Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Eine kleine, aber sehr junge Gemeinde
Betzenweiler wird in der SWR-Reihe „Landleben4.0“vorgestellt
BETZENWEILER - 45 Minuten lang ist Betzenweiler am Freitag im SWRFernsehen zu sehen. „Landleben4.0“heißt die inzwischen sechste Staffel einer Dokumentationsreihe über Dörfer, deren Zukunft und die Möglichkeiten der Menschen im ländlichen Raum. Und der Film über Betzenweiler ist der dritte der neuen Reihe im Mai. Die verantwortliche Redakteurin ist in Riedlingen aufgewachsen: Michaela Mia Funk.
„Was macht die Demografie mit dem ländlichen Raum?“, fragt Mia Funk zum Thema der von ihr mitentwickelten Sendereihe. „Wir stellen Kommunen vor, die etwas Besonderes machen, die der Demografie etwas entgegensetzen.“Kommunen mit bis zu 5000 Einwohnern, die nicht aussterben, die gegen die zunehmende Veralterung etwas unternehmen – und damit die jungen Menschen in der Gemeinde halten, zum Zurückkehren animieren, neue Mitbürger hinzugewinnen. Gemeinden, die attraktiv bleiben und werden. Und Betzenweiler sei dafür ein passendes Beispiel, so Mia Funk: „Betzenweiler gehört zu den zehn jüngsten Kommunen in Baden-Württemberg, die Altersstruktur betreffend.“Fünf dieser zehn liegen in Oberschwaben. Das machte die in Oberschwaben aufgewachsene Redakteurin zusätzlich neugierig.
Industrieansiedlungen zählen außerdem zum Auswahlkriterium: Die Gemeinde hat für ihre Größenordnung – Betzenweiler hat etwa 750 Einwohner – relativ hohe Gewerbeeinnahmen. Und ein Gemeinschaftsgefühl, das die Einwohner der Gemeinde verbinde, liege hier in besonderem Maße vor: Es gebe in der kleinen Ortschaft fünf Chöre. Das sei „sensationell“, schwärmt Mia Funk: „Chor und Singen macht glücklich, macht den Kopf frei, schafft Gemeinschaft.“Wie bekommt die Gemeinde das hin?, sei eine für sie interessante Frage gewesen, um dem Beispiel dieser Gemeinde zwischen Uttenweiler und Dürmentingen extra nachzugehen. Einer stecke wohl den anderen an, schaffe eine menschliche Vernetzung, die sich auch auf andere Bereiche auswirke.
Die „Börsenparty“beispielsweise habe sich als gemeinsamkeitsstiftend herausgestellt – und werde im Film auch besonders hervorgehoben. Party könne jeder, sagt Mia Funk, aber hier schafften es die Verantwortlichen, etwa 4000 Besucher in den kleinen Ort zu locken: „Das ist, als würden auf einen Schlag etwa drei Millionen Menschen nach Stuttgart stürmen. Unvorstellbar und nicht nur logistisch eine Meisterleistung!“Die Mitglieder der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) veranstalteten dieses Event bereits 22 Mal. Im vergangenen Jahr war das Fernsehteam vor Ort; in diesem Sommer muss die Party wohl abgesagt werden. Und um die KLJB gruppierten sich viele Helfer aus der Gemeinde, in allen Altersstufen. Das sei ein herausragendes Merkmal und passend für das Thema der Fernsehreihe. Dazu kämen noch Überlegungen zur Mobilität der Bewohner, zum Angebot von Wohnungen und Bauplätzen, zum Breitbandausbau, zur Situation der landwirtschaftlichen Betriebe. Und einen Punkt nennt die Redakteurin noch: „Glückliche Zufälle. Gibt es irgendetwas, das sich irgendwie gefügt hat?“Dazu habe die Reihe eine Bank entwickelt, eine Sitzgelegenheit zum Erzählen von Geschichten, für Gespräche, die mit dem Ort und seiner Geschichte die Zukunft betreffend zu tun haben. Dieses Bänkle bleibe im Dorf, als Gelegenheit zur Erinnerung an den Film – auch in Betzenweiler.
Lebendig erzählt Mia Funk von ihren Erfahrungen bei den Filmaufnahmen in Betzenweiler, lustig, schmunzelnd, lachend, in Erinnerungen schwelgend und ausführlich. Als Kind kam sie nach Riedlingen – ihr Vater war zuletzt Lehrer an der Joseph-Christian-Gemeinschaftsschule – und legte am Kreisgymnasium ihr Abitur ab. Während ihres Studiums von Germanistik und Geschichte in Freiburg vermittelte ihr ein Professor einen Job, der ausschlaggebend wurde für ihre weitere Laufbahn. Sie sollte mit der und für die Widerstandskämpferin Gertrud Luckner ein Archiv aufbauen. Viele Gespräche und
Begegnungen mit interessanten Menschen dabei hätten sie geprägt, sagt Mia Funk heute. Sie habe gemerkt, dass sie analysieren könne, recherchieren, organisieren, könne kämpfen und gut reden. „Ich hab keine Angst vor nix und niemand!“
Per Zufall sei sie beim Rundfunk gelandet, später auch beim Fernsehen: „Bi-medial.“Dort habe sie gelernt, mit Bildern Geschichten über Menschen zu erzählen – und wurde Redakteurin, inzwischen leitende Redakteurin beim SWR Fernsehen. „Und bin es leidenschaftlich gern.“Viel Routine habe sich eingestellt, aber es sei doch jedes Mal anders. Die Vielfalt interessiere sie besonders, die Vielfalt an Menschen, an Dialekten, an Lebensformen. „Ich liebe Geschichten“, ergänzt sie. Und mit der Dokumentationsreihe Landleben4.0 könne sie solche Geschichten zeigen. Geschichten, wie die in Betzenweiler.
Der Film über Betzenweiler in der Serie „Landleben4.0“mit dem Untertitel „Schaffa, schaffa, Party macha“wird im SWR-Fernsehen am Freitag, 15. Mai, um 21 Uhr gesendet – falls nicht eine Verspätung wegen vorausgegangener Corona-Sendungen eintritt.
Die Dokumentationsreihe soll Hoffnung machen und zeigen, was Dörfer unternehmen können, um dem demografischen Wandel zu begegnen.