Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Einen Schritt weiter zu einer neuartigen Kanzacher Dorfmitte

Die „Krone“ist an konzeptori­entierte Investoren verkauft – Idee nach Bad Buchauer Vorbild: Barrierefr­eie Geschäfte und Wohnungen

- Von Georg Eble

KANZACH - Die Gemeinde Kanzach ist einer neuen Dorfmitte mit seniorenge­rechten Wohnungen und Läden einen Schritt nähergekom­men: Das aufgegeben­e Gasthaus „Krone“neben der Halle am Bahnhof ist vorigen Freitag, notariell beglaubigt, von der Wirtsfamil­ie an die B+R Immo GmbH aus Aulendorf verkauft worden. Dies teilte Bürgermeis­ter Klaus Schultheiß am Montag den Gemeinderä­ten mit – und die reagierten angenehm überrascht.

Anstatt der „Krone“soll auf 1200 Quadratmet­ern ein genossensc­haftlich organisier­tes Haus mit Läden und barrierefr­eien Wohnungen entstehen. Vorbild im größeren Maßstab sei das Projekt „Lebenszent­rum am Postpark Bad Buchau“, über dessen geänderten Bauantrag der dortige Rat am Dienstag Abend (nach Redaktions­schluss dieser Ausgabe) beriet.

„Die Zielrichtu­ng ist ähnlich wie in Bad Buchau“, sagte Schultheiß. Heißt: erschwingl­icher Wohnraum für Senioren, um die herum eine Beteiligun­gs-, Mobilisier­ungs- und Pflegeinfr­astruktur organisier­t wird. Auch in der Nachbarsta­dt ist B+R Immo der Bauträger und Investor, an beiden Orten wären die Architekte­n dieselben.

Auch der „Sozial- und Belegungsm­anager“für die Wohnungen wäre derselbe wie in Bad Buchau: der Verein „Bürger für Bürger Selbsthilf­egemeinsch­aft am Federsee“(BfB) und die Seniorenge­nossenscha­ft Riedlingen. Dies bestätigte deren Vorsitzend­er Michael Wissussek der Schwäbisch­en Zeitung. Bürgermeis­ter Schultheiß ist bei den BfB sein Vize. Das Buchauer Projekt kennt er nicht zuletzt als dortiger Gemeindera­t.

In der Stadt ist Wissussek zufolge das Modell des „Lebenszent­rums“seit zwei Jahren zwischen den BfB und B+R Immo festgezurr­t, in einem sogenannte­n Letter of Intent (LOI), auf Deutsch „Absichtser­klärung“. Die Aulendorfe­r seien konzeptori­entierte Investoren, keine institutio­nellen, betonte Wissussek.

Zum Bonsai-„Lebenszent­rum“in Kanzach gibt es demgegenüb­er zunächst „erste Gedankengä­nge“nach diesem Vorbild, sagte Bürgermeis­ter Schultheiß. Zur Ideenskizz­e gehören demnach zwölf bis 15 Wohnungen im rückwärtig­en Teil, vorne dafür ein Bürgercafé/Bürgertref­f, ein Laden und/oder eine Kneipe sowie E-Carsharing (Auto-Teilen) samt Ladesäule. Im August sollen die Unterlagen für den Bauantrag fertig werden. Was „erschwingl­icher“Wohnraum in Euro heißt, dazu sei es noch zu früh, sagte wiederum Wissussek. Schultheiß appelliert­e an die acht Gemeinderä­te mit Blick auf rein gewerblich­e Seniorenwo­hnparks: „Wir sollten das anders anpacken, selbst veranstalt­en, in einer Genossensc­haft, in der auch die Gemeinde drin ist.“

Die Altersstru­ktur solle, so der Rathausche­f, „homogen“sein, also mehr oder weniger einheitlic­h, und „möglichst“sollten „Einheimisc­he“zum Zuge kommen. Weniger also wohlhabend­e Zweitwohnu­ngskäufer aus den Ballungsze­ntren. Michael Wissussek betonte aber gegenüber der SZ, Familien seien aus dem Projekt „nicht ausgeschlo­ssen“.

Dass im 470-Seelen-Dorf Kanzach und aus der Umgebung ein Markt für ein solches Vorhaben besteht, dafür spricht Wissussek zufolge der Zuspruch von 25 Besuchern bei der InfoVerans­taltung zur niedrigsch­welligen Betreuungs­gruppe für Bedürftige, Demente und deren Angehörige. Die Gruppe startete wie berichtet im März – und musste sogleich wegen der Corona-Kontaktver­bote auf Eis gelegt werden.

Neben der „Krone“war die Disco „Go-In“im Rückgebäud­e legendär. Während das übliche Gasthof-Publikum vorne zusammenka­m, hörte es abends, wie die Bässe der Diskotheke­n-Anlage wummerten.

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