherheit vorrangige Faktoren sein, betont Pätzold.
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