Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Das Fenster zum roten Terror
Vor 50 Jahren begann mit der Befreiung Andreas Baaders das blutigste Kapitel der RAF
BERLIN (dpa) - Es ist eine Flucht mit Folgen: Vor 50 Jahren, am 14. Mai 1970, springen Andreas Baader und Ulrike Meinhof durch das Fenster einer Villa im Berliner Südwesten. Die Befreiungsaktion für den 27-jährigen Baader, der wegen Brandstiftung inhaftiert ist und an dem Vormittag unter Bewachung Ausgang hat, gilt als Beginn des wohl blutigsten Kapitels der bundesdeutschen Geschichte. Drei Wochen später meldet sich die künftige Rote Armee Fraktion (RAF) erstmals zu Wort.
„Die Baader-Befreiungs-Aktion haben wir nicht den intellektuellen Schwätzern, den Hosenscheißern, den Allesbesser-Wissern zu erklären, sondern den potenziell revolutionären Teilen des Volkes“, heißt es in dem Blatt „Agit 883“unter der Überschrift „Die Rote Armee aufbauen“. Es ist ein drastischer Text: „Ohne die Rote Armee aufzubauen, können die Schweine alles machen, können die Schweine weitermachen: Einsperren, Entlassen, Pfänden, Kinder stehlen, Einschüchtern, Schießen, Herrschen.“Daraus soll brutaler Ernst werden.
In den folgenden fast 30 Jahren sterben Wirtschaftsbosse und Staatsbeamte, Polizisten und Zufallsopfer. Die blutige Spur reicht bis in die Gegenwart. Mit Ernst-Volker Staub (66), Burkhard Garweg (52) und Daniela Klette (62) werden noch drei Verdächtige gesucht, die der RAF zugerechnet werden.
Baaders Befreiung war geplant – allerdings nicht so, wie sie verlief. Das schreibt „Der Spiegel“nach Recherchen und Auswertung einschlägiger Dokumente in seiner jüngsten Ausgabe. Unter dem Vorwand, die Journalistin Ulrike Meinhof im Deutschen Institut für soziale Fragen für die Arbeit an einem Buch über Jugendliche treffen zu wollen, war Baader von zwei bewaffneten Beamten in die Miquelstraße in Berlin-Dahlem gebracht worden.
Ursprünglich sollte Meinhof die überraschte Unbeteiligte spielen. Doch die Ereignisse überstürzen sich. Drei Freundinnen von Baader, darunter Gudrun Ensslin, und ein Mann dringen in den Lesesaal ein. Bei einem Handgemenge fallen Schüsse, ein Institutsangestellter