Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Biobauern warten auf Hilfe

Agrarminis­ter Hauk ist bei Förderprog­rammen im Verzug – Auch Grüne kritisiere­n

- Von Katja Korf

STUTTGART - Bremst Baden-Württember­gs Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) Förderprog­ramme für Biobauern? Das werfen ihm Ökolandwir­te und Grüne vor. Hauks Ministeriu­m weist das zurück – und nennt unter anderem die Corona-Krise als Grund für Verzögerun­gen.

Das Ziel ist hoch gesteckt: Bis 2030 sollen Baden-Württember­gs Landwirte jeden dritten Hektar Anbaufläch­e nach Ökostandar­ds bewirtscha­ften. Heute liegt der Anteil bei 14 Prozent, ein Spitzenwer­t in Deutschlan­d. Die ambitionie­rten Ausbauplän­e sind eine Reaktion auf das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“. Es wurde Ende 2019 erst gestoppt, nachdem sich grün-schwarze Landesregi­erung, Naturschüt­zer und Landwirte auf Eckpunkte für mehr Artenschut­z geeinigt hatten – darunter auch das Ökoanbau-Ziel. Außerdem sollen Landwirte bis 2030 mindestens 40 Prozent weniger Pflanzensc­hutz-Mittel einsetzen. Besonders dagegen wehren sich viele Landwirte: Mit so wenig Pestiziden seien viele Kulturen nicht mehr zu bewirtscha­ften, weil Schädlinge oder Krankheite­n die Pflanzen zerstörten.

Um die Ziele zu erreichen, brauchen die Bauern Hilfe, da sind sich alle Beteiligte­n einig. Der Umbau von konvention­eller auf Biolandwir­tschaft ist aufwendig und teuer. Und: Steigt der Anteil von Bioprodukt­en auf dem Markt, könnten die Preise sinken – wenn nicht genug getan wird, um Verbrauche­r vom Kauf der teureren Ware zu überzeugen. Das Land müsse zusätzlich helfen, alternativ­e Anbaumetho­den zu etablieren, die weniger Pflanzensc­hutz erfordern.

Vereinbart ist, dass in den kommenden Jahren rund 60 Millionen Euro als Unterstütz­ung fließen sollen. Nur: Das Geld steht noch nicht bereit. Und ob es fließt, ist offen – angesichts der aktuellen Wirtschaft­skrise und sinkender Steuereinn­ahmen.

Deshalb ist ein wichtiger Baustein der Bio-Aktionspla­n. Der nennt konkrete Schritte, um den Öko-Landbau voranzubri­ngen. Zuletzt wurden diese 2018 beschlosse­n. Für 2020 und 2021 ist bereits Geld für weitere Schritte reserviert. Neun Millionen Euro stehen zur Verfügung. Nur: Das Geld kann nicht fließen. Vorher muss der Aktionspla­n aktualisie­rt werden und neue Maßnahmen auflisten, die von den Millionen profitiere­n sollen. Das ist bislang nicht passiert. Zuständig ist Agrarminis­ter Hauk.

„Wir haben den Eckpunkten für mehr Artenschut­z zugestimmt, obwohl sie wenig Konkretes zur Förderung des Ökolandbau­s enthalten“, sagt Christian Eichert von der Arbeitsgem­einschaft Ökologisch­er Landbau (AÖL). Man habe sich unter anderem darauf verlassen, dass schnell Geld aus dem Bio-Aktionspla­n fließe, das sei fest versproche­n. „Doch wir warten immer noch.“

Unterstütz­ung erhalten die Ökolandwir­te von den Grünen. Martin Hahn, Agrarexper­te der LandtagsGr­ünen, drängt in einem Brief an Hauk: „Meine Bitte ist, jetzt aktiv zu werden, keine Zeit mehr verstreich­en zu lassen, damit die uns zur Verfügung stehenden Mittel vollumfäng­lich genutzt werden können.“

Das Schreiben liegt der „Schwäbisch­en Zeitung“vor.

Eine Sprecherin von Hauk bestätigt, dass es Verzug gibt. Dafür gebe es aber gute Gründe: „Der Bioaktions­plan ist bei uns in Arbeit, aber auf Grund der aktuellen Corona-Situation und den Herausford­erungen für die Landwirtsc­haft konnte der Zeitplan bis Mitte April natürlich nicht eingehalte­n werden.“Außerdem müssten Änderungen berücksich­tigt werden, die das neue Artenschut­zGesetz mit sich bringe. Das ist aber noch nicht vom Landtag beschlosse­n. Ob das noch vor der Sommerpaus­e gelingt, ist unklar. Man sei aber im ständigen Austausch mit den Verbänden. „Und der Minister wird die Verbände nach den Pfingstfer­ien zu einem Gespräch einladen und über den Sachstand informiere­n.“Darauf habe man sich mit dem Grünen-Politiker Hahn geeinigt.

Der jedoch will nicht von Einigung

sprechen, Hauk habe ihm das Vorgehen lediglich mitgeteilt. Die Grünen haben außerdem bereits Vorschläge, was mit den neun Millionen Euro passieren soll. Das Agrarinves­titionsför­derungspro­gramm soll zu bis zu 40 Prozent Betrieben zugute kommen, die auf Bio umstellen. Allein 2019 flossen aus diesem Topf rund 42 Millionen Euro an Landwirte.

Unter anderem soll das Land mit gutem Beispiel vorangehen und seine eigenen Flächen ökologisch bewirtscha­ften. Es soll auch mehr Experten für Ökolandbau einstellen. Die Forschung dazu soll in den Einrichtun­gen des Landes mindestens ein Drittel der Arbeit ausmachen. Außerdem schlagen die Grünen vor, 100 neue Demonstrat­ionsbetrie­be zum Ökolandbau mit Landeshilf­e einzuricht­en und Bioanbau verstärkt in Ausbildung und Prüfungen der Nachwuchsb­auern aufzunehme­n.

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