Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Johnsons Erklärungsversuche
Erste Lockerung des Corona-Lockdown – Opposition: „herzlich wenig Antworten“
Krankenhäuser gehören zur Strategie der syrischen Streitkräfte und ihrer russischen Unterstützer. Attacken auf zivile Einrichtungen im Herrschaftsgebiet der Rebellen sollen die Bewohner der betroffenen Gegend vertreiben, um den Vorstoß von Regierungstruppen zu erleichtern.
Mit den Bombardements von Krankenhäusern will das syrische Militär zudem nicht nur die Zivilbevölkerung treffen, sondern auch die medizinische Versorgung verletzter Rebellen erschweren. Die UNO informiert die Konfliktparteien regelmäßig über die genaue Lage von Kliniken und Gesundheitsstationen, um die Einrichtungen und Ärzte und Patienten zu schützen, doch Menschenrechtler werfen Syrern und Russen vor, die UN-Daten zu gezielten Angriffen zu missbrauchen. Damaskus und Moskau weisen alle Vorwürfe von sich – sie begründen ihr Vorgehen in Idlib mit dem notwendigen Kampf gegen „Terroristen“.
Hoffnung auf ein Ende des Leids gibt es nicht. Assad ist fest entschlossen, mit einem Sieg über die Rebellen in Idlib seinen militärischen Erfolg im Krieg zu krönen. Ein türkischer Truppeneinmarsch im März hatte Assads Offensive in Idlib zwar gestoppt und die Kämpfe vorübergehend beendet. Doch nun eskalieren die Gefechte wieder, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte jetzt mitteilte.
Die UNO ist handlungsunfähig. Im Januar hatten Russland und China im Sicherheitsrat durchgesetzt, dass die Zahl der Grenzübergangsstellen für die Lieferung humanitärer Hilfe nach Syrien von vier auf zwei reduziert wurden. Moskau und Beijing argumentierten, humanitäre Hilfe könne von der syrischen Regierung organisiert werden; möglicherweise werden Russland und China in wenigen Monaten auf den Stopp aller Hilfslieferungen bestehen, die nicht von Damaskus kontrolliert werden. Das sei eine ernste Gefahr für die Menschen in Idlib, erklärte Heba Morayef, die bei Amnesty für den Nahen Osten und Nordafrika zuständig ist. Schon jetzt beschreibe die UNO die Situation in Idlib als „Horror-Geschichte“, sagte Morayef. Ohne direkte internationale Hilfe werde alles noch schlimmer.
LONDON - Mit seiner ersten Regierungserklärung im Unterhaus zur Corona-Krise hat Boris Johnson am Montag versucht, die zuletzt verwirrende Politik seiner Regierung zu erklären. Wie in seiner TV-Ansprache am Sonntag abend mahnte der Premierminister die Briten zu anhaltender Wachsamkeit, kündigte aber vorsichtige und schrittweise Lockerungen an. Es gehe um „eine veränderte Gewichtung, keinen Kurswechsel“, betonte der Konservative: „Gefragt ist gesunder Menschenverstand.“
„Bleiben Sie wachsam“, lautet der neue Slogan des britischen Premierministers, dessen Kabinett aber in Gesundheitsfragen nur Zuständigkeit für England hat. Hingegen halten die Regionalregierungen von Schottland, Nordirland und Wales an der bisherigen, gemeinsam vereinbarten Aufforderung an die Bevölkerung fest, diese solle „zuhause bleiben“. Die regionalen Abweichungen haben weniger mit unterschiedlich hohen Infektionsraten zu tun als mit der Verärgerung der kleineren Landesteile über ihre herablassende Behandlung durch London.
Das Königreich kämpft noch immer mit Tausenden von neuen Corona-Infektionen pro Tag; dem Gesundheitsministerium zufolge sind bisher 32065 Menschen Covid 19 zum Opfer gefallen, wohingegen seriöse Schätzungen von mehr als 47 000 Toten sprechen. Johnson lobte die Bürger für die weitgehend konsequente Einhaltung der Ausgangsbeschränkungen, die bisher das Verlassen der Wohnung nur für dringende Einkäufe, Arzt- oder Apothekenbesuche sowie täglich einmal Sport erlaubten.
Dem am Montag veröffentlichten 50-seitigen Regierungsdokument zufolge dürfen die Briten ab Mittwoch unbegrenzt häufig an die frische Luft, solange sie den Mindestabstand von zwei Metern einhalten. Erstmals ist der Kontakt mit einer Person außerhalb des eigenen Haushaltes erlaubt. Gärtnereien werden wieder geöffnet. Schulen sollen im kommenden Monat schrittweise folgen, Restaurants und Pubs erst im Juli. Für Lebensmittelgeschäfte und öffentlichen Nahverkehr empfiehlt die Regierung nun Gesichtsschutz, rät aber dringend vom Kauf von Masken fürs medizinische Personal ab. Diese sind wie auch andere Schutzkleidung seit Wochen Mangelware.
Für Reisende auf die Insel soll zukünftig eine 14-tägige Quarantäne gelten. Einen genauen Termin nannte der Premierminister trotz mehrerer Nachfragen nicht. Zur Begründung, warum die Maßnahme erst jetzt eingeführt werde, teilte Johnson mit, eine Isolierung der täglich rund 15 000 Einreisenden hätte angesichts der weiten Verbreitung von SarsCoV-2 bisher keinen Sinn ergeben. Labour-Oppositionsführer Keir Starmer kritisierte die Regierungserklärung: Sie habe „viele Fragen und herzlich wenig Antworten“enthalten.
Johnson und seine Regierung laufen den Entwicklungen seit vielen Wochen hinterher. Der Premierminister sowie sein engster Berater, der Gesundheitsminister und dessen wichtigster Experte sowie der höchste Beamte des Landes infizierten sich in der zweiten Märzhälfte allesamt mit Covid-19, Johnson selbst verbrachte eine Woche im Krankenhaus, davon drei Tage auf der Intensivstation.