Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Corona-Ausbruch am ZfP Bad Schussenried
270 Personen wurden in den vergangenen elf Tagen getestet, zehn sind erkrankt
BAD SCHUSSENRIED - Am Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg ist es am Standort Bad Schussenried zu einem Corona-Ausbruch gekommen. Stand Donnerstag, 2. Juli, haben sich sechs Patienten und vier Mitarbeiter infiziert. Das bestätigte Christoph Vieten, Regionaldirektor Donau-Riss im ZfP Südwürttemberg, der „Schwäbischen Zeitung“.
Das ZfP hatte zu Beginn der Corona-Pandemie ein umfassendes Hygienekonzept erarbeitet. Dazu gehört, dass alle Patienten jeden Tag auf Symptome kontrolliert werden. Zudem trägt das Krankenhauspersonal bei allen Arbeiten, bei denen kein Sicherheitsabstand eingehalten werden kann, Schutzkleidung. Vergangenen Montag, am 22. Juni, bekam ein Patient in der Forensik Fieber. Er wurde daraufhin laut Vieten sofort isoliert und getestet. 24 Stunden später lag das positive Testergebnis vor. In der Forensik werden auf richterliche Anordnung Menschen untergebracht, die psychisch krank sind und sich während einer Straftat in einem akuten Krankheitszustand befunden haben. „Wir haben daraufhin sofort das Gesundheitsamt und die Stadt informiert“, so Vieten. Der Patient, der als erster positiv getestet wurde, lebt schon lange in der Klinik und hatte in den Tagen zuvor Ausgang in der Stadt. Man gehe daher davon aus, dass er sich während seines Ausgangs angesteckt habe. Für diese Theorie spreche aus, dass zwei der Mitarbeiter, die diese Woche positiv getestet wurden, zu keiner der anderen erkrankten Personen Kontakt gehabt hatten. Es weise einiges darauf hin, dass sie sich außerhalb ihres Arbeitsplatzes angesteckt hätten.
Nachdem der erste positiv getestete Patient unter Quarantäne gestellt worden sei, habe man die gesamte Station, in der er untergebracht sei, geschlossen. „Niemand außer dem Pflegepersonal durfte noch rein, niemand hatte mehr Ausgang und kein Besuch war mehr erlaubt“, erklärt Vieten. Eine weitere Ausbreitung sei somit wahrscheinlich verhindert worden. In Absprache mit dem Gesundheitsamt habe das ZfP sich daraufhin am vergangenen Mittwoch/Donnerstag entschlossen, alle Patienten und das gesamte Pflegepersonal dieser Station zu testen. Das Resultat: drei weitere positive Ergebnisse bei Patienten und zwei beim Personal. Die Patienten wurden ebenfalls isoliert und die Mitarbeiter zuhause unter Quarantäne gestellt. Keiner der Betroffenen zeige bis zum heutigen Tag schwerwiegende Krankheitssymptome, niemand muss beatmet werden oder schwebt in Lebensgefahr. In den Tagen darauf ging es darum, genau nachzuverfolgen, zu wem die infizierten Personen Kontakt hatten. „In Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt haben wir sowohl das Personal als auch die Patienten befragt. In dieser Zeit gab es auf einer anderen Station in der Forensik einen weiteren Patienten, der ebenfalls Symptome zeigte“, erinnert sich der Regionaldirektor. Auch dieser wurde umgehend in der Quarantänestation isoliert und wenige Stunden später dann positiv getestet. In diesem kritischen Moment ging es darum, schnell zu reagieren und die Frage zu klären, wie weit sich das Virus im Krankenhaus schon ausgebreitet hatte. „Wir wollten eine klare Situation, für uns, für die Patienten und unsere Mitarbeiter. Niemand sollte Angst haben müssen. Daher haben wir nach diesem weiteren Fall entschieden, alle 120 Patienten und alle 150 Mitarbeiter in der Forensik testen zu lassen“, sagt Vieten. Das Ergebnis dieser groß angelegten Testung: Nur noch ein weiterer Patient hatte sich angesteckt, sodass sich die Gesamtzahl der infizierten Patienten nun am Donnerstagvormittag, 2. Juli, auf sechs belief. Zwei weitere Mitarbeiter wurden ebenfalls positiv getestet, womit sich die Zahl beim Personal auf vier erhöht hat. Einer davon hatte sich jedoch schon Tage zuvor krank gemeldet; beide hatten keinerlei Kontakt zu den anderen Infizierten. Einige der Testergebnisse lagen bis Redaktionsschluss noch nicht vor.
„Wir sind froh, dass unser Hygienekonzept so gut funktioniert hat“, bilanziert Vieten. Dadurch, dass das ZfP frühzeitig eine Quarantänestation eingerichtet habe, habe das Krankenhaus im Akutfall sofort reagieren können. Denn auch wenn es in Deutschland vergleichsweise wenig Infizierte gebe, solle die Bevölkerung sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. „Selbst wenn man sich an alle Sicherheitsvorkehrungen hält, eine Maske trägt und Abstand hält, zeigt unser Beispiel, dass es trotzdem jederzeit zu einem Ausbruch kommen kann. Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei und wir sollten weiterhin alle vorsichtig sein.“