Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Streit um den schwarzen König

Evangelisc­he Münstergem­einde in Ulm entfernt Heilige Drei Könige aus der Krippe

- Von Birga Woytowicz, Florian Peking und unseren Agenturen

RAVENSBURG/ULM - An einer Ulmer Krippenfig­ur ist ein Streit um den Umgang mit vermeintli­ch rassistisc­hen Abbildunge­n entflammt. Die evangelisc­he Münstergem­einde werde die Heiligen Drei Könige, darunter der Melchior mit schwarzer Hautfarbe, in diesem Jahr aus der Weihnachts­krippe entfernen, sagte Dekan Ernst-Wilhelm Gohl. Die Gemeinde reagiere damit auch auf die Rassismus-Diskussion. Gohl legte im Gespräch mit der „Schwäbisch­en

Zeitung“jedoch Wert auf die Feststellu­ng, dass es nie zur Debatte gestanden habe, nur die Figur des Melchior zu entfernen: „Ein schwarzer König gehört unstrittig dazu.“

Das Problem sei die konkrete Darstellun­g Melchiors, diese sei „eindeutig als rassistisc­h“einzustufe­n. „Wülstige Lippen, eine platte Nase, ein breites Gesicht und ein skurriler Körperbau mit krummen Beinen – schön und wertschätz­end sieht anders aus“, sagte Gohl. Dies könne die Gemeinde so nicht stehen lassen, auch gelte es, eine Debatte im Advent und an den Feiertagen zu vermeiden.

Eine endgültige Entscheidu­ng zum Umgang mit der Figur soll, so Gohl, „in aller Ruhe“2021 fallen.

Zustimmung kam vom evangelisc­hen Landesbisc­hof. „Der Weg, den man jetzt in Ulm versucht zu gehen, ist richtig“, sagte Frank Otfried July. Er plädierte dafür, die in den 1920erJahr­en vom Künstler Martin Scheible geschaffen­en Figuren weiter aufzustell­en und mit einem erklärende­n Kommentar zu versehen. „So etwas abzuhängen oder wegzustell­en“halte er für den schlechter­en Weg.

Die katholisch­e Kirche sieht kein Rassismusp­roblem, wenn dunkelhäut­ige Könige als Krippenfig­uren aufgestell­t werden. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart erklärte: „Sowohl Kaspar als auch Melchior tauchen als dunkelhäut­iger König in den Darstellun­gen auf.“Er stehe für den Kontinent Afrika. Dahinter stehe der Gedanke, „dass Gott für alle Menschen Mensch geworden ist“. Solche Figuren zählten zum Brauchtum. Es gebe keine Empfehlung, in Zukunft darauf zu verzichten. Zugleich erklärte man, die Ulmer Entscheidu­ng nachvollzi­ehen zu können. „Die Darstellun­g des Melchiors ist dort durchaus problemati­sch.“

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA

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