Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Diese (Zeit-)Maschine ist ein Hingucker
Der Film „Zurück in die Zukunft“machte den DeLorean berühmt – Einen davon gibt es in Biberach
BIBERACH - Vor genau 35 Jahren, am 3. Juli 1985, lief die Science-FictionKomödie „Zurück in die Zukunft“in den Kinos an. Nicht nur der Film und seine beiden Fortsetzungen aus den Jahren 1989 und 1990 sind inzwischen weltweit Kult – auch das Auto, ein DeLorean DMC-12, das in den Filmen als Zeitmaschine diente, ist seither eine Ikone. Nur rund 6000 gibt es davon weltweit noch – einer davon steht seit Mai in einer Garage in Biberach. SZ-Redakteur Gerd Mägerle hat sich mit dem neuen Besitzer getroffen und eine Spritztour unternommen.
Ich weiß nicht, wie oft ich die Film-Trilogie seit meiner Jugend gesehen habe. Wer träumt denn nicht davon, in der Zeit vor und zurück reisen zu können. Neben der kuriosen Handlung und der wundervollen Filmmusik, war es immer dieses silberfarbene Auto mit seiner futuristischen Form und den Flügeltüren, das mich fasziniert hat. Dass ein solches Fahrzeug nun in einer schmalen deutschen Wohnstraße vor mir steht, noch dazu mit Biberacher Kennzeichen, hat zugegebenermaßen etwas Surreales. Das Ding ist einfach ein Hingucker.
Das ist auch der Grund, warum sein neuer Biberacher Besitzer nicht mit aufs Foto und in diesem Bericht auch nicht mit richtigem Namen genannt sein möchte. Ich nenne ihn deshalb der Einfachheit halber Peter. „Wenn du mit dem Auto durch die Gegend fährst, fällst du mehr auf als mit einem Porsche oder einem Ferrari“, sagt er und befürchtet, dass er für den Rest des Jahres nicht mehr aus seinem DeLorean herauskommt, wenn sein Name in der Zeitung steht. „Dann möchten alle mitfahren.“Für seine Bereitschaft, wenigstens mich auf eine Runde mitzunehmen, bin ich bereit, ihm diesen Wunsch zu erfüllen.
Die silberne Flügeltür auf der Beifahrerseite schwingt langsam nach oben. Mein Blick geht sofort nach hinten zu dem Zwischenraum zwischen Fahrer- und Beifahrersitz. Schade, kein Flux-Kompensator – jene geheimnisvolle Maschine, deren Energie den DeLorean im Film durch die Zeit reisen lässt. Mit dem linken Bein im Fußraum, lasse ich mich nach hinten in den schwarzen Ledersitz plumpsen. Wow, hier sitzt man ganz schön tief. Peter tut es mir auf der Fahrerseite gleich und lässt den Motor an. Den hätte ich mir tatsächlich lauter vorgestellt. Langsam rollen wir durch die Wohnstraßen. Die Geschwindigkeit auf dem Instrumentenbrett wird in Meilen pro Stunde angezeigt. So wie im Film auch. Der Tacho endet im Übrigen wegen der Zulassung für den US-Markt bei 85 Meilen (140 Stundenkilometer), der DeLorean bringt aber bis zu 200 km/h auf die Straße.
Auch Peter ist ein Fan der „Zurück in die Zukunft“-Filme. Vor etwa fünf Jahren hat er begonnen, sich aktiv, nach DeLorean-Fahrzeugen umzuschauen. „Die meisten davon gibt es in den USA, und die wurden damals so ab umgerechnet 20 000 Euro gehandelt“, erzählt er. „Auf den Fotos sehen die alle gut aus. Da sieht man zwar die Edelstahlkarosserie, aber ganz selten, wie das Auto von unten aussieht.“Der zunächst scheinbar günstige Preis würde sich schnell verteuern, weil man in die USA fahren und sich die Autos direkt anschauen müsste. Hinzu käme noch die Verschiffung nach Deutschland. Das brachte Peter zunächst wieder von seinem Plan ab, bis er im Frühjahr auf einen DeLorean stieß, der in der Nähe von Heilbronn angeboten wurde. Nach einer Besichtigung des Autos schlug Peter zu.
