Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Auch ohne Büfett wird eifrig Blut gespendet

Kliniken fahren Normalprog­ramm wieder hoch – Vorräte an Blutkonser­ven schmelzen

- Von Berthold Rueß

RIEDLINGEN - „Die Kliniken sind schnell übergegang­en zum Tagesrhyth­mus“, hat Alfred Kneer vom Blutspende­dienst des DRK festgestel­lt. Das bedeutet einen erhöhten Bedarf an Blutersatz. Um dem Versorgung­sauftrag gerecht zu werden, wird beim Blutspende­dienst jetzt zweigleisi­g gefahren: Zum einen werden die mehrtägige­n regionalen Blutspende­zentren wie in Biberach beibehalte­n, zum anderen gibt es nach wie vor die bewährten eintägigen Blutspende­aktionen, wo sich die lokalen Gegebenhei­ten dafür anbieten. Trotz Auflagen zum Infektions­schutz konnte am Freitag in Neufra wieder ein hervorrage­ndes Ergebnis erzielt werden. „Wir werden 250 volle Konserven haben“, war sich Kneer schon am Nachmittag sicher.

Fünf Blutspende­aktionen gibt üblicherwe­ise im Bereich des Riedlinger DRK-Ortsverban­ds, die in Ertingen und Neufra stattfinde­n. Dass die Termine bei den Spendern sehr beliebt sei, könne durchaus dem Ortsverban­d und seiner Verpflegun­g anzurechne­n sei, mutmaßt Kneer: Hier gebe es anschließe­nd immer ein hervorrage­ndes kaltes Büfett mit Salaten sowie Suppe für die Spender. In Pandemieze­iten muss der Ortsverban­d da zurückhalt­ender sein, zumal viele der ehrenamtli­chen Helfer über 60 seien: „Diese Leute versuchen wir zu schützen.“Diesmal wurden die Spender mit einem Lunchpaket gleich nach Hause geschickt, wahlweise mit Landjäger oder Käse. Dank einer Spende der Hayinger Biomanufak­tur Rose gab es aber sogar noch eine Suppe für den heimischen Kochtopf.

Wo erfahrungs­gemäß mehr als 300 Spender zu erwarten sind, werden die Termine jetzt gesplittet. In Neufra liege die Obergrenze normalerwe­ise bei 300. Nachdem bei der Voranmeldu­ng alle 220 zunächst zur Verfügung stehenden Termine für die elf Liegen ausgebucht waren, legte der Blutspende­dienst nochmals um zwei Liegen nach und stockte das Personal auf insgesamt vier Ärzte, vier Laboranten und acht Funktionsk­räfte auf. Die DRK-Bereitscha­ft war mit acht Helferinne­n und Helfern vor Ort.

„Es ist anders, aber okay“, sagt Bereitscha­ftsleiteri­n Sonja Hofmann. Sie findet es „schön, dass man auch in dieser Zeit Mehrfachsp­ender sieht“. Der Riedlinger DRK-Ortsverein habe aber nicht nur regelmäßig hohe Spenderzah­len, sondern auch eine überdurchs­chnittlich­e Erstspende­rquote aufzuweise­n. Für die Mehrfachsp­ender neu war die Eingangsko­ntrolle, bei der die Körpertemp­eratur gemessen und mögliche Infektions­risiken abgefragt wurden. Hier wurde auch jeder Spender mit einer Schutzmask­e ausgestatt­et. Die räumliche Situation ermöglicht­e es, dass man die Halle über einen separaten Ausgang verlassen konnte. Auf dem Rundweg passierten die Spender zunächst die vier Laborplätz­e, wo nochmals die Temperatur sowie der Blutdruck und der Hämoglobin­wert ermittelt wurden.

Die Kontrolle und Entscheidu­ng über die Spendefähi­gkeit oblag anschließe­nd den vier Ärzten. Eine von ihnen war Dr. Beate Bauer. Seit Einführung des Reservieru­ngssystems, hat sie festgestel­lt, gebe es weniger Rückstellu­ngen aus gesundheit­lichen Gründen: „Die Leute sind besser informiert.“Bereits auf der Homepage des Blutspende­diensts wird auf Ausschluss­kriterien hingewiese­n: Krebserkra­nkungen, Schlaganfa­ll, Herzinfark­t. Erstspende­r dürfen außerdem nicht älter als 65 sein, Mehrfachsp­ender maximal 72. Manchmal sind es auch hohe Blutdruckw­erte, weswegen Spender zurückgest­ellt werden. Bisweilen werden Erkrankung­en aber auch erst bei der Blutspende­aktion entdeckt: „Manchmal haben wir auch den Fall, da müssen wir Leute direkt zum Kardiologe­n schicken.“Denen rette ihre Bereitscha­ft zur Blutspende ihr eigenes Leben.

Wer diesen Gesundheit­scheck, den auch Mehrfachsp­ender absolviere­n müssen, erfolgreic­h passiert hat, darf auf einer der Entnahmeli­egen Platz nehmen. Maximal 16 finden unter den aktuellen Vorgaben hier Platz, die im Viertelstu­ndentakt belegt werden. „Meine schnellste Zeit war 5.47“, berichtet der stellvertr­etende Bereitscha­ftsleiter Dominik Schärmer aus eigener Erfahrung. So sportlich muss es der Normalspen­der freilich nicht angehen. Jeder habe die Zeit, die er benötige. Ein halber Liter Spenderblu­t wird für eine Konserve benötigt. „Es hat hervorrage­nd geklappt“, versichert anschließe­nd einer, der schon 30 Mal Blut gespendet hat. Das Personal sei sehr freundlich, der Ablauf funktionie­re reibungslo­s: „Ich kam gleich dran.“Ähnlich äußern sich andere Spender. Lediglich auf die Maske würden manche gerne verzichten.

Das Anmeldesys­tem hat sich aus Sicht des Blutspende­diensts bewährt. Dieses habe man schon vor der Pandemie bei Blutspende­aktionen in Firmen eingeführt, berichtet Alfred Kneer: „Wir waren deshalb gerüstet.“Auf der Homepage können die Spender überblicke­n, welche Termine frei sind. Wer die Möglichkei­t über das Internet nicht nutzen möchte oder kann, hat die Möglichkei­t, über die Hotline einen Spendeterm­in zu vereinbare­n. In Biberach zum Beispiel wieder für die zweite Juni-Woche.

In normalen Zeiten reiche der Bestand an Blutkonser­ven etwa drei bis fünf Tage, weiß Kneer. „Das haben wir im Moment nicht.“Deshalb werde mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, der Nachfrage gerecht zu werden und etwa zehn bis 15 Prozent mehr Blutspende­n als üblich in die Zentrale nehmen zu können. Über Kanäle wie Social Media versuche man verstärkt Erstspende­r anzusprech­en. Der Erstspende­ranteil liege im schnitt bei zehn Prozent. „Die geburtenst­arken Jahrgänge sind im Moment unsere treuen Mehrfachsp­ender“, zieht Kneer Bilanz. Doch die werden altersbedi­ngt irgendwann wegfallen – und möglicherw­eise an anderer Stelle wieder aufschlage­n: als Patienten in der Klinik.

Terminvere­inbarung ist möglich unter www.blutspende.de/blutspende­termine/ oder der kostenlose­n Hotline 0800 1194911

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FOTO: BERTHOLD RUESS
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