Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein komisches Gefühl als Exportschl­ager

- Von Felix Alex

In einer gar nicht so weit entfernten Zeit, einer Epoche, in der es noch richtigen Amateurfuß­ball gab – die Älteren unter uns werden sich erinnern, das ist die Ausprägung dieser Ballsporta­rt mit Spucken, Rangeln, Bierfahne und mitunter mächtig von hinten in die Beine –, da warb der Deutsche Fußball Bund (DFB) einst mit dem Slogan: „Unsere Amateure – echte Profis“. Nach Spieltag 1 der Corona-Zeit-Bundesliga könnte man diesen Ausspruch ganz gehässig umdrehen: „Unsere Profis – echte Amateure“. Denn was da auf den Plätzen der Republik geboten wurde, hat nur noch wenig mit dem zu tun, was die meisten Fans an diesem sonst so wundervoll­en Erlebnis so lieben: Volle Stadien, Atmosphäre, eben ganz große Gefühle auf und neben dem Platz. Eher erinnerte alles an ein Altherren-Hallenturn­ier oder den Dorfkick der zweiten Mannschaft­en. Und wenn man erst zur dritten Halbzeit auftaucht und an der Theke fragt, wie es ausgegange­n ist, dann hat man auch nichts groß verpasst. Nun soll nicht der Eindruck entstehen, es ginge bei der schönsten Nebensache der Welt nur um das Drumherum. Natürlich steht das Spiel im Mittelpunk­t, doch ist es eben so viel mehr und hat dieser Spieltag all das schmerzlic­h verdeutlic­ht. Das, was sich fünf Millionen Menschen allein in Deutschlan­d vor den TV-Geräten antaten, war zwar oft hübsch anzusehen, aber so richtig angefühlt hat es sich eben auch nicht.

Nun soll an dieser Stelle nicht wieder vom Geld die Rede sein, wegen dem das alles abgehalten wird. Von den Spielern, die langfristi­g ihre Gehälter sichern wollen und von Verantwort­lichen, die ihre Unternehme­n retten müssen – das ist alles legitim. Hier soll ein Gefühl beschriebe­n

Gwerden. Ein Zustand, der sich nicht richtig anfühlt, da er nicht vollständi­g ist. Dann lieber gar nichts fühlen und von den Erinnerung­en zehren als diese Unvollstän­digkeit.

Hainer

sprach von einem „sehr guten Anfang“und selbst FußballLeg­ende klopfte der Bundesliga Beifall und schrieb: „Sie kündigen es an, sie tun es. Danke“, wohl wissend, dass das nur der Startschus­s für mehr war.

GZlatan Ibrahimovi­c

Denn nun ist es an der Zeit, ein Produkt in die Welt zu entsenden, an dem man nicht partizipie­ren muss, sondern das man nur noch konsumiere­n kann. Ob bewusst oder nebenbei, ist einerlei. „Fußball lebt durch seine Fans“verkündete­n die Anhänger des FC St. Pauli im leeren Stadion. Und genau das wird er bis zum Rest der Saison jedoch nicht mehr. Eine Ansammlung von Testspiele­n jedes Wochenende, an deren Ende uninteress­anterweise wohl sogar ein Meister gekrönt wird, wird weiter so dahinpläts­chern. Im schlimmste­n Falle werden sich nun noch mehr Getreue abwenden und vielleicht nie mehr den Weg zurück zu ihrem Sport finden.

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