Mittlerweile rollen wir mit unserer „Zeitmaschine“durch die Straßen der Biberacher Altstadt. In meinem Kopf singt Huey Lewis „The Power of Love“, Leute starren staunend auf das Auto, andere zeigen mit dem Finger darauf, wieder andere lachen und winken uns zu. Peter hat nicht zu viel versprochen: Mit diesem Auto fällt man definitiv auf, auch wenn es mit der Zeitreise nicht klappt.
Viele Stunden Arbeit hat der Biberacher seit Mai in seinen DeLorean gesteckt. Dabei kommt ihm entgegen, dass er sich mit Elektrik und Autos gut auskennt. „Ansonsten sollte man sich so ein Auto nicht anschaffen.“Denn so wie im Film hat der DeLorean auch in der Realität seine kleinen Macken. Die Türgummis auf der Beifahrerseite
sind nicht mehr richtig dicht, auch die Zentralverriegelung – ja, auch eine solche hat das 39 Jahre alte Fahrzeug bereits – wollte nicht mehr so richtig und in der Mittelkonsole blinkte das eine oder andere Lämpchen grundlos.
Peter hat das meiste inzwischen auf Vordermann gebracht. „Das Gute ist, dass man für dieses Auto so gut wie alle Ersatzteile noch bekommt“, sagt er. Auch wenn man es auf den ersten Blick nicht sehe, aber vieles sei „von der Stange“. Gebaut wurde der DeLorean DMC-12 von der DeLorean Motor Company (DMC) von 1981 bis Ende 1982 in Belfast (Nordirland). Gegründet wurde diese vom ehemaligen General-Motors-Manager John DeLorean, der sich in den Kopf gesetzt hatte, einen eigenen Sportwagen zu bauen. Sein futuristisches Design erhielt das Auto vom Italiener Giorgetto Giugiaro, zu Serienreife wurde er vom britischen Hersteller Lotus gebracht. Im Heck des Fahrzeugs befindet sich ein V-Sechszylinder-Motor (132 PS) mit Renault-Getriebe, der sowohl bei Renault, Peugeot
als auch Volvo zum Einsatz kam. „Aber die Einspritzanlage und Teile der Elektrik sind zum Beispiel von Bosch“, erklärt Peter.
Richtig teuer wird es allerdings, wenn man Teile der silbernen Edelstahlkarosserie braucht. Nach nur etwa 9200 gebauten Fahrzeugen ging die DMC Ende 1982 nämlich pleite, das Auto war ein Verkaufsflop. Das gesamte Inventar und die Maschinen der Autofirma wurden versteigert, unter anderem auch die Presse für den linken vorderen Kotflügel. Die liegt irgendwo im Atlantik, weil nordirische Fischer sie zum Beschweren ihrer Netze benutzten. „Deshalb kostet ein linker vorderer Kotflügel heute auch rund 4500 Euro“, weiß Peter, der sich in einschlägigen Internetforen über die Ersatzteilbeschaffung informiert hat. Auch die Stange, die dafür sorgt, dass einem die rund 33 Kilogramm schwere Flügeltür beim Öffnen nicht auf den Kopf fällt, kostet um die 1000 Euro.
Sicher hätten die Autobauer bei DMC noch viel mehr Exemplare gebaut, wenn sie gewusst hätten, was folgen sollte, als die Filmemacher Robert Zemeckis und Steven Spielberg 1984 einige Exemplare des DeLorean günstig für ihr Filmprojekt „Zurück in die Zukunft“aufkauften – es standen zu dieser Zeit offenbar noch genügend auf Halde.
Inzwischen stehen Peter und ich mit dem DeLorean auf einer Wiese außerhalb von Biberach. Ein Kleinbus fährt vorbei, hält an und setzt zurück. Ein junges Paar steigt aus, der Mann rennt auf uns zu. „Ein DeLorean! Ich kriege grad Herzrasen!“Nach einmal Probesitzen und Dutzenden Handyfotos verabschieden sich die beiden überglücklich. Bei einem weiteren Passanten, der vorbeikommt, wiederholt sich das Spiel.
Was Peter künftig mit seinem DeLorean vorhat, frage ich beim Aussteigen. „Auf jeden Fall müssen daran noch einige Sachen gerichtet werden. Und dann habe ich vor, damit das eine oder andere Oldtimertreffen zu besuchen.“Und das ist ja irgendwie auch eine Zeitreise – ganz ohne FluxKompensator.
Weitere Fotos des DeLorean gibt es im Internet unter: www.schwäbische.de/delorean