Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Verkannte politische Hochbegabung
Die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Hochbegabung ist spätestens seit der Anhörung des Bundesverkehrsministers vor dem Maut-Untersuchungssausschuss überfällig. Niemand in diesem Land, der die Karriere Andreas Scheuers (CSU) ernsthaft verfolgt hat, wird abstreiten, dass nur ein politisches Genie nicht wegen, sondern trotz Leistungen der Scheuer’schen Art so lange stabil im Amt bleiben konnte. Das gelingt nur mit mindestens drei Promille auf der Skala für politisches Fingerspitzengefühl. Wenn das keine Hochbegabung
ist, dann verbrennen wir sofort ein paar Fotos von Albert Einstein!
Natürlich begegnen uns auch in anderem Zusammenhang diverse Hochbegabungen. Zum Beispiel leben ganze Musikschulen davon, das hilflose Gezirpe auf der Violine oder das derbe Tröten auf der Trompete sowie das markerschütternde Schrillen auf der Blockflöte für die ersten Symptome eines sich anbahnenden Mozarts zu preisen.
Was das politische Lehrpersonal Motivierendes zum heranwachsenden Andreas Scheuer gesagt haben mag, ist öffentlich nicht bekannt.
Aber der Zuspruch muss enorm gewesen sein. Zeigt Scheuer doch keinerlei Anzeichen von überzogener Selbstreflexion. Eine Schlüsselqualifikation, auf die sich schon KarlTheodor zu Guttenberg, fragwürdig promovierter Hochbegabter und ExBundesverteidigungsminister, verlassen konnte. Sein Rücktritt war im Lichte eines Scheuer-Vergleichs natürlich verfrüht. Der Chef im Bundesverkehrsministerium hat daraus seine Lehren gezogen. Denn auch Einstein ist nie zurückgetreten. (nyf )